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Mietrecht

Urteile

Vereinbarung einer pauschalen Mietminderung wegen Baumaßnahmen und dabei entstandener Mängel

Vereinbaren Mieter und Vermieter eine pauschale Minderung bis zur vollständigen Beseitigung einer Vielzahl von Mängeln, so gilt die vereinbarte Minderung bis zur Beseitigung des letzten der zum Zeitpunkt der Vereinbarung bekannten Mängel.

AG Neukölln, Urteil vom 08.10.2024 – AZ 17 C 180/24 –

Mitgeteilt von Rechtsanwältin Gudrun Zieschang

In einer im vierten Obergeschoss gelegenen Wohnung in Neukölln kam es in der Zeit von Mai 2020 bis Juli 2022 zu erheblichen Beeinträchtigungen durch den Ausbau des darüber gelegenen Dachgeschosses. Im größten der drei Zimmer entstanden drei Löcher in der Decke, auch in einem der beiden anderen Zimmer und im Flur kam es zu Beschädigungen der Decke, unter anderem später noch ein weiteres Loch von ca. 5 cm Durchmesser. Im Herbst 2020 drang Wasser durch die Decken und verursachte Wasser- und Schimmelflecken. In der gesamten Wohnung traten an der Decke Risse auf.

Neben weiteren Beeinträchtigungen während der Bauzeit (Lärm etc.) konnten die Mieter auch ihren Balkon nicht nutzen, zwischen Ende Oktober 2020 und Februar 2021 waren ihre Fenster mit einer undurchsichtigen Plastikplane verhängt. Nach einigem Schriftverkehr zur angemessenen Minderung schrieb die Hausverwaltung am 14. Mai 2021 unter anderem Folgendes an die Anwältin der Mieter, die zuvor in einem Schreiben die Mängel aufgelistet hatte: „Aus Kulanz und zur Vermeidung eines Rechtsstreits gewähren wir den Mietern nebst der bereits bestehenden Minderung …“ (10% seit Mai 2020) „… eine Minderung von 40% ab dem 1. August 2020 für alle bekannten Mängel bis zu deren Beseitigung. Die Beseitigung aller Mängel ist für den August 2021, vorbehaltlich ggf. entstehender Verzögerungen (…), geplant“. Die Mieter erklärten sich damit über ihre Anwältin einverstanden und passten ihre Mietzahlung entsprechend an. Erst im August 2023 wurden Risse in der Decke beseitigt; das ca. 5 cm große Loch in der Decke wurde jedoch erst am 2. Juli 2024 geschlossen.

Bereits am 24. Oktober 2023 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis wegen angeblicher Zahlungsrückstände. Ihre Räumungs- und Zahlungsklage wurde abgewiesen. Das Amtsgericht vertrat die Auffassung, dass die Minderung um 50% erst mit der Beseitigung des letzten Mangels, der Schließung des 5 cm großen Lochs in der Decke, endete. Durch das – von den Mietern angenommene – Angebot einer einheitlichen Minderungsquote für alle zu diesem Zeitpunkt bekannten Mängel wollte die Vermieterin gerade einem Rechtsstreit vorbeugen. Den beiden Parteien sei es darauf angekommen, „nicht jeden einzelnen Mangel hinsichtlich des Minderungswerts und -zeitraums aufzudröseln. (…) Diesem pauschalisierenden Charakter der Vereinbarung würde es aber dann wiederum zuwiderlaufen, wenn mit der Beseitigung einzelner Mängel dies zu einer Veränderung der Minderungsquote führen würde“. Solche Unklarheiten sollten mit der Vereinbarung gerade vermieden werden. Das Risiko der erheblichen Verzögerung bei der Beseitigung einzelner Mängel habe die Vermieterin zu tragen. Entsprechend verlor die Minderungsabrede entgegen der Auffassung der Vermieterin erst mit der Beseitigung des letzten Mangels ihre Gültigkeit. Mietrückstände bestanden daher nicht.


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