MieterEcho

MieterEcho 307/Dezember 2004

 MIETRECHT AKTUELL

Bei einer Geschossaufstockung muss die Trittschalldämmung den technischen Anforderungen entsprechen

Kommentar zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 06.10.2004

Niels Hilgenstock

In seinem Urteil vom 06.10.2004, Aktenzeichen VIII ZR 355/03, hat der Bundesgerichtshof (BGH) zu den technischen Anforderungen Stellung genommen, die bei der Aufstockung eines Hauses um ein und mehrere neue Stockwerke gelten. Dem Urteil zugrunde lag ein Sachverhalt, bei dem der Eigentümer eines Mietshauses mit Baujahr vor 1918 dessen Dachboden abtragen ließ, um ihn durch eine Wohnung zu ersetzen.

Die Bewohner/innen des dritten Obergeschosses, welches sich nun unter der neu gebauten Wohnung befand, waren nun plötzlich mit erheblichem Trittschall konfrontiert. Beim Trittschall handelt es sich um Körperschall, der durch direkte Schwingungseinleitung in das Mauerwerk entsteht. Derartige Geräuscheinwirkungen führen immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mieter/innen, denn Fortbewegungsgeräusche, Möbelrücken und ähnliche Laute gehören zu den besonders häufigen Lärmbelästigungen, denen Mieter/innen ausgesetzt sind.

Schallschutzwerte und Schallbelastung werden in Dezibel (dB) gemessen. Dies ist die Messgröße dafür, wie laut ein Geräusch ist. Dabei entspricht ein normales Gespräch ca. 50 dB, durchschnittlicher Straßenverkehr ca. 70 dB.

Zum Nachweis der Störungen konnten die Kläger/innen ein Gutachten vorlegen, welches einen Normtrittschallpegel von 58,5 dB belegte.

Für den Schallschutz zwischen Wohnungen gibt es die DIN 4109, die die maßgeblichen Anforderungen festlegt. Hierbei handelt es sich um verpflichtendes öffentliches Recht. Es genügt nicht, wenn sich der Bauherr an den entsprechenden Grenzwerten lediglich orientiert, denn eine Unterschreitung der in der DIN 4109 genannten Werte ist unzulässig. Im Sinn von baurechtlichen Mindestanforderungen wird durch diese allerdings nur ein Schutz vor "unzumutbaren Belästigungen" sichergestellt.

Die DIN 4109 legt für normalen Trittschallschutz von Wohnungstrenndecken einen Grenzwert von 53 dB (Schallschutzstufe I), für erhöhten Schallschutz 46 dB (Schallschutzstufe II) fest.

Dabei ist nach dem Wortlaut der Norm erhöhter Schallschutz nur dann erforderlich, wenn dieser zwischen den Vertragspartnern eigens vereinbart worden ist. Allerdings hat die Rechtsprechung die Werte für einen erhöhten Schallschutz als mittlere Qualität angesehen und geht deshalb davon aus, dass im Rahmen des Bauvertrags ein solcher geschuldet ist.

Die Mieter/innen des dritten Obergeschosses hatten auf Herstellung eines Trittschallschutzes geklagt, der den erhöhten Anforderungen, also einem Grenzwert von 46 dB, entspricht. Hilfsweise hatten sie wenigstens einen normalen Schutz von höchstens 53 dB verlangt. Der Trittschall kann nämlich durch entsprechende Baumaßnahmen erheblich reduziert werden. Eine Möglichkeit wäre der Austausch der Bodenbeläge.

Der BGH hat den klagenden Mieter/innen zumindest insofern Recht gegeben, als dass er ihnen gegen den Vermieter bei baulichen Maßnahmen, die Lärmimmissionen nach sich ziehen, einen Anspruch auf Lärmschutz zuspricht. Insbesondere soll dieser den Anforderungen entsprechen, die zur Zeit des Umbaus den entsprechenden Normen, hier also DIN 4109, genügen.

Hiervon abzugrenzen ist allerdings ein allgemeiner Anspruch von Mieter/innen, die Trittschallschutzmaßnahmen auf den Stand der Technik bei Abschluss des Mietvertrags zu bringen. Ein solcher Anspruch besteht nämlich nur dann, wenn dies zwischen den Parteien vereinbart wurde.

Die Mieter/innen hatten ihr Verlangen nach einem erhöhten Schallschutz (höchstens 46 dB) damit begründet, dass ihre Wohnung vor der Erweiterung des Hauses "Endetage" war. Über ihnen lag nämlich lediglich der nicht bewohnte Dachboden. Deshalb waren sie zu Beginn des Mietverhältnisses keinen Trittschallimmissionen aus dem darüber liegenden Stockwerk ausgesetzt gewesen. Die Argumentation ist durchaus nachvollziehbar. Die Mieter/innen hatten die Wohnung möglicherweise immerhin genau im Hinblick auf die besondere Ruhe angemietet. Wenn der Vermieter dem Urteil nun nachkommt und einen - der DIN 4109 entsprechenden - Schallschutz von 53 dB herstellt, jedoch den erhöhten Schallschutzwert von 46 dB nach wie vor überschreitet, dann mag die Wohnqualität tatsächlich schlechter sein als vor dem Umbau des Gebäudes. Der BGH hat dieses Interesse der Mieter/innen aber nicht so hoch eingeschätzt, dass er dem Vermieter die entsprechenden Baumaßnahmen ohne Weiteres auferlegt hätte. Voraussetzung hierfür wäre ebenfalls eine Vereinbarung zwischen den Parteien, die hier auch von den Mieter/innen behauptet worden war. Hierüber muss aber das Berufungsgericht entscheiden, an welches der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde.

Hiervon grundsätzlich unberührt bleibt aber ein eventuelles Minderungsrecht der Mieter/innen. Schließlich würde auch eine Trittschallimmission zwischen 46 und 53 dB den Wohnwert im Vergleich zum ursprünglichen Zustand herabsenken. Die Höhe der Minderung dürfte sich dann allerdings in Grenzen halten.

Zum Thema Schallschutz finden Sie weitere Informationen bei unseren mietrechtlichen Tipps.

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