MieterEcho 309/April 2005: Zusatzvereinbarung im Mietvertrag bei öffentlich geförderten Sanierungsmaßnahmen

MieterEcho

MieterEcho 309/April 2005

 MIETRECHT AKTUELL

Vorsicht bei Zusatzvereinbarung im Mietvertrag

Auch bei öffentlich geförderten Sanierungsmaßnahmen kann die Miete nur gemäß BGB erhöht werden

Henrik Solf

In den letzten Jahren wurden viele Berliner Wohnungen mithilfe von Krediten der Investitionsbank Berlin (IBB) saniert. Diese Kredite wurden jedoch den Vermietern nur unter der Bedingung gewährt, dass mit den danach neu einziehenden Mietern verringerte Mieten vereinbart werden, die sich an der Durchschnittsmiete des mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungsbaus orientieren sollten.

Für die neuen Mietverträge fanden viele Berliner Vermieter - z.B. die hier schon bekannte IHZ - eine interessante Lösung. Sie schrieben zunächst in den Hauptteil des Vertrags eine hohe Miete hinein. Gleichzeitig wurde in der Anlage des Vertrags unter Verweis auf die öffentliche Förderung die Höhe der erwähnten Durchschnittsmiete reduziert. In vielen Fällen wurde dieser "Mietnachlass" darüber hinaus unter den Vorbehalt gestellt, dass die Mieter in regelmäßigen Abständen Wohnberechtigungsscheine vorlegen können.

Ende letzten Jahres verschickten mehrere von diesen Vereinbarungen betroffene Berliner Vermieter interessante Post. Sie wiesen ihre Mieter darauf hin, dass es sich bei ihrer Wohnung um eine mit Senatsmitteln geförderte, modernisierte und instand gesetzte Wohnung handele. Nach der Festlegung der IBB in ihrem Fördervertrag mit dem Vermieter dürfe die Miete die Durchschnittsmiete des mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungsbaus nicht überschreiten. Nun sei aber vom Berliner Senat im Amtsblatt eine neue Durchschnittsmiete bekannt gegeben worden. Diese habe sich von derzeit 3,63 Euro/qm auf 4,00 Euro/qm monatlich erhöht.

Daher, so wurde messerscharf geschlossen, erhöhe sich die vergünstigte Miete nun ab Januar 2005 gleichfalls von 3,63 Euro/qm auf 4,00 Euro/qm monatlich. Man möge doch die Zahlungen ab dem 01.01.2005 entsprechend umstellen.

Das war so dreist wie rechtswidrig. Schließlich sind die rechtlichen Möglichkeiten zur Erhöhung der Miete im preisfreien Wohnungsmarkt in den Paragrafen 558 bis 560 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) abschließend geregelt. Daran ändert sich auch nichts, wenn sich einige Vermieter so aufführen, als wären sie im Sozialen Wohnungsbau unterwegs.

Mit der rechtlichen Bewertung solcher Verträge hat sich schon der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 12.11.2003 (siehe unten) auseinander gesetzt - übrigens in Bestätigung einer Entscheidung des Landgerichts Berlin. Danach ist klar, dass im Fall eines gleichzeitigen Mietverzichts bei Vertragsschluss nach der Reduzierung oder dem Wegfall der öffentlichen Förderung nicht einfach die volle Miete verlangt werden kann. Dies verstößt gegen § 557 Absatz 4 BGB.

Fehler kann behoben werden

Sollten einige Mieter dennoch ab Januar 2005 die verlangte erhöhte Miete gezahlt haben, wäre es dennoch nicht zu spät. Ein solcher Fehler kann jetzt noch ausgebügelt werden. Dazu reicht es, den Vermieter alsbald anzuschreiben. Es sollte auf die falsche Mietzahlung hingewiesen und die Verrechnung der überzahlten Beträge mit der nächsten Miete angekündigt werden. Eine weitere Begründung ist nicht erforderlich und erscheint auch nicht sinnvoll. Anderenfalls würde der gut beratene Vermieter sein Missgeschick mit einer ordentlichen Mieterhöhung nach dem Mietspiegel wieder wettmachen. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, zahlt die Mieterhöhung bis zur gerichtlichen Klärung auf ein Sparbuch, um die Beträge dem eigenen Zugriff zu entziehen. Ein klärender Besuch in einer Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft ist immer zu empfehlen.

Henrik Solf

Henrik Solf ist niedergelassener Rechtsanwalt und als Rechtsberater für die Berliner MieterGemeinschaft tätig. Infos im Internet: www.hoelz-maschke-solf.de



Zu einem "vorläufigen Mietverzicht" bei durch öffentliche Mittel geförderten Baumaßnahmen
BGH, Urteil vom 12.11.2003 - VIII ZR 41/03 -

Eine Wohnungsbaugesellschaft vermietete mit Mietvertrag vom 22.05.1997 eine Wohnung. In der Zusatzvereinbarung zu dem Mietvertrag heißt es: "Vor Beginn des Mietverhältnisses wurden in dem Wohngebäude folgende Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt:

Durch diese Baumaßnahmen erhöht sich der für die Wohnung bisher preisrechtlich zulässige Nettokaltmietzins von 569,08 DM/monatlich um 317,94 DM/monatlich auf 887,02 DM/monatlich.

Die Baumaßnahme wurde durch öffentliche Mittel gefördert. Deshalb hat die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen Mietobergrenzen festgesetzt. Für 1996 beträgt diese 5,50 DM/qm Wohnfläche monatlich.

Es wird daher ein - vorläufiger - Mietverzicht in Höhe von 304,13 DM/monatlich ausgesprochen, sodass nettokalt gegenwärtig zu zahlen sind: 582,89 DM/monatlich."

Am 15.05.2001 erklärte die Gesellschaft, dass der Förderzeitraum abgelaufen sei und sie den vorläufigen Mietverzicht aufhebe. Sie verlangte für die Zeit von Juli bis Dezember 2001 die Zahlung einer restlichen Nettomiete von monatlich 277,63 DM. Hierbei handelt es sich um die Differenz zwischen der vor dem 01.07.2001 geschuldeten und in dieser Höhe weitergezahlten Nettokaltmiete und der von der Wohnungsbaugesellschaft angesetzten Miete von 887,02 DM nettokalt.

Zu Recht hält das Berufungsgericht die Zusatzvereinbarung zu dem Mietvertrag, die Grundlage der Mietzinsforderung ist, für unwirksam nach § 10 Abs. 1 MHG.

Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass auf die vor dem 01.09.2001 zugegangene Mieterhöhungserklärung die Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe in der bis 31.08.2001 geltenden Fassung Anwendung finden.

Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Zusatzvereinbarung zu dem Mietvertrag sei nach § 10 Abs. 1 MHG nicht unwirksam, weil es sich hierbei um eine Vereinbarung während des Bestehens des Mietverhältnisses handele. Es ist ausdrücklich festgestellt worden, dass die Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag bei Vertragsunterzeichnung und nicht im Lauf des Mietverhältnisses geschlossen worden ist. Das entspricht dem Vortrag der Gesellschaft und ist auch in der Berufungsinstanz nicht in Zweifel gezogen worden.

Entgegen der Ansicht der Revision verlangt die Wohnungsbaugesellschaft von den Mietern mit der vorliegenden Klage nicht den ursprünglich vereinbarten Mietzins. Die Höhe des von den Mietern nach dem Mietvertrag geschuldeten Mietzinses wird - wie schon das Amtsgericht richtig festgestellt hat - durch die dem Mietvertrag als Anlage 1 beigefügte Mietzinsberechnung bestimmt. Dieser Betrag sollte auch nach der Zusatzvereinbarung, die auf die Mietberechnung Bezug nimmt, bis auf Weiteres die vereinbarte Gegenleistung für die Überlassung der Wohnung an die Mieter sein. Dabei war beiden Vertragsparteien bewusst, dass die Wohnungsbaugesellschaft mit Rücksicht auf den Fördervertrag keinen höheren Mietzins verlangen durfte.

Nicht zu beanstanden ist auch die Auslegung der Zusatzvereinbarung, dass diese der Wohnungsbaugesellschaft das Recht einräumt, zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt eine höhere Miete verlangen zu können, unabhängig von den Voraussetzungen des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht deshalb an, dass die von der Wohnungsbaugesellschaft ausbedungene Regelung mit § 2 MHG schon deshalb nicht zu vereinbaren ist, weil der Vermieter nach § 2 MHG lediglich die Zustimmung des Mieters zu einem berechtigten Erhöhungsverlangen beanspruchen, nicht aber die Mietzinserhöhung einseitig festlegen kann.

Ohne Erfolg macht die Revision weiterhin geltend, die Wohnungsbaugesellschaft hätte den Mietvertrag ohne die Zusatzvereinbarung nicht abgeschlossen, weswegen sich die Frage nach dem rechtlichen Schicksal des Gesamtvertrags stelle. Die Unwirksamkeit einzelner Vereinbarungen, so wie hier der Zusatzvereinbarung, hat auf die Wirksamkeit des Mietvertrags insgesamt aber keinen Einfluss. § 10 Abs. 1 MHG ist, ebenso wie die Nachfolgeregelung des § 557 Abs. 4 BGB, ein Schutzgesetz zu Gunsten des Mieters. Ein Verstoß gegen dieses Schutzgesetz führt nur zur Unwirksamkeit der für den Mieter nachteiligen Vertragsbestimmung.

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