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Mietrecht

Urteile

Rückforderung von Betriebskostenvorauszahlungen

Dem Mieter kann bei Beendigung des Mietverhältnisses im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen nur insoweit zugebilligt werden, als er während der Dauer des Mietverhältnisses nicht die Möglichkeit hatte, den Abrechnungsanspruch durch Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts an den laufenden Vorauszahlungen durchzusetzen.

BGH Urteil vom 26.09.2012 – AZ VIII ZR 315/11 –

Das Mietverhältnis endete im Jahr 2009. Der Vermieter hatte bis dahin über die Betriebskostenvorauszahlungen der Mieter für die Jahre 2002 bis 2004 noch nicht abgerechnet. Die Mieter klagten auf Rückzahlung der von ihnen für diese Jahre gezahlten Vorschüsse. Sie stützten sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach kann ein Mieter bei beendetem Mietverhältnis die Vorauszahlungen, über die der Vermieter nicht innerhalb der vorgeschriebenen zwölfmonatigen Frist abgerechnet hat, direkt zurückverlangen, ohne zunächst auf Abrechnung klagen zu müssen. Bei Fortdauer des Mietverhältnisses besteht ein solcher Anspruch des Mieters dagegen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, da der Mieter dann seinen Abrechnungsanspruch durch die Zurückbehaltung der laufenden Vorschüsse für Betriebskosten durchsetzen kann. Das Landgericht Detmold gab den Mietern Recht. Es vertrat insbesondere die Auffassung, dass der Anspruch der Mieter auf Rückzahlung der Vorschüsse für die Jahre 2002 bis 2004 nicht verjährt sei. Ein Anspruch auf Rückzahlung bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nämlich erst ab Beendigung des Mietverhältnisses, sodass die Verjährungsfrist hier erst Ende 2009 begonnen habe und noch nicht abgelaufen sei. Der Bundesgerichtshof folgte der Auffassung des Landgerichts nicht. Er stellte klar, dass der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung von Betriebskostenvorschüssen bei nicht fristgemäßer Abrechnung auch nach Beendigung des Mietverhältnisses auf die Abrechnungsperioden beschränkt ist, deren Abrechnungsfrist während des Mietverhältnisses noch nicht abgelaufen war. Wegen davor liegender Abrechnungsperioden sei der Mieter nicht schutzwürdig, da er während des laufenden Mietverhältnisses die Möglichkeit hatte, die laufenden Vorauszahlungen einzubehalten und damit auf den Vermieter Druck zur Erteilung der geschuldeten Abrechnungen auszuüben. Erst recht seien die Mieter nicht schutzwürdig, wenn sie ihren Abrechnungsanspruch – wie hier – bereits während des Mietverhältnisses verjähren ließen.


Anmerkungen:    

1. Der Anspruch auf Erteilung einer Betriebs-/Heizkostenabrechnung verjährt in drei Jahren nach Ablauf der Abrechnungsfrist. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ende des Jahres, in welchem der Anspruch entsteht (Beispiel: Abrechnungsperiode ist das Kalenderjahr 2011 – Ende  der Abrechnungsfrist 31. Dezember 2012 – Verjährung des Abrechnungsanspruchs 31. Dezember 2015).                         

2. Im laufenden Mietverhältnis steht Mieter/innen, wenn Vermieter bis zum Ende der Abrechnungsfrist nicht abrechnen, ein „Zurückbehaltungsrecht“ an den laufenden Vorschüssen zu. Mieter/innen können die Vorschüsse einbehalten, bis die geschuldete Abrechnung erteilt wird (Vorsicht: Sobald die Abrechnung eingeht, müssen die gesamten bis dahin zurückbehaltenen Vorschüsse sofort an den Vermieter gezahlt werden, anderenfalls entsteht ein Mietrückstand!). Daneben können Mieter/innen selbstverständlich Klage auf Abrechnung erheben.Was ist also zu tun, wenn Vermieter Abrechnungen im laufenden Mietverhältnis verspätet oder nicht erteilen?    

a) Zunächst sollte der Ablauf der zwölfmonatigen Abrechnungsfrist (beginnend ab Ende der Abrechnungsperiode) abgewartet werden. Der Ablauf dieser Frist ist für Mieter/innen vorteilhaft, da Vermieter dann eventuelle Nachforderungen nicht mehr geltend machen können, Guthaben jedoch weiterhin auszahlen müssen.    

b) Anschließend sollte anhand früherer Abrechnungen und der Höhe der Vorschüsse mithilfe unserer Rechtsberater/innen geklärt werden, ob im günstigsten Fall überhaupt mit einem Guthaben aus der noch ausstehenden Abrechnung gerechnet werden kann. Wenn Abrechnungen früherer Jahre mit hohen Nachzahlungen endeten, kann es empfehlenswert sein, die Sache auf sich beruhen zu lassen, anstatt auf dem Recht auf Abrechnung zu bestehen (und damit den „langsamen“ Vermieter zur künftig fristgerechten Abrechnung anzuhalten).    

c) Wenn ein Guthaben zumindest möglich erscheint, sollte der Vermieter „in Verzug gesetzt“ werden (auch hierbei helfen unsere Berater gerne). Nach  Ablauf der gesetzten Frist sollte auf Abrechnung geklagt werden. Das ist der Ausübung des „Zurückbehaltungsrechts“ vorzuziehen, um möglicherweise jahrelangen nervenaufreibenden Schriftverkehr mit dem Vermieter wegen angeblicher Mietrückstände zu vermeiden und zügig Klarheit zu schaffen.                

    

3. Bei beendetem Mietverhältnis können Mieter/innen die gezahlten Vorschüsse zurückverlangen, wenn die Abrechnungsfrist nach Beendigung des Mietverhältnisses verstrichen ist. Beispiel: Es wird nach Kalenderjahren abgerechnet und das Mietverhältnis endete am 31. Dezember 2011. Der Vermieter erteilt bis zum 31. Dezember 2012 keine Abrechnungen für die Jahre 2009 bis 2011. Mieter/innen können vom Vermieter die für 2010 und 2011 gezahlten Vorschüsse zurückverlangen (da die Abrechnungsfrist für 2010 erst am 31. Dezember 2011, für 2011 erst am 31. Dezember 2012 endete, konnten sie während des Mietverhältnisses noch nicht von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen). Hinsichtlich für 2009 (oder frühere Jahre) gezahlten Vorschüsse ist das nicht möglich, da die Mieter/innen ab Januar 2011 die laufenden Vorschüsse hätten einbehalten können. Allerdings können sie weiterhin die Abrechnung der für 2009 gezahlten Vorschüsse verlangen und auch gerichtlich durchsetzen. Dabei ist jedoch auf die Verjährung dieses Abrechnungsanspruchs zu achten (hier: am 31. Dezember 2013).