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Mietrecht

Urteile

Unwirksamer (zeitlicher) Ausschluss des Kündigungsrechts

Das Recht eines Wohnraummieters auf Kündigung des Mietvertrags mit einer Frist von drei Monaten kann auch durch Individualvereinbarung nicht für bestimmte Zeit ausgeschlossen werden.
Es spricht vieles dafür, dass dieses Verbot auch bei Staffelmietvereinbarungen gilt, wenn kein qualifizierter Zeitmietvertrag geschlossen wurde.

AG Berlin Pankow-Weißensee, Urteil vom 08.01.2003 – AZ 100 C 492/02 –

Die Mietvertragsparteien stritten um die Frage, ob das Mietverhältnis durch eine Kündigung der Mieter mit einer Frist von drei Monaten beendet werden konnte. Die Mieter mieteten mit Vertrag vom 10.09.2001 (dass heißt nach Wirksamwerden der Mietrechtsreform) vom Vermieter die nunmehr im Streit befindliche Wohnung. In dem Mietvertrag ist unter anderem folgende Vereinbarung enthalten:

"Das Mietverhältnis beginnt am 01.10.2001. Der Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit und kann unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist, der für beide Vertragsteile verbindlich ist, gekündigt werden, jedoch erstmals zum 01.10.2005." Die Mieter haben das Mietverhältnis mit Schreiben vom 26.09.2002 zum 31.12.2002 gekündigt. Der Vermieter vertrat die Ansicht, die Kündigung sei (zumindest zu diesem Zeitpunkt) unwirksam und hat die Mieter auf Zahlung der über den 31.12.2002 hinausgehenden Mieten verklagt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es stellte zunächst fest, dass es sich bei dem Mietvertrag nicht um einen Zeitmietvertrag, sondern um ein auf unbestimmte Zeit geschlossenes Mietverhältnis handele. Das Amtsgericht wies darauf hin, dass der Abschluss eines Zeitmietvertrags nach der Mietrechtsreform nur noch unter den strengen Voraussetzungen des § 575 BGB möglich sei. Darüber hinaus vertrat es die Ansicht, dass die Kündigungsfrist gemäß § 573 c Absatz 1 BGB für den Mieter drei Monate betrage und von dieser Regelung gemäß § 573 c Absatz 4 BGB nicht zu Lasten des Mieters abgewichen werden dürfe. Dieses Verbot umfasse dem Wortlaut nach auch den zeitweiligen Ausschluss des Kündigungsrechtes.

Unabhängig von dem nach Ansicht des Amtsgerichts eindeutigen Wortlaut des § 573 c Absatz 4 BGB spreche selbst dann, wenn das Mietverhältnis nicht als Zeitmietvertrag anzusehen sei, die in dem § 575 BGB enthaltene Regelung dafür, dass ein befristeter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts nach dem Willen des Gesetzgebers unzulässig sein solle.

Dieser Auslegung stehe auch nicht die Vorschrift des § 557 a Absatz 3 BGB entgegen, nach der bei einem Staffelmietvertrag das Kündigungsrecht des Mieters höchstens für vier Jahre nach Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen werden dürfe. Nach Ansicht des Amtsgerichts spreche vieles dafür, dass es sich insoweit um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers gehandelt habe, der diesen Widerspruch des § 557 a Absatz 3 BGB (Kündigungsrecht darf nicht länger als vier Jahre ausgeschlossen werden) mit der Regelung des § 573 c BGB (eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Mieters ist unwirksam) nicht gesehen habe. Auf diesen Widerspruch und die Frage, ob der zeitweilige Ausschluss des Kündigungsrechts auch in Staffelmietverträgen wirksam vereinbart werden kann, kam es nach Ansicht des Amtsgerichts jedoch nicht an, da der streitgegenständliche Mietvertrag keine Staffelmietvereinbarung enthalte.

Aus diesem Grunde kam es auch nicht auf die vom Vermieter behauptete ursprüngliche Absicht der Mietvertragsparteien an, einen Staffelmietvertrag schließen zu wollen. Das Amtsgericht wies darauf hin, dass nach seiner Ansicht auch im Rahmen eines Staffelmietvertrags der zeitlich befristete Ausschluss des Kündigungsrechts unwirksam sei.

Abgedruckt in Grundeigentum, 2003, 593

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 300

Anmerkung:

Es gibt ein anderlautendes BGH-Urteil. Siehe "Weitergeltung von vor dem 01.09.2001 vereinbarten Kündigungsfristen" bzw. "Kündigungsfristen für Mieter bei vor dem 01.09.2001 geschlossenen Verträgen bleiben bestehen", BGH, Urteil vom 18.06.2003 - VIII ZR 240/02 -.