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Mietrecht

Urteile

Unwirksame Klausel zur Ausführung von Schönheitsreparaturen nach Vorgabe des Vermieters

Die formularmäßige Verpflichtung des Mieters, Decken und Oberwände auch während der Mietzeit zu „weißen“, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB unwirksam, da der Begriff „weißen“ bei der nach § 305c Abs. 2 BGB gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung jedenfalls auch dahin verstanden werden kann, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen in weißer Farbe vorzunehmen hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Juni 2008, AZ: VIII ZR 224/07).

BGH Urteil vom 23.09.2009 – AZ VIII ZR 344/08 –

Vermieter und Mieter stritten um die Durchführung von Schönheitsreparaturen. Im Mietvertrag heißt es unter anderem: „Die Schönheitsreparaturen trägt der Mieter. Der Verpflichtete hat die Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung regelmäßig und fachgerecht vornehmen zu lassen. Hat der Mieter die Schönheitsreparaturen übernommen, so hat er spätestens bis Ende des Miet- verhältnisses alle bis dahin – je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung – erforderlichen Arbeiten auszuführen. Die Schönheitsreparaturen umfassen insbesondere: Anstrich und Lackierungen der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen sowie sämtliche Holzteile, Versorgungs- leitungen und Heizkörper, das Weißen der Decken und Oberwände sowie der wischfeste Anstrich bzw. das Tapezieren der Wände.“
Der Mieter hatte keine Schönheitsreparaturen ausgeführt, weil er die Mietvertragsklausel für unwirksam hielt. Der Vermieter klagte gegen den Mieter auf Schadensersatz wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen. Das Amtsgericht Schöneberg hat die Klausel für wirksam gehalten und der Klage des Vermieters stattgegeben. Die Berufung des Mieters führte zur Abweisung der Klage des Vermieters. Der Vermieter legte gegen das Urteil Revision beim Bundesgerichtshof ein, blieb aber damit erfolglos.


Der Bundesgerichtshof stellt in seiner Entscheidung fest, dass der Mieter nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet war und aus diesem Grund auch nicht zum Schadensersatz verpflichtet sei. Bei der oben genannten Klausel handele es sich um einen Teil eines vom Vermieter verwendeten Formularmietvertrags und damit um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Der Bundesgerichtshof stellte unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung noch einmal klar, dass eine formularvertragliche Klausel, die den Mieter dazu verpflichte, die auf ihn abgewälzten Schönheitsreparaturen „in neutralen, hellen, deckenden Farben und Tapeten auszuführen“, unwirksam sei, wenn diese Verpflichtung nicht auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung beschränkt sei, sondern auch für laufende Schönheitsreparaturen während der Mietdauer gelte. Eine derartige Klausel benachteilige den Mieter unangemessen, weil sie ihn auch während der Mietzeit zur Ausführung in der vorgegebenen Farbwahl verpflichte und dadurch seinen persönlichen Lebensbereich unzumutbar einschränke. Für diese Einschränkung während der Mietzeit gebe es kein anerkennenswertes Interesse des Vermieters.
Diese Rechtsprechung sei vollständig auf den hier vorliegenden Fall übertragbar. Die im Mietvertrag enthaltene Klausel unterscheide nicht zwischen den laufenden Schönheitsreparaturen und der bei Rückgabe an den Vermieter fälligen Endrenovierung.
Der Vermieter konnte sich auch nicht mit der Auffassung durchsetzen, unter dem Begriff „weißen“ sei allgemein der Auftrag eines Farbanstrichs ohne besondere Farbwahl zu verstehen. Die Einholung eines sprachgeschichtlichen Sachverständigengutachtens sei bereits deshalb nicht erforderlich, weil die Auslegung vom Verständnishorizont eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden erfolgen müsse. Nach einer solchen Auslegung könne unter „weißen“ eben auch „weiß streichen“ verstanden werden, sodass es auf eine abweichende Deutung aus sprachwissenschaftlicher Sicht nicht ankomme. Da die Klausel zumindest mehrere Deutungsmöglichkeiten zulasse, sei sie gemäß § 305c Abs. 2 BGB und § 307 BGB in der für den Mieter günstigsten – zur Unwirksamkeit führenden – Weise auszulegen.
Zur Begründung der Revision hatte der Vermieter darüber hinaus angeführt, dass sich die Klausel nur auf die „Decken und Oberwände“ beziehe und nicht auf die Wände im Allgemeinen. Da eine Unterscheidung zwischen Wänden und Oberwänden nur bei einer Stuckleiste Sinn mache und es solche Stuckleisten in der Wohnung nicht gebe, betreffe die Verpflichtung nur die Decken. Hierfür gebe es jedoch ein schützenswertes Interesse, weil die „nicht weißen“ Farbanstriche zu einer Substanzverletzung der Stuckdecken führen würden.
Auch diesen Einwand wies der Bundesgerichtshof zurück. Eine unangemessene Einengung des Mieters in der Art der Ausführung von Schönheitsreparaturen habe die vollständige Unwirksamkeit der Vertragsklausel zur Folge. Eine teilweise Aufrechterhaltung oder inhaltliche Umgestaltung der unwirksamen Klausel komme nicht in Betracht. Ebenso wenig könne die Klausel in einen unwirksamen (die laufenden Schönheitsreparaturen betreffenden) und in einen wirksamen (die Endrenovierung betreffenden) Teil aufgespalten werden, ohne den Regelungszusammenhang vollständig zu zerstören. Da eine Trennung der Klausel in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil nicht möglich war, war der Mieter insgesamt nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet.