MieterEcho
Nr. 279 - Mai/ Juni 2000

Die Charlotte und die 'WohnWertMiete' 2. Teil

 

Zwar sind nur die Siemensstädter Genossen der Charlottenburger Baugenossenschaft eG angesprochen worden, aber der Saal des evangelischen Familienzentrums in der Toeplerstr. hätte nicht kleiner sein dürfen bei der öffentlichen Spandauer Mitgliederversammlung der BMG.

Thema der Veranstaltung am 18.4. 2000 war eine Diskussion der geplanten Mietrechtsreform und die "WohnWertMiete" der Charlotte.

Während der Rechtsanwältin Maja Lachmund bei ihrer kompetenten Darstellung konzentrierte Aufmerksamkeit zuteil wurde, gestaltete sich der zweite Tagesordnungspunkt außerordentlich lebhaft. Verständlich, denn hinter der beabsichtigten Einführung der WohnWertMiete verbirgt sich nichts anderes als eine drastische Mietsteigerung. "Wenn die Miete innerhalb kürzester Zeit auf das Niveau des Mietspiegels angehoben werden soll, warum werden dann nicht die Einlagen der Genossen zurückgezahlt?" war eine empörte und nicht nur rhetorische Frage. "Seit 27 Jahren, so lange wohne ich hier, ist die Einlage im Wert nicht gestiegen," assistierte ein Nachbar. Einig waren sich die Teilnehmer in der Ablehnung der Pläne des Vorstands. "Diese Pläne", so wurde erläutert "stellen nichts anderes dar, als den Versuch zweifelhafte Praktiken aus Hamburg zu übernehmen." Eindrucksvoll war die Schilderung von Kritikern der Pläne des Vorstands. Das Klima einer sachlichen Diskussion fanden sie zu keiner Zeit. Wer diesem Konzept nicht zustimmte wurde systematisch von den vorstandstreuen Vertretern und vom Vorstand isoliert und durfte sich fast als Feind der Genossenschaft fühlen. Vorwürfe eine "Nebenmietervertretung" zu betreiben - was auch immer das heißen mag - dienten dazu, sachliche Kritik zu kriminalisieren. In die gleiche Richtung zielten Berichte von Genossen, die sich nicht getraut hatten, Aushänge zu machen. Man kann sich die Empörung der Anwesenden bei solchen Erlebnisberichten vorstellen. "Denn schließlich", brachte es einer der Genossen auf den Punkt, "sind die Vorstandsmitglieder unsere, ja unsere Angestellten!"

Die Vertreterversammlung und die gewählten Vertreter erwiesen sich als großes Mysterium. Niemand kannte einen der Vertreter, dem er vertrauensvoll die Stimme gegeben hatte. Und so war folgerichtig auch eine der Forderungen, die nach einer öffentlichen Versammlung, auf der der Vorstand den Genossen Rechenschaft über das zweifelhafte Konzept geben sollten und die Vertreter ihre Positionen hierzu darstellen können. Dieser Vorschlag wurde aufgegriffen und auch an den Vorstand gerichtet. Sollte es dazu nicht kommen, bleiben als Alternative von den Genossen selbst organisierte bezirkliche und schließlich gesamtberliner Diskussionsveranstaltungen.

Ein Aktivenkreis hat sich gebildet und bereits erste Treffen angesetzt. Für dieses Gremium ist die WohnWertMiete Thema Nummer Eins. Aber nach den Erfahrungen der letzten Zeit und angeregt durch die Berichte auch die innergenossenschaftliche Demokratie.

Wer gehört hat, was auf der Veranstaltung zusammgetragen worden ist, kann dem nur zustimmen und vollen Erfolg wünschen.

AG UMWANDLUNG

Aus dem Schreiben der Charlottenburger Baugenossenschaft an die BMG

Wir haben auf unserem Grundstück, direkt auf einem unserer Aushangkästen, eine Einladung von Ihnen zu einer Veranstaltung am 18.4.2000 vorgefunden. Dazu waren Sie nicht berechtigt und wir müssen diese Verfahrensweise strikt ablehnen.

Bezeichnenderweise trug das Schreiben keine Unterschrift.

Bei der fraglichen Veranstaltung sollte gemäß der Tagesordnung u.a. die "WohnWertMiete" unserer Genossenschaft thematisiert werden. Da jedoch Ihrerseits niemand sich bei uns über unser neues Verfahren informiert hat, ist uns nicht klar, wie Sie eine objektive Darstellung dazu geben konnten. Aus Berichten von Teilnehmern wissen wir inzwischen, dass Ihre Behandlung des Themas dann auch nur recht einseitig gewesen ist.

Es müsste jedoch gerade auch in Ihrem Interesse liegen, die sozialen Vorteile der Wohnungsbaugenossenschaften Ihren Mitgliedern nahezubringen. Das Beispiel der Charlottenburger Baugenossenschaft, sich mit einer eigenverantwortlich gebildeten Unternehmensmiete von den starren Regelungen und Mietgrenzen des MHG abzukoppeln und niedrige Mieten/ Nutzungsgebühren zu bilden, müsste doch Ihre Anerkennung finden. Stattdessen betreiben Sie Polemik. Da wir Ihnen fachlichen Sachverstand nicht absprechen wollen, müssten wir eigentlich von beabsichtigter Ignoranz ausgehen.

Wir würden es für angebracht halten, wenn Sie uns Ihre Stellungnahme zukommen ließen.

Mit freundlichen Grüssen

Charlottenburger Baugenossenschaft eG

Der Vorstand: Hildebrand und Breyer

 

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