Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 439 / März 2024

„Das SEZ wird dringend benötigt“

Sanierung des Sport- und Erholungszentrums wäre möglich

Interview mit Carl Waßmuth von der Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand”

MieterEcho: Ihre Initiative hat für den Erhalt des Sport- und Erholungszentrums (SEZ) in Friedrichshain eine Unterschriftenkampagne initiiert. Warum wollen Sie das SEZ retten?

Carl Waßmuth: Das SEZ ist in seiner Grundkonstruktion noch voll erhalten. Ein Sport- und Freizeitzentrum ist angesichts des Wohnungsneubaus in der Umgebung dringend notwendig. Wir sind überzeugt, dass soziale Infrastruktur ein Gemeingut ist. Dazu gehören neben Schulen, Wasserversorgung und Krankenhäusern auch Sport- und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche. Das Land Berlin hat auf Einhaltung des Kaufvertrages geklagt. Der sah als Bedingung des Verkaufs  die Wiedereröffnung des Schwimmbades vor. Der Eigentümer hat das Gebäude mit  Zwischennutzungen ausgepresst, aber das Schwimmbad nie eröffnet. In privater Hand gibt es eben kein Interesse an Gemeingütern. Gut, dass die SPD unter Finanzsenator Matthias Kollatz vor Gericht gegangen ist. Nun bekommt das Land das SEZ zurück und will es selbst nicht mehr eröffnen, sondern abreißen. Warum?

Wegen einer Schule und weiteren dringend erforderlichen Wohnungen?

Wohnungen ohne soziale Infrastruktur? Zum Wohnen gehört auch ein Sport- und Freizeitangebot dazu. Familien, die es sich leisten können, fahren nach Bad Saarow in die Therme oder nach Brand zu Tropical Islands. Aber das können sich viele nicht leisten und ist auch weit außerhalb von Berlin. Berlin ist an Sport- und Freizeiteinrichtungen unterversorgt. Immer mehr Schwimmbäder schließen. Das SEZ wird dringend benötigt, und vor allem existiert es noch.

Aber der Senat spricht trotzdem davon, dass es abgerissen werden muss.

Ich bin Bauingenieur für Hochbau und konnte mich bereits zweimal persönlich davon überzeugen,  dass das Tragwerk noch voll intakt ist. Das SEZ hat eine geniale Konstruktion, die ist von außen auch weithin sichtbar. Durch die Glasfenster war das Tragwerk, obwohl eigentlich außen liegend, immer vor der Witterung geschützt. Es gibt auch keine Schadstoffbelastung durch Asbest. Sicher müssen die Fassade und der Innenausbau saniert werden. Aber das ist normal, und das bedeutet keinesfalls, dass das SEZ abrissreif wäre. Das ist eine politische Legende.

Warum hält man am Abriss fest?

Niemand weiß das so genau. Auch Abgeordnete halten das SEZ für abrissreif. Sie sehen draußen Graffiti, die maroden Treppen und den ungepflegten Außenbereich. Daraus schließen sie vom Gesamteindruck auf die Substanz. Dann hat es auch mit der heutigen Baupolitik und der Bauwirtschaft zu tun. Abreißen und neu bauen scheint ökonomischer, ist es aber nicht. Auch energetisch war das Gebäude, als es 1981 eröffnet wurde, europaweit einzigartig. Die Abwärme des Eisstadions wurde z.B. für das Schwimmbad genutzt, das ist eine große Wärmepumpe mit hohem Wirkungsgrad. Durch die Fenster hatte man im Winter Wärmegewinne. Ganz zu schweigen von der grauen Energie, die beim Abriss abgeschrieben werden müsste. So nennt man die Energiekosten, die beim Bau reingesteckt wurden und durch den Abriss vernichtet werden. 

Was würden Sie machen, wenn Ihnen der Senat das SEZ zur weiteren Entwicklung überließe?

Gute Frage, wir würden einen Bürgerbeteiligungsprozess starten und die Ideen der Menschen sammeln. Dazu würden wir eine Bauaufnahme machen und die Möglichkeiten der Räume untersuchen. Danach ein Sanierungs- und Ausbauprojekt erarbeiten und es den Berliner Bäderbetrieben zur Realisierung übergeben. Die könnten das sicher.  

Wie kann man dieses Vorhaben unterstützen?

Man kann unsere Petition „Rettet das SEZ” unterschreiben und am 20. März, dem Jahrestag der Eröffnung 1981, zu unserer Kundgebung vor dem SEZ kommen. Die Petition und Näheres zur Kundgebung findet man auf unserer Website. 

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Karin Baumert.

 

Carl Waßmuth ist Bauingenieur und Vorstandsmitglied des Vereins Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB). Der Verein tritt für die Bewahrung und umfassende Demokratisierung aller öffentlichen Institutionen ein, insbesondere der Daseinsvorsorge.

Website: www.gemeingut.org/rettet-das-sez


MieterEcho 439 / März 2024

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