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Mietrecht

Urteile

Untervermietung einer Nebenwohnung

Zur Untervermietung bei einer aus beruflichen Gründen genutzten Nebenwohnung.
Leitsatz von der Redaktion MieterEcho gekürzt.

BGH Urteil vom 27.09.2023 – AZ VIII ZR 88/22 –

Ein Mieter bezog 2014 zunächst allein die von ihm gemietete Dreizimmerwohnung in Berlin. Später wohnte er dort zusammen mit seiner Ehefrau und einem gemeinsamen Kind. Nach der Geburt eines weiteren Kindes zog die Familie in eine ca. 17 km entfernte Doppelhaushälfte am Stadtrand von Berlin. Da der Mieter beabsichtigte, die gemietete Wohnung in Berlin aus beruflichen Gründen weiter zu nutzen, bat er im Jahr 2019 die Vermieterin um Erlaubnis, zwei der drei Zimmer ohne zeitliche Begrenzung an zwei Personen untervermieten zu dürfen. Er wolle als Geschäftsführer einer nur zehn Gehminuten entfernten Speditionsfirma die Wohnung während der Arbeitswoche zum Ausruhen und zwei bis dreimal wöchentlich zum Übernachten nutzen, um sich die Fahrzeit zwischen der Doppelhaushälfte am Stadtrand und seinem Arbeitsplatz zu ersparen. Die Vermieterin erteilte ihm nur eine bis 30. Juni 2020 befristete Erlaubnis und erlaubte ihm auch auf seine späteren Bitten keine unbefristete Untervermietung.

Das Landgericht Berlin (Zivilkammer 67) wies die Klage des Mieters ab. Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB erfordere nämlich ein Interesse von nicht ganz unerheblichem Gewicht, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht. Der Mieter wolle aber nur Untermieteinnahmen erzielen, um die Mietkosten für die von ihm bewohnte Doppelhaushälfte am Stadtrand bei gleichzeitigem Beibehalten der Stadtwohnung zu reduzieren. Dem wirtschaftlichen Interesse eines Mieters an der Reduzierung seiner Mietkosten komme jedoch nur dann hinreichendes Gewicht zu, wenn die Untermieteinnahmen dem fortdauernden Bestand des den Hauptwohnsitz des Mieters betreffenden Mietverhältnisses dienen. Bei einem durch Untermieteinnahmen zu finanzierenden Nebenwohnsitz sei dies nur dann der Fall, wenn es sich dabei gleichzeitig um den ehemaligen und voraussichtlich auch zukünftigen Hauptwohnsitz des Mieters handele – zum Beispiel bei einem zeitweiligen Auslandsaufenthalt des Mieters. Hier habe der Mieter aber nach seinem eigenen Vorbringen seinen Hauptwohnsitz gemeinsam mit seiner Familie in der Doppelhaushälfte begründet, die von ihm angeführten Gründe für den Fortbestand des Mietverhältnisses über die Stadtwohnung erschöpften sich also in einem bloßen Komfortzuwachs.

Dieser Auffassung des Landgerichts hat der Bundesgerichtshof sehr grundsätzlich widersprochen. Er stellte klar, dass der Wunsch des Mieters nach einer Verringerung der von ihm zu tragenden Mietaufwendungen grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der teilweisen Untervermietung begründen kann. Anders als das Landgericht meinte, setze ein solches berechtigtes Interesse des Mieters auch nicht voraus, dass dieses Interesse im Wesentlichen den fortdauernden Bestand seines Hauptwohnsitzes betreffe. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, der Gesetzgeber habe lediglich den Bestand eines einzigen Mietverhältnisses als schützenswert angesehen und einen derartig weiten Anwendungsbereich des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gewollt, fänden in der Gesetzgebungsgeschichte keine Stütze und verkennen den Sinn und Zweck der Regelung. 

Nach der gesetzgeberischen Wertentscheidung gingen nämlich die berechtigten Interessen des Mieters den Interessen des Vermieters grundsätzlich vor. Sie hätten nur dann zurückzustehen, wenn die beabsichtigte Untervermietung für den Vermieter unzumutbar wäre. Der Zweck des § 553 Abs. 1 BGB bestehe darin, dem Mieter die Wohnung zu erhalten, wenn er an ihr festhalten will. Es wäre widersprüchlich, angesichts des von § 553 Abs. 1 BGB verfolgten Zwecks des Erhalts einer Wohnung für den Mieter für dessen berechtigtes Interesse Anforderungen aufzustellen, die in dem ursprünglichen Mietverhältnis keine rechtliche Grundlage finden. Der Abschluss eines Mietvertrages verpflichte einen Mieter schließlich nicht, in der gemieteten Wohnung seinen Lebensmittelpunkt zu begründen. Vielmehr sei es seinen persönlichen Vorstellungen und seiner freien Entscheidung überlassen, wo er im herkömmlichen Sinne wohne. Es komme daher entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht darauf an, ob der Mieter auf die fortdauernde Nutzung der Wohnung aus beruflichen Gründen oder auf die Erzielung von Einnahmen aus der Untervermietung zwingend angewiesen sei. 

Der Bundesgerichtshof widersprach auch der vom Landgericht Berlin zum Teil vertretenen Auffassung, wonach das Interesse an der Erzielung von Untermieteinnahmen zum Erhalt mehrerer Mietobjekte angesichts der Wohnungsmarktlage in Berlin im Widerspruch zur geltenden Sozialordnung steht. Zwar treffe es zu, dass der Hauptmieter einer Wohnung bei teilweiser Untervermietung derselben nicht den gleichen rechtlichen Beschränkungen wie ein regulärer Vermieter unterliege. Die Untervermietung als solche sei jedoch im Bürgerlichen Gesetzbuch anerkannt; dass der Untermieter im Vergleich zum Hauptmieter einen geringeren Bestandsschutz genieße, beruhe auf entsprechenden gesetzgeberischen Wertentscheidungen. Die Frage, ob Konsequenzen, die sich daraus gesellschaftlich oder wohnungspolitisch ergeben, unerwünscht sind, sei im Grundsatz rechtspolitischer Natur und könne dem Mieter hier nicht entgegengehalten werden.


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