Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 301   Dezember 2003

Workshop Tapezieren

Tipps für eine neue Wandbekleidung

ULLA OTTE

Bei der Auswahl der neuen Tapete stehen verschiedenste Muster und Qualitäten von Papier, Vlies-, Glasfaser-, Vinyl-, Metall-, Velours-, Gras-, Kork- oder Textiltapeten zur Verfügung. Neben der Raumgestaltung und Ihrem handwerklichen Können sollten Sie auf ökologische und raumklimatische Gegebenheiten achten. Der Trend geht weg von Vinyltapeten und führt hin zu Papier- und Naturwerkstofftapeten. Tapeten können auch eine leicht wärmedämmende Wirkung besitzen. Gerade kalten Außenmauern können Sie durch Tapeten mit textilen und pflanzlichen Fasern zu einer warmen Schutzschicht verhelfen. Zusätzlich nehmen diese Tapeten die Feuchtigkeit der Raumluft auf und geben sie nach Bedarf wieder ab.

Vinyltapeten bestehen aus einem Trägerpapier, dessen Oberfläche ganzflächig mit dem Kunststoff PVC (Polyvinylchlorid) versehen ist. Die Oberfläche kann glatt, bedruckt oder geschäumt sein. Die meisten Produkte sind als Profiltapete erhältlich. Das verwendete PVC hat Nachteile nicht nur für die Umwelt, sondern auch für Ihr Wohnklima: Die Fähigkeit Ihrer Wände, die Feuchtigkeit zu regulieren, geht durch die Kunststoff-Haut verloren. Es kann zu erhöhter Luftfeuchtigkeit kommen, im schlimmsten Fall zu Schimmelproblemen. Außerdem kann die Tapete enthaltene Schadstoffe in großer Menge abgeben, wie z.B. Weichmacher, Flammschutzmittel oder Konservierungsstoffe. Vinyltapeten stehen im Verdacht, am Entstehen von "Magic Dust" beteiligt zu sein (siehe MieterEcho Nr. 298).

Bedarfsberechnung

Wenn nicht gerade Raufaser gewählt wird, kann man nicht unbedingt davon ausgehen, dass das Tapetenfachgeschäft (oder der Baumarkt) die gewünschte Menge vorrätig hat. Deshalb ist es wichtig, zuerst den Bedarf zu ermitteln. Dabei hilft eine einfache Formel: Sie addieren die Länge aller Wände, multiplizieren diese Gesamtlänge mit der Raumhöhe und teilen die ermittelte Zahl durch fünf. Das Ergebnis ist die Zahl der benötigten Euro-Rollen, die eine Normbreite von 53 cm und eine Länge von 10 m haben. Aber Achtung: Diese Formel kann auch nur bei Raumhöhen von ca. 2,5 m angewendet werden. Bei höheren Raumhöhen müssen Sie ausrechnen, wie viele Bahnen Sie aus einer Rolle bekommen. Gleiches gilt für die Berechnung von Tapeten, die nicht in Euro-Rollen verkauft werden. Auch sollten Sie (vor allem bei Mustern) 10 bis 15% Verschnitt und auch Reste für spätere Ausbesserungen einkalkulieren.

Übertapezieren oder Ablösen

Eine tapezierte Wand kann meist ohne weiteres übertapeziert werden, wenn die Oberfläche einwandfrei ist. Allerdings sollte man seinen Wänden nicht mehr als drei Schichten zumuten. Deshalb wird irgendwann auch das Ablösen der alten Tapeten fällig. Einfache Papiertapeten lassen sich meist einfach vom Untergrund ablösen, beschichtete oder gestrichene Tapeten zeigen sich oft störrisch. Zuerst braucht man Platz zum Arbeiten: wo nicht alle Möbel ausgeräumt werden können, werden sie in die Mitte geschoben und mit Folie abgedeckt, Böden ebenso.

Papiertapeten löst man mit warmem Wasser, dem etwas Tapetenlöser oder Spülmittel beigemischt wird. Die Flüssigkeit trägt man mit einem Schwamm oder einem Pflanzensprüher auf. Das Wasser lässt man eine Viertelstunde einwirken und rückt der ersten Bahn dann mit einem Spachtel von den Rändern beginnend zu Leibe. Idealerweise lässt sich die Bahn nun komplett abziehen. Zum Ablösen entfernt man vorher Schalter- und Steckdosenblenden (Sicherung raus!) und arbeitet in diesem Bereich natürlich ohne Wasser. Wenn sich die Fußleisten demontieren lassen, sollten sie entfernt werden, falls später tapeziert werden soll.

Überstrichene Tapeten werden mit der Drahtbürste eingeritzt und mit warmem Wasser eingeweicht. Ein Dampfreinigungsgerät (im Baumarkt zu mieten) kann dabei sehr helfen, sein heißer Dampf löst auch hartnäckigen Kleister.

Abwaschbare Tapeten sind meist mit PVC beschichtet. Um die Tapete aufzureißen, wird sie mit einer Drahtbürste aufgeraut. Danach kann sie mit Wasser eingeweicht und abgerissen werden.

Vinylschaumtapeten bestehen aus einer dünnen Lage Schaum und einem Papierrücken. Die Kunststoffschicht lässt sich leicht in Bahnen abziehen, die Papierrückseite kann abgelöst werden oder sie bleibt als Makulatur für die neue Tapete auf der Wand.

Für die neue Tapete ist eine tragfähige Oberfläche wichtig. Sie sollte sauber und glatt sein. Bei verputzten Wänden werden die Wände gründlich abgefegt. Anschließend werden Risse und Löcher repariert. Dazu entfernt man lose Partikel und füllt die Schadstellen mit Spachtelmasse. Ist die Wand gestrichen, testet man den Untergrund mit einem Klebestreifen: Bleibt etwas hängen, muss die Wand abgewaschen und mit Tiefgrund behandelt werden.

Auf Licht und Rapport achten

Tapetenkleister wird als Pulver verkauft und zu Hause nach Herstellerangaben angerührt. Je nach Gewicht der Tapete kann das Mischungsverhältnis variieren. Nachdem er eine Zeit gequollen ist, kann er verwendet werden. Für Textil- oder Kunststofftapeten werden andere Kleber benutzt, sie werden im Fachhandel verkauft. Es gibt mittlerweile einen pinkfarbenen Kleister: Er macht das Tapezieren einfacher. Der lösemittelfreie Kleister färbt sich beim Anrühren zunächst pink. Erst nach dem Auftragen trocknet er transparent. So wird deutlich, wo bereits Kleister aufgetragen wurde. Unzureichend oder gar nicht eingekleisterte Tapetenstellen, die an der Wand offene Nähte oder hochstehende Kanten verursachen, werden vermieden.

Zunächst wird die Tapete in Bahnen mit 10 cm Überstand geschnitten. Einige werden mit der Musterseite nach unten auf einen Tapeziertisch gelegt. Die erste Bahn wird mit der Malerbürste bis zu den Rändern eingekleistert. Dann die Bahn ziehharmonikaartig zusammenlegen und die nächste Bahn einkleistern. Die Bahnen müssen vor dem Kleben einige Minuten weichen.

Sie sollten immer mit dem Licht tapezieren, d.h. an der Fensterseite beginnen. Da die Wände eines Raums selten genau rechtwinklig zueinander stehen, zeichnet man eine Linie mit dem Senkblei an, eine Bahnbreite abzüglich 2 cm von der Ecke entfernt. Dann wird die erste Bahn geklebt: Den oberen Teil der Tapete entfalten und an die Linie anlegen, oben sollte etwas Überstand zur Decke bleiben. Mit der Tapezierbürste wird die Bahn aufgestrichen, dabei von der Mitte zu den Rändern arbeiten. Oben wird der Knick mit einer stumpfen Schere markiert, dann die Tapete etwas abgehoben, im Knick geschnitten und wieder angeklebt. Unten wird das Ende in die Kante gedrückt, nach oben gefalzt und im Knick abgeschnitten. Die zweite Bahn wird auf Stoß mit der ersten geklebt. Bei Tapeten mit Mustern muss auf den Rapport geachtet werden, damit das Muster nicht versetzt geklebt wird. Die Stöße werden mit dem Kantenroller sauber gewalzt.

Bei Türen und Fenstern wird zunächst überlappend gearbeitet. Überstände werden dann mit dem Cutter abgeschnitten. An die Seitenflächen der Fenster- und Türlaibungen werden Verschnitte geklebt. An und in Ecken wird die untere Bahn überlappend geklebt, die obere passend geschnitten. Schalter und Steckdosen werden bei ausgeschalteter Sicherung überklebt und dann mit dem Cutter zuerst sternförmig ein- und dann rund ausgeschnitten.

Decken werden üblicherweise zwar nicht tapeziert, es kann jedoch Sinn machen, wenn die Oberfläche in schlechtem Zustand ist. Decken kann man nur zu zweit tapezieren. Eine große Hilfe ist eine Arbeitsbühne, die aus zwei Leitern und einem stabilen Brett besteht. Wer keine Bühne bauen will, und nur eine Leiter hat, braucht einen Helfer, der mit einem Besen die Decke erreicht. Angefangen wird an einer Wand, der Helfer steht hinten und balanciert die eingekleisterte und zusammengelegte Tapete auf dem Besen. Es wird langsam rückwärts gearbeitet. An Stirn- und Rückwand sollte die Tapete 1 bis 2 cm überstehen.

Sollten trotz sorgfältigen Arbeitens nach dem Trocknen doch noch Blasen vorhanden sein, werden sie einfach ausgebessert: In kleine Blasen injiziert man mit einer Spritze etwas Kleister und drückt sie platt. Falls das nicht hilft, wird die Blase mit dem Cutter kreuzweise eingeschnitten, eingekleistert und festgewalzt. Bei Nachbesserungen und auch bei kleinen Flächen kann ein kleiner Pinsel sehr hilfreich sein.

Wenn Sie z.B. in einer Altbauwohnung wohnen und Ihre Raumhöhe nicht 2,5 m beträgt, ermitteln Sie den Bedarf wie folgt:

Sie messen die Länge aller Ihrer Wände und teilen die Zahl durch die Breite der von Ihnen gewünschten Tapetenrollen. Die Standardbreite einer Eurorolle beträgt 0,53 m Meter, so dass Sie also in diesem Fall durch 0,53 teilen müssen, um die Anzahl der benötigten Tapetenbahnen zu errechnen.
Als nächstes multiplizieren Sie die Anzahl der benötigten Tapetenbahnen mit Ihrer Raumhöhe. Sie sollten große Öffnungen von Fenstern, Türen oder Fliesenspiegeln abziehen, aber auf jeden Fall 10 bis 15% Verschnitt hinzurechnen.

Wenn die Oberflächen von Wänden schlecht sind, eignen sich drei Arten von Tapeten besonders gut zum Kaschieren von Mängeln:

1) Makulatur wird heute seltener als früher verwendet. Streichmakulatur ist ein Gemisch aus Kleister und fein zerrissenem Papier und wird mit Wasser angerührt. Raue Putzoberflächen werden so geglättet. Rollenmakulatur ist ein Tapetenrohpapier, das einen gleichmäßig hellen und saugfähigen Untergrund schafft und die Sicherheit beim Verkleben hochwertiger Tapeten erhöht. Früher war es auch üblich, als erstes Zeitungspapier auf den Putz zu kleben.
Durch die Verwendung von Makulatur wird das spätere Ablösen der Tapete erleichtert.
2) Strukturtapeten (z.B. auch als Prägetapete aus Papier oder Vlies) kaschieren durch ihre Oberflächen kleine Unebenheiten.
3) Raufasertapete, 1864 von der Firma "Erfurt" erfunden, gleicht ebenso unregelmäßigen Untergrund aus. Raufaser ist derzeit die beliebteste Tapetensorte, u.a. weil sie sehr preiswert, leicht zu verarbeiten ist und überstrichen werden kann.

Einkaufsliste:

Tapetenlöser, Drahtbürste, Cutter, Blumensprüher, Tapete, Tapeziertisch, Kleister, Eimer, Rührstab, Malerbürste, Faden mit Gewicht als Lot, Zollstock, Wasserwaage, Bleistift, Schere, Schneidelineal, Besen, Spritze, Pinsel, Kantenroller, Folie und Malerkrepp zum Abdecken, Leiter.