MieterEcho 314/Februar 2006: Editorial

MieterEcho

MieterEcho 314/Februar 2006

 EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

die Privatisierung läuft auf vollen Touren und noch immer sind es die "leeren Haushaltskassen", die als Begründung für den Verkauf öffentlichen Eigentums herhalten. Eine absurde Logik, denn die Schwindsucht der öffentlichen Kassen wird erst durch steuerlichen Einnahmeverzicht verursacht. Das kommt denen zugute, die mit den eingesparten Steuern preisgünstig öffentliches Eigentum erwerben. Auf diese Weise finanziert die öffentliche Hand den Verkauf ihres Vermögens selbst.

Die Real Estate Investment Trusts (Reits) stellen auf dem Weg zur Steuerfreiheit der Investoren einen weiteren Meilenstein dar. Wenn sie 90% ihrer Gewinne an die Anleger ausschütten, brauchen sie keine Abgaben zu leisten. Eine glückliche Lösung für Immobilienfonds wie Cerberus und Co., denn auf diese Weise wird ihnen auch noch ein eleganter Rückzug aus ihren Geschäften mit der Wohnung bereitet.

Diese Rückzugsmöglichkeit wird auch als "Exit" bezeichnet. Gemeint ist der Ausstieg aus dem Geschäft, der dann gesucht wird, wenn die Verwertung genügend Gewinn in die Kassen der Fonds gespült hat.

In den vergangenen Jahren wurden über 600.000 Wohnungen - vornehmlich ehemaliger sozialer Wohnungsbau aus kommunalem Besitz - an private Finanzinvestoren verkauft. Allein in Berlin waren es über 100.000. Für diese Bestände ist der Gang an die Börse zur weiteren Verwertung vorprogrammiert.

Gefordert ist aber ein anderer "Exit": Der Ausstieg aus der Privatisierung. Die Berliner MieterGemeinschaft und das MieterEcho versuchen ihn zu finden. Mit der Konferenz am 11.02.2006 soll dem Privatisierungswahn, der die Fraktionen aller Parteien im Abgeordnetenhaus fast vollständig befallen hat, entgegengewirkt werden.

Es ist an der Zeit, dem Bewusstsein, dass öffentliches Eigentum einen Teil des Sozialstaats bildet, wieder zur Geltung zu verhelfen.

Die Privatisierung in dieser Stadt gehört beendet und öffentliches Eigentum hat nicht der privaten Enteignung überantwortet zu werden.

Wer den "Sanierungsfall öffentliche Wohnungsunternehmen" herbeiredet, hat nur eines im Sinn: die Sanierung der privaten Anleger. Und all denen sollte ganz energisch der Weg zum "Exit" gewiesen werden.

Ihr MieterEcho

Zurück zum Inhalt MieterEcho Nr. 314