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Mietrecht

Urteile

Unzulässige Preisabrede bei Vorkaufsrecht des Mieters

Die in einem Kaufvertrag über eine mit einem Vorkaufsrecht des Mieters belastete Eigentumswohnung zwischen dem verkaufsverpflichteten (Verkäufer) und dem Dritten (Erstkäufer) getroffene Abrede, wonach der Vorkaufsberechtigte (Mieter) einen höheren Preis zu bezahlen hat als der Erstkäufer, stellt einen in Bezug auf den höheren Preis unzulässige und deshalb insoweit unwirksame Vereinbarung zu Lasten Dritter dar. Das gilt auch dann, wenn der Erstkäufer – wie in der hier zu beurteilenden Preisabrede vorgesehen – den höheren Kaufpreis nur ausnahmsweise (unter bestimmten engen Voraussetzungen) zu entrichten hat, während der Vorkaufsberechtigte diesen bei Ausübung des Vorkaufsrechts stets schuldet.

BGH Urteil vom 23.02.2022 – AZ VIII ZR 305/20 –

Die Berliner Wohnung einer dort seit 2011 wohnenden Mieterin wurde im Jahr 2016 verkauft. Die Umwandlung des Mietshauses in Wohnungseigentumseinheiten war im Jahr 2015 erfolgt, weshalb der Mieterin bei diesem erstmaligen Verkauf nach Umwandlung ein Vorkaufsrecht zustand. Wie häufig bei derartigen Verträgen in den letzten Jahren enthielt der Kaufvertrag, den der Vermieter mit einer Kaufinteressentin schloss, zwei mögliche Kaufpreise. Bei Verkauf der unvermieteten Wohnung (also im Falle des Auszugs der Mieterin) oder bei Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Mieterin sollte der Preis 163.266,67 Euro betragen, bei Nichtausübung des Vorkaufsrechts durch die Mieterin und wenn diese als Mieterin in der Wohnung verbleiben würde, sollte der Kaufpreis für den Erstkäufer 10% niedriger (146.940 Euro) sein. Die Mieterin erklärte rechtzeitig die Ausübung ihres Vorkaufsrechts und bezahlte unter Vorbehalt der teilweisen Rückforderung den für sie geltenden höheren Kaufpreis von 163.266,67 Euro. Anschließend klagte sie auf Rückzahlung von 16.326,67 Euro. Das Landgericht Berlin gab ihrer Klage statt und verurteilte die Verkäuferin zur Zahlung. Die Berufung der Verkäuferin blieb beim Kammergericht ohne Erfolg, ebenso ihre Revision. Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts sei zwischen dem Verkäufer (Vermieter) und der Mieterin ein selbstständiger Kaufvertrag zu denselben Bedingungen neu begründet worden, wie er zwischen dem Vermieter und der Erstkäuferin abgeschlossen worden war. Der von der Mieterin nach diesem Vertrag geschuldete Kaufpreis habe lediglich 146.940 Euro betragen, da die Abrede in dem ursprünglichen Kaufvertrag, wonach unter bestimmten Bedingungen ein höherer Kaufpreis zu bezahlen sei, teilweise unwirksam sei. Es handelte sich bei dieser Teilabrede um eine unzulässige Vereinbarung zu Lasten Dritter. Ein solcher unzulässiger und damit unwirksamer Vertrag liege vor, wenn durch ihn unmittelbar eine Rechtspflicht eines am Vertrag nicht beteiligten Dritten – ohne seine Autorisierung – entstehen soll. Soweit sich der Vermieter und Verkäufer darauf berief, dass die vertragliche Vereinbarung lediglich dazu diene, der Vorkaufsberechtigten und dem Erstkäufer die im Ergebnis gleichen wirtschaftlichen Bedingungen zu gewähren (der Mieter als Vorkäufer erwirbt die Wohnung ohne die Belastung durch einen mit einem Dritten bestehenden Mietvertrag – könnte die Wohnung also nach Auszug als unvermietete Wohnung eventuell teurer verkaufen), nützte ihm dies nichts. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass nach Maßgabe des § 464 Abs. 2 BGB für den Vorkaufsberechtigten objektiv dieselben Bedingungen wie für den Erstkäufer zu gelten haben. Auch die Regelung im Kaufvertrag, wonach der Erstkäufer ebenfalls den höheren Kaufpreis hätte zahlen müssen, wenn der Verkäufer ihm innerhalb eines Monats nachgewiesen hätte, dass das Mietverhältnis mit der Mieterin beendet worden sei, ändere daran nichts. Denn weiterhin gelte nach dem Vertragstext, dass unter bestimmten Voraussetzungen (fortbestehende Vermietung) ausschließlich für den Erstkäufer ein niedrigerer Kaufpreis gelte, sodass teilweise unterschiedliche Konditionen für diesen und für die vorkaufsberechtigte Mieterin festgelegt seien. Die Mieterin erhielt daher die Differenz zwischen dem niedrigeren Preis und der von ihr verlangten und gezahlten Summe zurück.