MieterEcho
Nr. 282 - November/Dezember 2000

Wohnen in Nicaragua

 

15 Jahre Städtepartnerschaft Kreuzberg - San Rafael del Sur / Nicaragua

In den zehn Jahren der Sandinistischen Volksrevolution in Nicaragua (1979 -1990) leistete sich die Regierung der Frente Sandinista de Liberación Nacional (FSLN) hohe Ausgaben in allen sozialen Bereichen, die den ärmsten Bevölkerungsschichten zugute kamen. Dies betraf neben dem kostenfreien Zugang zum Bildungs- und Gesundheitswesen, der umfassenden Agrarreform und anderen Vergünstigungen auch die Förderung des Wohnungsbaus.
So wurden mehr als 12.000 einfache Häuser für Familien mit geringen Einkommen gebaut und zu extrem niedrigen Preisen abgegeben; mehr als 34.000 erschlossene Grundstücke wurden mit entsprechenden Baumaterialien an Bedürftige übergeben; für 67.000 Familien wurden Beihilfen zur Verbesserung ihrer Wohnsituation gewährt; 150.000 Familien wurden durch die Revolution Eigentümer ihrer Behausungen. Bei einer Einwohnerzahl von damals rund 3,5 Millionen Menschen und einer Familienstärke von durchschnittlich etwa sieben Personen kann davon ausgegangen werden, dass fast jede/r zweite Nicaraguaner/in in irgendeiner Form von diesem Programm begünstigt wurde.
Eine gewaltige Leistung, wenn man bedenkt, dass der Verteidigungskrieg gegen die von den USA gestützten Contras zeitweilig mehr als 50% des nationalen Haushalts verschlang. Als in den frühen 80er Jahren Mitglieder des "Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaft Kreuzberg - San Rafael del Sur e.V." die Kontakte zu Kreuzbergs Partnerregion aufnahmen, waren sie dennoch gerade auch über die Wohnsituation auf dem Land sehr schockiert.
Vor allem die hygienischen Verhältnisse waren vielfach katastrophal. In den meisten der 59 ländlichen Gemeinden der über 400 qkm großen Region gab es keine Stromversorgung, was in diesen Breiten bedeutet, dass es gegen 18 Uhr schlagartig finster wird. In primitiven, häufig nur einräumigen Bretterhütten lebten die Großfamilien unter erschreckend ärmlichen Bedingungen.
Ihr Trinkwasser holten die Menschen aus primitiven Schachtbrunnen, deren Wasser von sehr zweifelhafter Qualität war, oder - schlimmer noch - eimerweise aus mehr oder weniger nahegelegenen Flüssen. Dieses Oberflächenwasser ist durch die in der nicaraguanischen Landwirtschaft vorherrschende chemische Düngung und Schädlingsbekämpfung stark kontaminiert. Die daraus für den Gesundheitszustand der Bevölkerung resultierenden Folgen liegen auf der Hand: Haut- und Pilzerkrankungen, chronische Atemwegsbeschwerden und so weiter. Die immer wieder auftretenden Choleraepidemien forderten damals noch zahlreiche Todesopfer.
Da die Projekte des Städtepartnerschaftsvereins immer ganze Bevölkerungsgruppen, nie aber einzelne Personen oder Familien begünstigen sollen, engagierte er sich nicht direkt in der Verbesserung der Wohnsituation, sondern sah im Ausbau der Trinkwasserversorgung eine seiner Hauptaufgaben. Mitte der 80er Jahre hatten noch etwa 75% der fast 50.000 Menschen des Kreises San Rafael del Sur keinen Zugang zu sauberem Wasser.
Heute, nach einer Investition von mehr als 2 Millionen DM durch den Verein, haben 75% der Bevölkerung sauberes Wasser zur Verfügung. Zentrale Trinkwasserversorgungsanlagen haben zahlreichen Dörfern den Zugang zu diesem lebenswichtigen Element eröffnet, in abgelegeneren Dörfern wurden traditionelle Brunnen gebaut oder vertieft. Durch die Zusammenarbeit mit den lokalen Trinkwasserkomitees in den Dörfern wurde gleichzeitig ein emanzipatorischer Prozess in der Bevölkerung gefördert.
Aus diesen Komitees entstand Mitte der neunziger Jahre das Centro de Desarrollo Rural (Zentrum für Ländliche Entwicklung, CEDRU), eine nicaraguanische Nichtregierungsorganisation, mit der der Verein heute alle seine immer auf Vorschlag der betroffenen Bevölkerung entstehenden Projekte realisiert. Neben Maßnahmen im Bildungs- und Gesundheitswesen, im Umwelt- und Ressourcenschutz wird dabei ein Bereich immer wichtiger: die Armutsbekämpfung. 75% der nicaraguanischen Bevölkerung muss unter den heutigen Bedingungen neoliberaler Politik mit weniger als 2 Dollar pro Tag auskommen, wiederum die Hälfte von ihnen gilt sogar als extrem arm, weil sie über weniger als einen Dollar pro Tag verfügt.
Durch die Förderung alternativer landwirtschaftlicher Methoden, durch Kleintierzuchtprogramme, die Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produkte und durch Maßnahmen zur verbesserten Lagerung der Ernten und deren Vermarktung trägt der Verein in Kooperation mit CEDRU dazu bei, die Einkommenssituation der bäuerlichen Familien zu verbessern. Das den Familien nun mehr zur Verfügung stehende Geld investieren sie vor allem in die heute nicht mehr kostenfreie Schulbildung ihrer Kinder und auch in die Verbesserung ihrer Wohnsituation.
Alle seine Projekte finanziert der Verein mit Unterstützung des Bezirks Kreuzberg, der Berliner Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit, dem Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung oder der Europäischen Kommission.
Der Verein hat in seinem 15-jährigen Bestehen mehr als vier Millionen DM investert. Mehr als ein Drittel davon stammen aus privaten Spenden, die auch wegen der bei der öffentlichen Förderung aufzubringenden Eigenanteile unverzichtbar sind.
Der Verein wäre daher sehr dankbar, wenn Mitglieder der Berliner Mietergemeinschaft mit Spenden weiterhin dazu beitragen würden, diese für die Menschen in Kreuzbergs wieder sandinistisch regierten Partnergemeinde überlebenswichtigen Projekte zu fördern:
Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Kreuzberg -
San Rafael
del Sur e.V.
Postfach 11 03 32
10833 Berlin
Tel.: 2588-3701
E-mail:
staepa@compuserve.com
Spendenkonto:
Postbank Berlin
BLZ 100 100 10
Konto 46 48 05-104

Bitte vergessen Sie für die Ausstellung einer steuerabzugsfähigen Spendenbescheinigung nicht Name und Anschrift auf dem Überweisungsträger. Vielen Dank!

 

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