MieterEcho 323/August 2007: Kampf um jeden Cent

MieterEcho

MieterEcho 323/August 2007

Quadrat MIETRECHT AKTUELL

Kampf um jeden Cent

Das gründliche Prüfen einer Mieterhöhung kann Geld sparen

Hermann Werle

Das Versenden von Mieterhöhungsverlangen gehört zum Geschäftsbetrieb von Vermietern. Für Mieter/innen sind sie höchst unerfreulich und verursachen unter Umständen schlaflose Nächte, da die finanzielle Mehrbelastungen irgendwo abgezwackt werden müssen. Das ist für viele Haushalte schmerzhaft in Zeiten sinkender Löhne, prekärer Beschäftigung und hoher Arbeitslosigkeit. Sich gegen Mieterhöhungen zu wehren und um jeden Cent zu kämpfen, kann sich deshalb nur lohnen.

Wie im letzten MieterEcho dargestellt wurde, stehen die Privatisierungen städtischer Wohnungsbaugesellschaften und die Entwicklungen des Berliner Mietspiegels in unmittelbarem Zusammenhang. Auf der einen Seite sind die privaten Investoren bemüht, Mieterhöhungspotenziale so weit wie möglich auszuschöpfen, auf der anderen Seite führt dieses Geschäftsgebaren dazu, dass die Mietspiegelwerte in vielen niedrigpreisigen Segmenten des Berliner Wohnungsmarkts überdurchschnittlich ansteigen. Es zeichnet sich eine Spirale ab, die darin besteht, dass von den Vermietern alle drei Jahre Mietpreissteigerungen um 20% durchgesetzt werden. Dies entspricht der Kappungsgrenze, also dem Rahmen, den das Bürgerliche Gesetzbuch zulässt. Durch die Entwicklung des Berliner Mietspiegels erhöht sich der Spielraum für Vermieter, Mieterhöhungen bis an die Kappungsgrenze durchzusetzen.

Weniger Service - optimierte Mieterträge

Wohnungsunternehmen wie die privatisierte GSW machen keinen Hehl daraus, dass das Ausschöpfen dieser Grenze Teil des profitablen Verwertungsgeschäfts ist. Dazu gehört die Abwicklung der letzten Service-Stellen der GSW, die durch eine kostensparende - permanent überlastete - Callcenter-Rufnummer ersetzt wurde. Und dazu gehört eine "neue Nähe zum Mieter", die sich in regelmäßigen Mieterhöhungsverlangen ausdrückt.

Bei "asset one", einer neu eingerichteten Abteilung der GSW, heißt es unter dem Motto "nah am Mieter", dass ein Teil der Aufgaben "in der Durchführung der Mietverwaltung mit dem Ziel der laufenden Optimierung der Mieterträge" besteht.

Diese Art der "Optimierung" ist der direkte Griff in die Geldbörse der Mieterschaft, weshalb jedes Mieterhöhungsverlangen sachkundig geprüft werden sollte. Die Berliner MieterGemeinschaft steht Ihnen hierbei mit direkter Beratung und Informationsblättern zur Seite. Auch wenn es scheinbar nur um einige Cent geht, lohnt sich die Auseinandersetzung. Denn 10 Cent/qm, können bei einer 70 qm großen Wohnung schon 84 Euro Ersparnis pro Jahr ausmachen.

Prüfung vor (Nicht-)Zustimmung

In der Regel gehört zur Durchsicht einer Mieterhöhung die Prüfung auf formale Mängel, der Einhaltung der Sperrfrist und der Kappungsgrenze sowie der Abgleich mit dem Mietspiegel. Ob die Mieter/innen dann zustimmen oder nicht, oder eventuell eine Teilzustimmung aussprechen, hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Wohnung mehr wohnwertmindernde oder mehr wohnwerterhöhende Merkmale aufweist. Diese sogenannte Spanneneinordnung ergibt sich aus den jeweiligen Mietspiegelfeldern, die neben dem Mittelwert, einen oberen und unteren Spannenwert angeben. Zu der Spanneneinordnung gehören die Merkmalgruppen, Bad/WC, Küche, Wohnung, Gebäude und das Wohnumfeld. Für die Überprüfung sollte man sich durchaus etwas Zeit nehmen und sich in Zusammenarbeit mit der Mieterberatung mit dem Mietspiegel und der eigenen Wohnung beschäftigen. Denn die Merkmale sind interpretationsfähig und klar ist, dass die Meinungen von Vermieter- und Mieterseite weit auseinander liegen können.

Schlappe für die GSW

Zum Beispiel sah die GSW in einem konkreten Fall einen Balkon mit 60 cm Breite als "nutzbar" an, weil sich darauf ein Wäscheständer platzieren ließe. Die Mieter/innen sahen das anders und wurden schließlich vonseiten des Amtsgerichts bestätigt. Zwar fände ein handelsüblicher Wäscheständer mit 55 cm Breite durchaus Platz, könnte aber kaum noch mit Wäsche behangen werden. Die Klage der GSW auf Zustimmung zur Mieterhöhung wurde zurückgewiesen. Die Mieter/innen können sich über 10 Euro monatliche Ersparnis freuen, während die GSW eine Schlappe kassierte und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hatte. Wie über die Nutzbarkeit eines Balkons kann auch über die Helligkeit einer Wohnung, das Vorhandensein von aufwendigem Stuck, den Zustand des Treppenhauses, das Wohnumfeld und viele andere im Mietspiegel aufgeführte Merkmale sehr kontrovers gestritten werden. Diesem Streit sollte nicht aus dem Weg gegangen werden, denn wer könnte die Wohnung, das Haus und das Wohnumfeld besser kennen und beurteilen als die Mieter/innen selbst.

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