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Mietrecht

Urteile

Zustimmung des Mieters zur Mietstrukturänderung und fehlende Abrechnung über die Betriebskosten

Ist zwischen den Mietparteien eine Bruttokaltmiete vereinbart und hat der Vermieter bei einer Mieterhöhung eine Nettokaltmiete zuzüglich eines Vorschusses auf die Betriebskosten ausgewiesen, dann wird durch Zustimmung des Mieters zu dieser Mieterhöhung eine Abänderung der Mietzinsstruktur dann nicht konkludent vereinbart, wenn der Mietzins seitdem unverändert bleibt und eine Abrechnung der Betriebskosten nicht erfolgt.

LG Berlin, Urteil vom 23.08.1999 – AZ 62.S.142/99 –

Vermieter und Mieter hatten im Mietvertrag eine Bruttokaltmiete vereinbart. In einer Mieterhöhung aus dem Jahre 1987 hatte der Vermieter erstmalig die Betriebskosten aus der "Grundmiete" herausgerechnet und gesondert ausgewiesen. Bis zum Jahre 1993 hat es eine Erhöhung der Betriebskosten nicht gegeben. Lediglich die "Grundmiete" wurde erhöht und vom Mieter zuzüglich der unverändert gebliebenen Betriebskosten gezahlt.

Im Jahre 1993 rechnete der Vermieter erstmals über die Betriebskosten des Jahres 1992 ab und erhöhte die Vorauszahlung. Der Mieter zahlte die erhöhten Vorschüsse nicht, sondern weiterhin die alte Miete. Im Jahre 1995 stimmte der Mieter wiederum ausschließlich einer Erhöhung der "Grundmiete" zu. Einen Monat später teilte er dem Vermieter mit, dass er weiterhin von einer Bruttokaltmiete ausgeht.

Mit der Klage verlangte der Vermieter die Nachzahlung aus einer Betriebskostenabrechnung. Er stellte sich auf den Standpunkt, der Mieter hat die Umstellung der Mietstruktur durch schlüssiges Handeln angenommen.

Das Gericht ging davon aus, dass zwischen den Parteien weiterhin eine Bruttokaltmiete vereinbart und demzufolge die Abrechnung von Betriebskosten nicht möglich ist. Es zweifelte bereits daran, ob in der Erklärung aus dem Jahre 1987 überhaupt ein Angebot auf Abänderung der Mietstruktur von einer Bruttokaltmiete auf Nettokaltmiete gesehen werden kann, welches der Mieter dann, durch schlüssiges Verhalten, angenommen hat. Nach Ansicht des Gerichts ist ein entsprechendes Angebot des Vermieters auch deshalb zweifelhaft, weil er sich im Anschluss daran bis zum Jahre 1993 widersprüchlich verhalten und weder über die Betriebskosten abgerechnet, noch die Vorschüsse erhöht hat. Unabhängig davon, ob überhaupt ein wirksames Angebot auf Abänderung der Mietstruktur vorgelegen habe, sei dieses vom Mieter nicht schlüssig angenommen worden. Nach Ansicht des Gerichts hat der Mieter keine Handlungen bzw. Zahlungen vorgenommen, die auf einen entsprechenden rechtsgeschäftlichen Willen schließen lassen. Auf die Mieterhöhungsverlangen aus dem Jahre 1987 und 1995 hat der Mieter lediglich einer Erhöhung der Grundmiete zugestimmt, ohne dass sich diese Erklärung auf die Betriebskosten oder die Mietstruktur bezogen hatte. Die Verwendung des Begriffes "Grundmiete" bedeutet nach Ansicht des Gerichts kein Einverständnis mit einer Änderung der Mietzinsstruktur. Der Mieter hatte auf die vom Vermieter vorgenommene Abrechnung der Betriebskosten und Erhöhung der Vorauszahlungen nicht reagiert und weiter die alte Miete gezahlt. Damit hat er gerade zum Ausdruck gebracht, dass er mit einer Vertragsänderung nicht einverstanden ist.

Im Gegensatz zu einem - ebenfalls vom Landgericht Berlin - entschiedenen Fall, in dem das Gericht in der widerspruchslosen mehrmaligen Zahlung der Abrechnungsbeträge und erhöhten Vorauszahlungen eine Zustimmung auf Abänderung der Mietzinsstruktur gesehen hat, liegt hier eine übereinstimmende Änderung der Mietzinsstruktur durch schlüssiges Verhalten nicht vor, weil beiderseitig übereinstimmende Konsequenzen gerade nicht gezogen worden sind. Die Klage des Vermieters wurde daher abgewiesen.

Mitgeteilt von Rechtsanwälten Gründt, Große, Dr. Tietzsch

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 277