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Mietrecht

Urteile

Unzumutbare Härte bei Modernisierung nach Zustimmung zu vorherigen Modernisierungsmaßnahmen

Der Mieter muss eine Modernisierungsmaßnahme nicht dulden, wenn die zu erwartende Mieterhöhung in Anbetracht seiner Einkommensverhältnisse eine unzumutbare Härte darstellt und die Modernisierung nicht der Herstellung des allgemein üblichen Standards dient. Der Mieter kann sich auch dann auf eine unzumutbare Härte berufen, wenn er einigen zuvor angekündigten Modernisierungsmaßnahmen zugestimmt hat und die Miete in diesem Zusammenhang eine Höhe erreicht, die weitere Modernisierungen und Mieterhöhungen unzumutbar macht. Der Vermieter kann den Einwand der unzumutbaren Härte abwehren, indem er die aus der Modernisierung folgende Mieterhöhung beschränkt. Eine solche Beschränkung muss bereits in der Modernisierungsankündigung enthalten sein.

LG Berlin, Urteil vom 24.07.2008 – AZ 62 S 34/08 –

Die Vermieterin verlangte vom Mieter die Zustimmung zu mehreren Modernisierungsmaßnahmen, unter anderem die Veränderung der Trennwand zwischen Küche und Flur, das Installieren einer Einbauküche, die Erneuerung der Sanitärobjekte und Armaturen sowie den Einbau einer Trittschalldämmung. Bereits im Vorfeld hatte die Vermieterin mehrere Modernisierungsmaßnahmen angekündigt, denen der Mieter (teilweise) zustimmte. Das monatliche Nettoeinkommen des Mieters betrug durchschnittlich 1111 Euro. Nach Durchführung der genannten Modernisierungsmaßnahmen hätte sich die Miete um 190 Euro auf insgesamt 772,27 Euro monatlich (einschließlich aller Nebenkosten) erhöht.

Das Amtsgericht hat die Klage der Vermieterin auf Duldung der Modernisierungsmaßnahmen und der damit einhergehenden Mieterhöhung wegen unzumutbarer Härte abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Vermieterin wurde vom Landgericht Berlin zurückgewiesen.

Die Vermieterin hatte sich in der Berufungsbegründung auf den Standpunkt gestellt, dass mit den Modernisierungsmaßnahmen lediglich ein allgemein üblicher Zustand hergestellt werde. Außerdem habe sie dem Mieter (nachträglich) angeboten, die sich aus der Modernisierung ergebende Mieterhöhung zu beschränken. Schließlich vertrat sie die Ansicht, der Mieter habe die Unzumutbarkeit einer weiteren Mieterhöhung deshalb herbeigeführt, weil er den vorangegangenen Modernisierungsmaßnahmen zugestimmt habe. Nur aus diesem Grund habe die Miete eine Höhe erreicht, welche die streitgegenständliche Modernisierungsmaßnahme nunmehr unzumutbar mache.

Das Landgericht Berlin gelangte zu der Feststellung, dass die angekündigten Modernisierungsmaßnahmen für den Mieter eine unzumutbare Härte im Sinne des § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB darstellen und somit bei einer umfassenden Abwägung der Interessen der Vermieter- und der Mieterseite vom Mieter nicht zu dulden sind. Im Rahmen einer solchen Interessenabwägung sind die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die Höhe der Miete sei nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn die gemieteten Räume in einen Zustand versetzt würden, wie er allgemein üblich ist.

Nach Ansicht des Landgerichts sei allgemein anerkannt, dass bei einer Gesamtschau der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mieters keine Belastungsquote von mehr als 30% des zu berücksichtigenden Einkommens entstehen solle. So werde es beispielsweise als unzumutbar angesehen, wenn die Miete nach der Modernisierung mehr als die Hälfte des verfügbaren anzurechnenden Einkommens ausmache. Selbst wenn sich diese Ansätze nicht generalisieren ließen, müsse unter Berücksichtigung des monatlichen Einkommens des Mieters in Höhe von 1111 Euro und der nach der Modernisierung zu erwartenden Gesamtmiete in Höhe von 772,27 Euro davon ausgegangen werden, dass für den Mieter eine unzumutbare Härte gegeben sei. Der Mieter hatte sein Einkommen durch Vorlage von Einkommensteuerbescheiden belegt.

Das Landgericht ließ die Auffassung der Vermieterin nicht gelten, der Mieter habe wegen der Zustimmung zu den vorausgegangenen Modernisierungsankündigungen die Höhe der Mietzahlung „quasi hingenommen“ und könne sich aus diesem Grund nicht mehr auf eine finanzielle Härte berufen. Grundsätzlich könne ein Mieter bei Ankündigung von mehreren Modernisierungsmaßnahmen auswählen, für welche er bereit sei, mehr zu zahlen. Die Zustimmung zu bestimmten Modernisierungsmaßnahmen schneide ihm nicht den späteren Einwand einer finanziellen Härte ab.

Nach Ansicht des Landgerichts liegt es in der Risikosphäre des Vermieters, dass der Mieter bei Ankündigung mehrerer Maßnahmen einzelnen Maßnahmen zustimme und im Übrigen der Einwand einer unzumutbaren Härte durchgreife. Wolle man eine andere Rechtsauffassung vertreten, so müsse der Mieter grundsätzlich jeder Modernisierungsmaßnahme widersprechen, um sich später den Einwand einer finanziellen Härte zu erhalten. Es liege auf der Hand, dass dies nicht der gesetzlichen Interessenlage entspreche. Im Übrigen habe es der Vermieter letztlich selber in der Hand, durch Verzicht auf die eine oder andere Maßnahme eine finanzielle Härte für den Mieter abzuwenden.

Der vom Landgericht festgestellten finanziellen Härte stand auch nicht entgegen, dass die Vermieterin nachträglich eine Reduzierung der Mieterhöhung angeboten haben will. Auf die Frage, ob und in welchem Umfang dieses Angebot konkret erfolgt ist, kam es nach Ansicht des Landgerichts bereits deshalb nicht an, weil die ursprüngliche Modernisierungsankündigung eine solche Begrenzung der Mieterhöhung nicht erkennen ließ.

Die Berufung der Vermieterin wurde daher zurückgewiesen, mit der Folge, dass der Mieter die angekündigten Maßnahmen nicht dulden musste.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann

Anmerkung:
In der mündlichen Verhandlung wies das Landgericht darüber hinaus darauf hin, dass nach seiner Auffassung die angekündigte Trittschalldämmung keine Modernisierungsmaßnahme darstelle, da diese nicht zu einer Wohnwertverbesserung der Wohnung des Mieters führe, sondern allenfalls zu einer Verbesserung der darunter liegenden Wohnung. Da die Klage bereits aus den oben genannten Gründen abgewiesen wurde, kam es auf diesen Rechtsgedanken jedoch nicht mehr an.

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 331