Logo Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Mietrecht

Urteile

Schimmelbildung in der Wohnung und Einbau neuer Fenster mit Isolierverglasung

Gelingt dem Vermieter der Nachweis, dass eine Wohnung frei von bautechnischen Mängeln ist und der Schimmelbefall auch sonst nicht aus dem Verantwortungs- und Pflichtenkreis des Vermieters herrührt, dann liegt die Ursache für den Mangel im Gefahrenkreis des Mieters, das heißt seinem unmittelbaren Einfluss und es ist Sache des Mieters, sich wegen dieser aus seinem Gefahrenkreis stammenden Ursachen zu entlasten. Der oben dargestellte Grundsatz ist jedoch zu modifizieren, wenn durch das Auswechseln alter Fenster in die vorhandene Bausubstanz eingegriffen wurde und sich aus diesem Grunde das Raumklima verändert. In diesem Falle wäre zumindest ein sachgerechter und präziser Hinweis des Vermieters auf die notwendigen Veränderungen im Heiz- und Lüftungsverhalten erforderlich.

LG Gießen, Urteil vom 12.04.2000 – AZ 1 S 63/00 –

Mieter und Vermieter stritten um die Zahlung eines Teils der Mietzinsen und die Kosten für das Privatgutachten eines Sachverständigen. Der Mieter hatte die Miete gemindert, weil sich im Laufe der Mietzeit Schimmel in der Wohnung gebildet hatte. Der Vermieter hatte daraufhin das Privatgutachten eines Sachverständigen angefordert, das zu dem Ergebnis kam, die Ursache liege nicht in der Bausubstanz, sondern im Lüftungsverhalten des Mieters. Der vom Gericht bestellte Sachverständige stellte fest, dass keine Nässe von außen in das Bauwerk eindringen konnte und sich darüber hinaus in dem Baukörper keine unzulässigen Wärmebrücken befinden. Der Sachverständige stellte darüber hinaus fest, dass durch den Einbau neuer Holzfenster mit Isolierverglasung ein bauphysikalischer Eingriff in die Wohnung vorgenommen wurde. Bei den neuen Fenstern handelt es sich um solche mit umlaufender Dichtung, die dem bisherigen natürlichen Feuchtigkeitsabbau durch vorhandene Undichtigkeiten (der alten Fenster) verringert hätten. Aus diesem Grunde hätte der Mieter sein bisheriges Lüftungsverhalten verändern müssen.

Das Amtsgericht hatte den Mieter antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung des Mieters hob das Landgericht Gießen das Urteil auf und wies die Klage ab. Es wies in seiner Urteilsbegründung auf folgende Zusammenhänge hin: Trete, wie im vorliegenden Falle, im Laufe der Mietzeit Schimmel in den Mieträumen auf, so liege darin (im Grundsatz) ein Mangel der Mietsache, ohne dass es zunächst auf die Ursache ankomme. Eine Haftung des Vermieters für den Mangel scheide nachdem im §324 BGB (alte Fassung) enthaltenen Rechtsgedanken jedoch dann aus, wenn der Mangel vom Mieter selbst zu vertreten sei. Das wäre bei einem Schimmelschaden z.B. dann der Fall, wenn der Mieter es unterlassen hätte, durch ausreichendes Heizen und Lüften in zumutbarer Weise dafür zu sorgen, die Schimmelbildung zu vermeiden. Den Beweis, dass die Schimmelbildung aus der Sphäre des Mieters stamme, müsse der Vermieter führen. Dieser Beweis sei dann geführt, wenn zur Überzeugung des Gerichts feststehe, dass die Wohnung frei von bautechnischen Mängeln sei und der Schimmelbefall auch nicht aus sonstigen Gründen aus dem Verantwortungsbereich und dem Pflichtenkreis des Vermieters herrühre. In einem solchen Falle liege die Ursache für den Mangel im Gefahrenkreis des Mieters, das heißt in einem Bereich, der seinem unmittelbaren Einfluss, seiner Herrschaft und Obhut unterliegt. Es sei dann Sache des Mieters, sich wegen der aus seinem Gefahrenkreis stammenden Ursachen zu entlasten.

Das Landgericht Gießen wies darauf hin, dass das erstinstanzlich eingeholte Gutachten eines Sachverständigen ergeben habe, dass von außen keine Nässe eindringe und der Baukörper nicht mit unzulässigen Wärmebrücken versehen sein. Den Feststellungen des Sachverständigen zufolge wäre der Schimmelschaden nicht eingetreten, wenn der Mieter nach dem Einbau der neuen Isolierglasfenster ausreichend gelüftet hätte. In diesem Zusammenhang vertrat das Landgericht Gießen die Ansicht, dass es zum Risikobereich des Vermieters gehöre, wenn sich durch das Auswechseln alter Fenster, also durch eine Änderung in der Bausubstanz die relative Luftfeuchtigkeit erhöhe und der Taupunkt dadurch auf den Außenwandbereich verlagert werde.

Das Landgericht wies darauf hin, dass der Vermieter nach dem Einbau moderner Fenster vom Mieter ein anderes Heizungs- und Lüftungsverhalten verlangen könne, denn richtiges Heizen und Lüften sei eine Grundvoraussetzung zur Vermeidung von Feuchtigkeitsschäden. Um diese Pflicht zu begründen, sei jedoch ein sachgerechter und präziser Hinweis des Vermieters auf die Anforderungen im veränderten Raumklima erforderlich. Das Landgericht vertrat die Ansicht, dass der Vermieter zu einem solchen Hinweis, der konkret auf die baulichen Schwachstellen der Wohnung bezogen sein müsse, bereits deshalb in der Lage sei, weil er sich auf die Sachkunde seines Architekten oder Fensterbauunternehmens berufen könne. Im vorliegenden Falle hatte der Vermieter unstreitig in keiner Weise auf die durch den Einbau der Fenster und das neue Raumklima geschaffene Notwendigkeit eines geänderten Heizungs- und Lüftungsverhaltens hingewiesen.

Mitgeteilt von Rechtsanwältin Petra Hannemann

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 292