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Mietrecht

Urteile

Rechtzeitigkeit des Zugangs einer Betriebskostenabrechnung

Der Vermieter hat den verspäteten Zugang der Betriebskostenabrechnung beim Mieter nach Ablauf der Jahresfrist gemäß § 556 Absatz 3 BGB nicht zu vertreten, wenn er diese rechtzeitig - hier am 19.12.2003 - zur Post gibt.

AG Berlin Mitte, Urteil vom 27.04.2005 – AZ 17 C 517/04 –

Vermieter und Mieter stritten um die Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung und die Pflicht des Mieters zur Zahlung des sich daraus ergebenden Abrechnungsbetrags. Der Vermieter hatte die Betriebskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2002 am 19.12.2003 zur Post gegeben. Die Abrechnung war dem Mieter erst in der zweiten Januarwoche 2004 zugegangen. Der Mieter vertrat die Auffassung, dass der Vermieter gemäß § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen sei, eine Nachforderung geltend zu machen, weil die Jahresfrist zur Abrechnung über die Betriebskosten nicht eingehalten wurde. Weitere Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung gab es nicht.

Das Amtsgericht hat den Mieter antragsgemäß zur Zahlung des sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Abrechnungsbetrags verurteilt. Es vertrat die Ansicht, dass der Vermieter nicht von der Geltendmachung der Nachforderung ausgeschlossen sei. Im Anschluss an die Durchführung einer Beweisaufnahme stand nach Ansicht des Gerichts fest, dass die an den Mieter adressierte Abrechnung am 19.12. 2003 in den Briefkasten eingeworfen wurde. Irgendwelche Zweifel an den diesbezüglichen Zeugenaussagen der Mitarbeiter der zuständigen Hausverwaltung hatte das Gericht nicht.

Aus diesem Grund war nach Ansicht des Amtsgerichts die Frist des § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB, nach der die Abrechnung spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen sei, gewahrt. Bei der Abrechnung handele es sich zwar nicht um eine empfangsbedürftige Willenserklärung im Sinne des § 130 BGB, diese sei jedoch dem Mieter grundsätzlich innerhalb der Abrechnungsfrist mitzuteilen.

Im vorliegenden Fall habe der Vermieter den verspäteten Zugang beim Mieter jedoch nicht zu vertreten. Nach Ansicht des Amtsgerichts konnte der Vermieter nicht damit rechnen, dass bei Einwurf am 19.12.2003 der Brief erst in der zweiten Januarwoche 2004 zugehen würde. Er habe sich vielmehr darauf verlassen dürfen, dass der Zugang der Betriebskostenabrechnung innerhalb der üblichen Brieflaufzeiten gewährleistet sei. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass den anderen Mietern die Betriebskostenabrechnung per Boten zugestellt wurde, diese Art der Zustellung im vorliegenden Fall jedoch nicht zumutbar gewesen sei, weil der Mieter nach Bremen verzogen war.

Nach Ansicht des Amtsgerichts trug der Vermieter lediglich das Risiko, dass überhaupt eine Zustellung des Briefs erfolgt. Im Übrigen habe er mit der Aufgabe am 19. Dezember die erforderliche Sorgfalt in Bezug auf die Rechtzeitigkeit des Zugangs der Betriebskostenabrechnung gewahrt. Auch vor den Weihnachtsfeiertagen habe der Vermieter nicht mit längeren Postlaufzeiten rechnen müssen, da dem erhöhten Postaufkommen von Seiten der Post regelmäßig mit einer erhöhten Zahl von Aushilfskräften begegnet werde. Insoweit müsse von einer regelmäßigen Zustellung innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden.

Vorsorglich wies das Amtsgericht darauf hin, dass dem Vermieter auch nicht ein eventuelles Verschulden der Post gemäß § 278 BGB zuzurechnen sei. Die Post sei insoweit lediglich "Übermittlungsstelle" und nicht Erfüllungsgehilfe des Vermieters. Im Übrigen sei auch ein Verschulden der Postbediensteten bei der Zustellung nicht anzunehmen. Da weitere Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung nicht vorgebracht waren, wurde der Mieter antragsgemäß verurteilt.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Henrik Solf

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 313