Logo Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Mietrecht

Urteile

Rückforderung überzahlter Miete bei Übernahme der Wohnkosten durch staatliche Stellen

Bezieht ein Wohnraummieter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe des SGB II, geht ein auf Rückerstattung überzahlter Miete gerichteter Bereicherungsanspruch gegen den Vermieter unter den Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf den Sozialleistungsträger über.

BGH Urteil vom 05.06.2024 – AZ VIII ZR 150/23 –

Der Mieter einer Wohnung in Köpenick verlangte von seiner Vermieterin die Rückzahlung überzahlter Mieten für den Zeitraum von September 2018 bis Juni 2020. Zum einen hatte er festgestellt, dass die vereinbarte und gezahlte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als das Doppelte überstieg. Zum anderen war die Wohnung einige Zeit wegen eines Wasserschadens nicht nutzbar und nach seiner Auffassung die Miete entsprechend vollständig gemindert. Die Miete für die Wohnung zahlte in dem betreffenden Zeitraum das Jobcenter. Das Amtsgericht Köpenick verurteilte die Vermieterin in erster Instanz zur Rückzahlung überzahlter Mieten in Höhe von rund 11.000 Euro an den Mieter. Während des Verfahrens bat die Rechtsanwältin des Mieters das Jobcenter mehrfach vergeblich darum, die – auf dieses übergegangenen – Ansprüche an den Mieter zurückzuübertragen.

Auf die Berufung der Vermieterin wies das Landgericht Berlin (Zivilkammer 64) die Klage des Mieters ab. Die Revision des Mieters hatte keinen Erfolg, der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil des Landgerichts: Nach § 33 Abs.1 Satz 1 SGB II gingen Ansprüche von Personen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, gegen andere Personen, die nicht Leistungsträger sind, in der Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Träger der Sozialleistungen über, wenn bei rechtzeitiger Leistung der anderen Person Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären. Dies träfe hier zu: Bei rechtzeitiger Rückerstattung der überzahlten Miete durch die Vermieterin wären die Sozialleistungen in gleicher Höhe nicht erbracht worden. Vielmehr hätte sich der Mieter diese Beträge zur Deckung seines Bedarfs anrechnen lassen müssen. Dem stünde auch nicht entgegen, dass sich das Jobcenter weder selbst um die Rückerstattung dieser überzahlten Beträge von der Vermieterin gekümmert, noch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, die Ansprüche zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung an den Kläger zurückzuübertragen. Dies betreffe nämlich „ausschließlich den Verwaltungsvollzug, berührt jedoch nicht die Voraussetzung des gesetzlichen Anspruchsübergangs auf den Leistungsträger“ .

Anmerkung: Die Entscheidung ist nach der gesetzlichen Regelung im SGB II zweifellos zutreffend, wenn auch im Ergebnis ärgerlich. Da die Jobcenter sich regelmäßig nicht darum kümmern (können/wollen), überhöhte Mieten oder Minderungsbeträge von Vermietern zurückzufordern oder diese Ansprüche wenigstens auf die Mieter/innen (zurück) zu übertragen, wird es Vermietern erleichtert, gerade von bedürftigen Menschen extrem überhöhte Mieten zu verlangen oder Mängelbeseitigungen ohne finanzielles Risiko hinauszuzögern. Es kann daher insbesondere Mieter/innen, deren Wohnkosten von staatlicher Stelle übernommen werden, nur geraten werden, bei auftretenden Mängeln zeitnah die Beseitigung derselben gerichtlich durchzusetzen. Die Geltendmachung einer Minderung kann ihnen dagegen nicht selbst zugutekommen.