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Mietrecht

Urteile

Zusammenfassung mehrerer Gebäude zu einer Wirtschaftseinheit bei Betriebskostenabrechnungen

Sofern vertragliche Abreden dem nicht entgegenstehen, ist der Vermieter preisfreien Wohnraums bei der Abrechnung der umlagefähigen Betriebskosten regelmäßig berechtigt, mehrere von ihm verwaltete und der Wohnnutzung dienende zusammenhängende Gebäude vergleichbarer Bauweise, Ausstattung und Größe zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen. Dies gilt auch dann, wenn nur hinsichtlich einiger Betriebskosten (hier: Heizkosten) ein unabweisbares technisches Bedürfnis für eine gebäudeübergreifende Abrechnung besteht.

BGH Karlsruhe, Urteil vom 20.10.2010 – AZ VIII ZR 73/10 –

Im Mietvertrag ist für die aufgeführten umlagefähigen Betriebskosten (mit Ausnahme von vier Positionen) eine Verteilung „nach qm ges.“ vereinbart. Bei den Abrechnungen wurden bei den Positionen Strom, Wasser, Entwässerung, Müllabfuhr, Hauswart, Versicherungen, Grundsteuer, Heizung und Feuerschutzanlagen nicht nur die für das Gebäude Nr. 59 angefallenen Kosten berücksichtigt, sondern die Gesamtkosten, die für die zusammenhängende Häuserzeile mit den Gebäuden Nr. 57, 59 und 61 angefallen sind. Alle drei Gebäude werden vom gleichen Vermieter vermietet. Die in den Gebäuden gelegenen Wohnungen sind hinsichtlich Ausstattung und Größe weitgehend baugleich. Auch die Gesamtwohnfläche der drei Gebäude unterscheidet sich nur geringfügig. Allerdings befinden sich auf dem Grundstück Nr. 61 zusätzlich 15 Garagen, deren Zugangsbereich nachts durchgehend beleuchtet ist. Die Garagen stehen den Mietern der drei Gebäude zur Verfügung. Die Häuserzeile wird über eine gemeinsame Heizungsanlage versorgt, die sich im Gebäude Nr. 57 befindet. Außer den Heizkosten werden auch die Gebühren für die Müllentsorgung und die Prämien für die Wohngebäude- und die Haftpflichtversicherung gemeinsam für die gesamte Häuserzeile erhoben. Die Grundsteuer wird dagegen für die einzelnen Grundstücke getrennt festgesetzt.

Der Vermieter fasste seit Jahren die drei Gebäude bei der Betriebskostenabrechnung zu einer Wirtschaftseinheit zusammen, ohne dass dagegen Widerspruch erhoben wurde. Erstmals 2009 widersprach ein Mieter den für die Jahre 2004 bis 2009 auf diese Weise erstellten Betriebskostenabrechnungen und forderte den Vermieter auf, die Betriebskostenvorauszahlungen für die Jahre 2006 und 2007 in Höhe von 2.760 Euro (nebst Zinsen) zurückzuzahlen und ordnungsgemäße Abrechnungen für die Jahre 2007 und 2008 zu erstellen. Außerdem verlangte er die Feststellung, dass er die laufenden Vorauszahlungen bis zur Erstellung der geforderten Betriebskostenabrechnungen oder zumindest solange zurückhalten dürfe, bis die geschuldeten Vorauszahlungen den von ihm geforderten Betrag in Höhe von 2.760 Euro erreicht hätten.
Das Amtsgericht hat seiner Klage bis auf den Feststellungsantrag stattgegeben. Das Landgericht hat auf die Berufung des Vermieters die Klage des Mieters insgesamt abgewiesen. Nach Feststellung des Landgerichts hatte der Mieter keinen Anspruch auf weitere Abrechnungen seiner Betriebskostenvorauszahlungen für die Jahre 2006 und 2007, da ordnungsgemäße Abrechnungen erteilt worden seien. Damit stehe dem Mieter auch kein Zurückbehaltungsrecht zu. Die erteilten Abrechnungen erfüllten die Anforderungen des § 259 BGB und enthielten die von der BGH-Rechtsprechung geforderten Angaben. Sie seien formell wirksam.
Der Umstand, dass der Vermieter nicht nur die auf das Gebäude Nr. 59 entfallenden Kosten, sondern die in der zusammenhängenden Häuserzeile Nr. 57, 59 und 61 entstandenen Gesamtkosten zugrunde gelegt hat, berühre die formelle Wirksamkeit nicht.

Durch die Angabe des Verteilerschlüssels und durch den Hinweis im Kopf der Abrechnung auf die Gebäude Nr. 57-61 sei offen gelegt worden, dass einheitlich über den gesamten Gebäudekomplex abgerechnet worden sei. Der Vermieter sei auch berechtigt gewesen, die Gebäude zu einer Wirtschaftseinheit zusammenzufassen. Hierbei sei unerheblich, ob sich diese Befugnis aus der Angabe im Mietvertrag „nach qm ges.“ oder aufgrund der lückenlosen und einheitlichen Bauweise ergebe.

Der Mieter verlangte mit der Revision die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts. Die Revision wurde vom BGH zurückgewiesen. Die Beurteilung des Landgerichts hielt der rechtlichen Nachprüfung stand. Nach Auffassung des BGH hängt die Möglichkeit einer umfassenden Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten nicht davon ab, dass bei sämtlichen Kostenpositionen eine gesonderte Abrechnung aus technischen Gründen unvermeidbar ist. Wenn der Mietvertrag keine Festlegung darüber enthalte, dass die Abrechnung der Betriebskosten gebäudebezogen zu erfolgen hat, sei die Befugnis des Vermieters zur Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten davon abhängig, ob die gesetzlichen Bestimmungen eine solche Abrechnung erlauben. Das sei im vorliegenden Fall zu bejahen.