MieterEcho
Nr. 282 - November/Dezember 2000

Die Dankbarkeit hält sich in Grenzen

 

Aus Pankow erreichte uns der Bericht des Mieters A. Paulus1 aus einem unlängst modernisierten Haus. Die Erlebnisse sind noch sehr frisch und genau so ist auch seine Empörung. Leider, müssen wir von der AG Umwandlung vorab sagen, haben es die Mieter dieses Hauses versäumt, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Damit andere nicht den gleichen Fehler machen, hier noch einmal als Hinweis: Wir sind seit dem Umzug vom HdD in die Möckernstraße zwar nicht mehr zu festgesetzten Zeiten erreichbar, aber wir haben einen Anrufbeantworter, der jeden Anruf aufzeichnet und wir garantieren den Rückruf.

Die Dankbarkeit hält sich in Grenzen

Überall nach 1990 schöne Fassaden, neue Bauten, Glas, Beton, instandgesetzte und modernisierte Häuser. Bequemlichkeit für Mieter zuhauf. Müssen wir nicht dankbar sein, dass wir nicht mehr - zugegeben für eine angemessene Entlohnung durch den Vermieter - unsere Treppen reinigen, unseren Vorgarten pflegen und kleine Reparaturen selbst erledigen müssen?

Die Grund- oder Kaltmieten haben mit Wohnwertverbesserung allerdings nichts zu tun. Dennoch darf sie der Vermieter laut Mietrechtshöhegesetz (MHG) innerhalb von drei Jahren um 30 % steigern, wenn er nur die Mietspiegelgrenze nicht überschreitet, ohne dass er an der Wohnung etwas verbessert. (Voraussichtlich ab Mitte nächsten jahres nur noch 20 Prozent). Solch gesetzlich festgeschriebene Garantie für sicher steigende Einkommen findet man wohl nur noch bei gut betuchten Beamten und Diätenempfängern. Die allerdings dürften in den wenigsten Fällen zu den Mietern zählen.

Bei näherer Betrachtung dessen, was "für uns Mieter" getan wurde, könnte man auch sagen, wir haben Glück, daß uns nicht noch mehr Gutes getan wird, denn unsere Annehmlichkeiten bezahlen wir nicht nur, wir verwandeln sie für den Vermieter in klingenden Gewinn auf Dauer. Die Grundsteuer, die Straßenreinigung, die Müllabfuhr, Sonderabfuhren, die Hausreinigung, die Gartenpflege, den Strom für Beleuchtung und Maschinen, die Sach und Haftpflichtversicherung, den Hauswart/Hausbesorger samt des von ihm verbrauchten Materials bezahlen wir sowieso über Betriebskosten, an denen - nebenbei bemerkt - mancherlei Dienstleister auch ihr Schnäppchen machen wollen.

Nun, hurra, wir wurden modernisiert und erkennen unser Haus nicht wieder, so schön ist es geworden! Und so teuer. Als Beispiel sei hier von einer Dreiraumwohnung mit 56,27 qm Wohnfläche die Rede. Sehen wir von den Instandsetzungskosten ab, der einzigen Leistung des Vermieters, um die Wohnung in einem gebrauchsfähigen Zustand zu halten, bleiben für uns die Modernisierungskosten. Eine neue einbruchssichere Wohnungstür? Bitte schön! Monatlich DM 11,10. Eingebaute Kalt- und Warmwasserzähler? Macht monatlich je Wohnung DM 2,75. Der Einbau der Einhebelmischbatterie schlägt monatlich mit DM 1,64 zu Buche. Die Kosten für einen Spül- und einen Waschmaschinenanschluss - ob Sie eine Spülmaschine besitzen spielt da keine Rolle, denn der Vermieter hat, wie schon bemerkt, das gesetzlich verbriefte Recht, die Wohnung in einen zeitgemäßen Zustand zu modernisieren - macht monatlich DM 1,91. Für die Verstärkung des Hauptstromsystems stehen je Monat DM 8,06 auf der Rechnung. Die angenehme Wärmedämmung des Gebäudes basiert auf vielen respektabel zu lesenden gesetzlichen Forderungen, damit es ehrlich zugehe mit der Energieeinsparung, obwohl das - wie gleich zu lesen sein wird - dem Mieter schnurzpiepe sein kann, denn was er einspart ist ja unbedeutend gegenüber der Summe, die er zuzahlt. Der Mieter unserer Beispielwohnung zahlt monatlich je Quadratmeter Wohnfläche für die Keller- und Drempeldämmung DM 0,28 und für die Wärmedämmung außen DM 1,07 je Quadratmeter. Bei 56,27 Quadratmeter Wohnfläche löhnt der Mieter dafür im Jahr DM 911,40! Soviel spart er an Heizkosten nie und nimmer ein. Den, wenn auch durch die Wärmedämmung geringeren Verbrauch, muss er natürlich bezahlen, und dazu die Gebühr für das Ablesen. Der Mieter unserer Beispielwohnung hatte 1998 für seine Heizkosten DM 609,24 zu entrichten. Dank der Wärmedämmung waren das etwa DM 200,- weniger als vorher. Dafür bezahlte er aber zusätzlich DM 911,40 jährlich für die Wärmedämmung, d.h. seine warme Stube kostete ihn vorher ohne Wärmedämmung rund DM 800,- und nun mit Wärmedämmung DM 1.562,64!
Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass wir laut Rechtsstaat und Demokratie dem Vermieter die Modernisierung seiner Wohnung bezahlen, damit sie "marktfähig" ist und darüberhinaus mit der elfprozentigen Umlage der Modernisierungskosten auf die Kaltmiete aktiv dazu beitragen, dass alle Mieter nach uns, dem Vermieter von Jahr zu Jahr mehr Gewinne schenken, denn die elf Prozent Umlage bleiben immerfort Bestandteil der Kaltmiete. Der ach so gerechte Mietspiegel nimmt diese so entstandenen Preise zur Basis für weitere Mieterhöhungen.
Im Artikel 14 des Grundgesetzes ist zu lesen: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Wäre es nicht zutreffender, es stände geschrieben: "Allgemeinheit verpflichtet, dem Wohle des Eigentums zu dienen"?

Leider erforderliche Anmerkungen zu Wärmebedarfsgutachten, Heizkosteneinsparungen, daraus folgenden Mieterhöhungen u.a.m.

Über DM 900,- im Jahr für Wärmedämmmaßnahmen …

…ausgeben zu müssen, um Heizungskosten von DM 200,- einzusparen zu dürfen, ist in der Tat ein Skandal. Da geben wir dem Herrn A. Paulus vollkommen Recht. Aber wir müssen gleich illustrieren, warum es so wichtig ist, sich vor einer Modernisierung mit der AG UMWANDLUNG in Verbindung zu setzen.
In einem Rechtsentscheid des Kammergerichts vom 17.8.00 findet sich der folgende Leitsatz:
"Der Vermieter, der einen Modernisierungszuschlag nach § 3 Abs. 1 MHG wegen Wär- medämmaßnahmen geltend macht, muß in der Mieterhöhungserklärung nach § 3 Abs. 3 MHG durch eine Wärmeberechnung darlegen, in welchem Maß sich eine Verringerung des Verbrauchs an Heizenergie ergibt." zit. nach MM 10/00, S. 35.

Vorausgegangen waren eine Klage des Vermieters gegen den Mieter vor dem Amtsgericht, wegen einer Mieterhöhung von DM 192,38 monatlich als Folge einer Modernisierung. Eingeschlossen war ein Betrag von DM 103,42 DM für Wärmeschutzmaßnahmen. Das Amtsgericht hatte der Klage zunächst im Wesentlichen stattgegeben, allerdings verfügt, daß der Erhöhungsbetrag für den Wärmeschutz auf das Dreifache des Betrages der Einsparung von Heizkosten nicht übersteigen solle.

Der Prozeß ging in die zweite Instanz und das Landgericht folgte diesmal dem Beklagten, insbesondere weil ausgeführt werden konnte, daß die Mieterhöhungserklärung keine Angaben zum Wärmedämmeffekt enthalten habe. Weil es aber die Frage, ob dem tatsächlich so sein müsse, für grundsätzlich hielt, richtete es eine Rechtsfrage an das übergeordnete Kammergericht. Dies erließ den eingangs zitierten Rechtsentscheid.

Für unsere Pankower Mieter folgt daraus, daß eine Mieterhöhung ohne eine detaillierte Wärmebedarfsberechnung und die Darstellung der Einspareffekte unwirksam gewesen wäre. Wir wissen leider nicht, ob eine solche Berechnung nicht doch vorgelegen hat. Man muß daran zweifeln, denn die Mieterhöhung hätte - nach überwiegender Berliner Rechtssprechung - das Doppelte der als einsparbar ausgewiesenen Heizkosten nicht übersteigen dürfen. Einzig die 64. Zivilkammer des Landgerichts Berlin folgt ihrer vermieterfreundlichen Tradition und begrenzt die Mieterhöhung auf das Dreifache der Einsparung.

Zu den anderen im Brief erwähnten mieterhöhenden Wohnwertverbesserungen kann aus der Distanz wenig gesagt werden. Sie sind immer jeweils zusammen mit der Modernisierungsankündigung konkret zu diskutieren. Allerdings ist sich die Rechtssprechung noch nicht ganz schlüssig darüber, ob "einbruchssichere Türen" wirklich als mietrelevante Modernisierungen anzusehen sind.

Ganz sicher ist aber immer: Vieles hängt vom Verhalten der Mieter selbst ab und da kann die AG UMWANDLUNG wichtige Hilfestellung leisten.

AG UMWANDLUNG

 

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