MieterEcho
Nr. 289 - Januar/Februar 2002

Wir müssen die MieterInnen stärken sich gemeinsam zu wehren

 

Die Presseerklärung der UBI-Mieterladen und der Bezirksgruppe Friedrichshain der BMG e.V. anlässig des Gerichtsurteils zur Rigaer Straße 94 wird hier leicht gekürzt wiedergeben.

In der Wendezeit waren wir, damals noch als unabhängige Bürgerinitiative, im Besetzer-rat vertreten. Viele Häuser im Bezirk wurden zur Instandsetzung besetzt und in diesen Häusern entstanden über 100 Projekte.
Instandsetzung, teils in der Hoffnung, die Häuser später auch kaufen zu können, sahen wir als legitimes Mittel, Leerstand und weitere Gebietsverwahrlosung zu verhindern.
Tatsächlich wurden einige Häuser vor dem Abriss gerettet und bewohnbar gemacht. Durch Räumung der BewohnerInnen profitieren davon nun andere Mitmenschen - siehe Mainzer Straße. Und dennoch entstand mittelfristig für viele Menschen bezahlbarer Wohnraum in den heute ex-besetzten Häusern. Durch die Vielfalt ihrer Bewohner erfüllte Besetzung und Instandsetzung wie auch die dann folgenden Projekte (z.B. ASP-Boxi, Ökoladen-Rigaer, Theater-Jessi) nicht nur eine sozio- und multikulturelle Funktion, die auch in die unmittelbare Nachbarschaft ausstrahlten. Die Bildung von Hausgemeinschaften und -vereinen schloss in ihrer Konsequenz ebenfalls ein, dass die Mieten nicht nur in den betreffenden Häusern, sondern auch in der Nachbarschaft geringer ausfielen.
Mit den Grundmieterhöhungen und dem Mietüberleitgesetz stiegen die Mieten um ein Vielfaches. Instandsetzungen, oft in Zusammenhang mit Modernisierungen realisiert, zogen dann für viele MieterInnen erhebliche Mietsteigerungen nach sich. Die 1993 festgelegten Sanierungsgebiete und das 1999 festgelegte Milieuschutzgebiet mit den entsprechenden Mietobergrenzen (nach Sanierung) sollten eine Abwanderung der ansässigen Bevölkerung verhindern. Einige vorgenommenen Studien durch die ASUM (Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Mieterberatung) zeigten durchaus eine positive Wirkung dieser Maßnahmen.
Allerdings steht dem eine öffentliche Unterstützung gegenüber, die einerseits die erhöhten Mieten auffängt und andererseits einige Eigentümer profiliert. Friedrichshain und Kreuzberg gehörten, und gehören jetzt verstärkt, zu den am dichtesten besiedelten und ärmsten Regionen der Stadt.
Für die in den o.g. Gebieten betreffenden Häuser liegt in Friedrichshain die durchschnittliche Nettokaltmiete bei ca. 4,- E. Eine hohe Anzahl an Arbeitslosen, SozialhilfeempfängerInnen, StudentInnen, RentnerInnen und Geringverdienenden machen allerdings immer noch den größten Teil der Bevölkerung aus.
Die Situation wird erschwert durch Eigentümer, die von Profitgier geleitet, vielen BewohnerInnen das Leben schwer machen. Sicherlich ist skrupelloses Vorgehen, wie Wohnungen unter Wasser zu setzen, die Gaszufuhr offen zu trennen, Brandstiftung, Sprengsätze zu legen oder Mieter mit Waffengewalt zu bedrohen, nicht an der Tagesordnung, doch es gibt diese Eigentümer und die sind meist gut organisiert und in der Regel von der Staatsanwaltschaft oder anderen zuständigen Behörden nicht dingfest zu machen. Auf der Strecke bleibt der Mieter.
Durch die Vereinzelungstaktik (unterschiedliche Mietverträge, Modernisierungs-Ankündigungen) gibt es immer weniger "Hausgemeinschaften", die alleine schon durch ein gegenseitiges Informieren eine gewisse Kraft und Stärke dem Eigentümer gegenüber zeigen und durchsetzen könnten. Jeder "kämpft" für sich. Oftmals verzichten die MieterInnen sogar auf eine Beratung und zahlen eine überhöhte oder ungerechtfertigte Miete. Sich dem Eigentümer gegenüber als "Querulant", "komplizierter Fall" zu zeigen, fällt nicht leicht. Der Rechtsanspruch der MieterInnen auf z.B. Mängelbeseitigung und Mietminderung wird somit aufgeweicht.
Deshalb ist es wichtig und notwendig, Hausgemeinschaften und -vereine zu erhalten und zu stärken - für einen bezahlbaren Wohnraum und für das Gefühl, "zu Hause" zu sein.
Berlin ist eine Mieterstadt und wird es auch noch lange bleiben. Die Bewohner müssen die Möglichkeit haben, ihre Interessen wahren und durchsetzen zu können. Das ist legitim.
UBI Mieterladen e. V.

 

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