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Mietrecht

Urteile

Unwirksamkeit einer Mieterhöhung mit Bezugnahme auf falsches Mietspiegelfeld (Wohnungsgröße)

Eine Klage auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung gemäß § 2 MHG ist unzulässig, wenn das vorausgegangene Erhöhungsverlangen in seiner Begründung von falschen Voraussetzungen ausgeht, die für eine Überprüfung zwingend notwendig sind.

AG Berlin Neukölln, Urteil vom 02.07.2001 – AZ 5 C 127/01 –

Zwischen Mieter und Vermieter bestand seit 25 Jahren ein Mietvertrag. Im Mietvertrag wurde die Wohnungsgröße als "mit 58,97 qm vereinbart" angegeben. Im Jahr 1993 nahm der Vater der jetzigen Vermieterin wegen des seinerzeit geltenden Mietpreisrechts für preisgebundenen Altbauwohnraum eine Vermessung der Wohnung vor. Bei dieser Vermessung brachte er eine Teilfläche doppelt in Ansatz, so dass die berechnete Gesamtfläche insgesamt 63,69 qm anstelle der tatsächlichen 58,97 qm betrug. Diese (fehlerhafte) Wohnungsgröße wurde in der Vergangenheit für mehrere Mieterhöhungen zugrunde gelegt und vom Mieter akzeptiert.

Mit Schreiben vom 14.12.2000 verlangte die Vermieterin vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttokaltmiete mit Wirkung ab dem 01.03.2001. Dem Erhöhungsverlangen war eine Wohnungsgröße von 61,01 qm zugrunde gelegt. Als maßgebliches Feld des Berliner Mietspiegels 2000 wurde das Feld "G2" bezeichnet. Mit der Klage begehrt die Vermieterin die Verurteilung des Mieters zur Zustimmung zu der mit Mieterhöhungsverlangen begehrten Mieterhöhung.

Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Es vertrat die Ansicht, dass ein wirksames Erhöhungsverlangen, welches die Zustimmungsfrist gemäß § 2 Absatz 3 Satz 1 MHG hätte auslösen können, nicht vorgelegen habe. Die Vermieterin habe in der Begründung des Erhöhungsverlangens unstreitig eine falsche Angabe zur Wohnungsgröße zugrunde gelegt. Die Wohnungsgröße sei sowohl für die Berechnung der Gesamtmiete als auch für die richtige Einordnung in das Mietspiegelfeld "E1" in den Berliner Mietspiegel 2000 von Bedeutung gewesen. An dieser Beurteilung ändere auch die in der Vergangenheit vom Mieter akzeptierte falsche Angabe der Wohnungsgröße nichts.

Das Amtsgericht führte weiter aus, dass für die formelle Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens die sachliche Richtigkeit der dem Erhöhungsverlangen zur Begründung zugrunde gelegten Tatsachen grundsätzlich nicht erforderlich sei. Dieser Grundsatz gelte jedoch nur insoweit, als es sich um ein für den Mieter offensichtliches und aus eigener Kenntnis ohne weiteres korrigierbares Versehen des Vermieters handele. Maßgebliches Beurteilungskriterium sei daher, ob der Mieter anhand der ihm in dem Erhöhungsverlangen mitgeteilten notwendigen Daten in die Lage versetzt werde, nachzuprüfen, ob die verlangte Mieterhöhung gerechtfertigt sei. Erfülle ein Mieterhöhungsverlangen diese Anforderungen nicht, könne es die Zustimmungsfrist des § 2 Absatz 4 MHG nicht auslösen. Das habe zur Folge, dass eine Klage auf Zustimmung unzulässig sei.

Nach Ansicht des Amtsgerichts werde der Vermieter im Rechtsstreit auch nicht in unzulässiger Weise mit überzogenen verfahrensrechtlichen Regelungen an der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche gehindert, wenn er sich zuvor nicht oder nicht mit der genügenden Sorgfalt über die tatsächlichen Voraussetzungen der Begründung seines Mieterhöhungsverlangens vergewissert habe. Ein Mieterhöhungsverlangen, das von falschen - zur Begründung der Erhöhung aber notwendigen - Voraussetzungen ausgeht und deshalb nicht prüfungsfähig ist, kann die Zustimmungsfrist nicht auslösen. Das Amtsgericht vertrat die Ansicht, dass der Mieter andernfalls mit einer Klage überzogen werden könne, deren Begründung nicht geeignet sei ihn in die Lage zu versetzen, sich über die Berechtigung schlüssig zu werden. Sei aber eine solche Überprüfung nicht möglich, komme es daher nicht mehr darauf an, ob sich die Mieterhöhung aus anderen Gründen im Ergebnis als zutreffend erweise.

Der fehlende Ablauf der Zustimmungsfrist war nach Ansicht des Amtsgerichts auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Mieter dem Erhöhungsbegehren im Prozess aus anderen Gründen widersprochen hatte. Der Vermieter könne bei einer ernstlichen und endgültigen Verweigerung des Mieters nur dann vor Ablauf der Zustimmungsfrist Klage erheben, wenn der Klage ein wirksames Erhöhungsverlangen vorausgegangen sei.

Mitgeteilt von Rechtsanwältin Petra Hannemann

Anmerkung:
Die Angabe eines falschen Mietspiegelfeldes allein führt nicht zur Unwirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens, wenn es sich dabei um ein für den Mieter offensichtliches und aus eigener Kenntnis ohne weiteres korrigierbares Versehen des Vermieters handelt.

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 290