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Mietrecht

Urteile

Neuberechnung der Wohnfläche

Eine nachträgliche Neuberechnung der Wohnfläche rechtfertigt grundsätzlich keine einseitige Mieterhöhung des Vermieters.
Behält der Arbeitgeber, der zugleich der Vermieter einer Werkdienstwohnung ist, den unberechtigten Erhöhungsbetrag vom Lohn ein, so liegt zumindest dann keine konkludente Zustimmung des Mieters zu einer Änderung der Miethöhe durch "Zahlung" vor, wenn der Mieter widerspricht.

AG Berlin Wedding, Urteil vom 01.11.1996 – AZ 16 C 231/96 –

Die Vermieterin vermietete an ihren Angestellten eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Werkdienstwohnung. Im Mietvertrag vereinbarten die Parteien eine Wohnfläche von 71,93 qm, die sie bei einer vereinbarten Nettomiete in Höhe von 13,50 DM/qm der Gesamtmiete in Höhe von DM 971,06 zugrunde legten. Nach einer Überprüfung aller im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben eingereichten Unterlagen legte die Investitionsbank Berlin als endgültige Wohnfläche 77,56 qm fest. Die Wohnflächenberechnung wurde dem Mieter nicht überreicht.

In einem Schreiben vom Februar 1995 teilte die Vermieterin dem Mieter mit, dass der tatsächliche Mietzins aufgrund der von der Investitionsbank Berlin nach Prüfung der Unterlagen anerkannten und festgesetzten Wohnfläche nunmehr DM 1.047,06 beträgt und forderte ihn auf, rückwirkend seit Mietvertragsbeginn die Miete nachzuzahlen. Zugleich behielt sie den erhöhten Mietzins vom Lohn des Mieters ein.

Der Mieter widersprach der Veränderung der Wohnfläche mit Schreiben vom 15. Juni 1995. Mit Schreiben vom 27. Juni 1995 erklärte die Vermieterin eine Mieterhöhung wegen Verringerung der Fördermittel und legte für die Berechnung die größere Wohnfläche zugrunde. Gegenüber dem Mieter teilte sie mit, die Erhöhung erfolge aus verwaltungstechnischen Gründen auf der Grundlage der größeren Wohnfläche. Sie bitte daher unabhängig von dem gegenwärtigen Streit um die Wohnungsgröße um Zustimmung zur Mieterhöhung. Der Mieter verlangte mit seiner Klage die Rückzahlung des zuviel einbehaltenen Mietzinses und die Feststellung, daß die Wohnungsgröße nicht 77,56 qm sondern 71,93 qm beträgt.

Das Amtsgericht hat der Klage des Mieters stattgegeben. Da vertraglich eine Wohnungsgröße von 71,93 qm vereinbart wurde, war der Mieter nach Ansicht des Amtsgerichts lediglich verpflichtet, eine Nettomiete in Höhe von DM 971,06 zu zahlen. Die von der Vermieterin herangezogene neue Wohnflächenberechnung rechtfertigte nicht die Erhöhung des Mietzinses. Das Amtsgericht vertritt den Standpunkt, dass es für eine einseitige Mieterhöhung aufgrund einer neu ermittelten Wohnfläche keinerlei rechtliche Grundlage gibt. Die Vermieterin hat sich auch nicht durch vertragliche Regelung im Mietvertrag diese Möglichkeit offengehalten. Im Übrigen ist die Wohnflächenneuberechnung für den Mieter nicht nachvollziehbar, da die Vermieterin sie nicht näher erläutert hat. Soweit die tatsächlich ermittelte Wohnfläche zu einer Änderung des Mietzinses berechtigen soll, muss dies durch eine entsprechende vertragliche Regelung ausdrücklich vorbehalten werden.

Eine vertragliche Abänderung der vereinbarten Wohnfläche kam zwischen Vermieter und Mieter nicht zustande.

Die Unterschrift der Mieter unter das Mitteilungsschreiben vom 28. Februar 1995 stellt nach Ansicht des Amtsgerichts keine vertragliche Abänderung der vereinbarten Wohnfläche dar, da es sich um einen bloßen Kenntnisnahmevermerk gehandelt hat.

Auch durch die "Zahlung" der erhöhten Miete hat der Mieter nicht konkludent die Zustimmung zu einer vertraglichen Abänderung erteilt. Dies folgt nach Ansicht des Amtsgerichts bereits daraus, daß die Vermieterin zugleich auch Arbeitgeberin des Mieters war und die Miete trotz Widerspruchs des Mieters eigenmächtig vom Arbeitslohn einbehalten habe.

Schließlich konnte auch die Zustimmung des Mieters zu einer Mieterhöhung um 0,75 DM/qm nicht als Vereinbarung zur Änderung der Wohnungsgröße gewertet werden. Die Zustimmung betraf lediglich die Mieterhöhung um 0,75 DM/qm; die streitige Wohnflächenberechnung sollte davon gerade nicht erfasst sein. Die Vermieterin hatte ausdrücklich die Zustimmung zur Mieterhöhung "unabhängig von einer gerichtlichen bzw. außergerichtlichen Klärung " und zwar "aus verwaltungstechnischen Gründen" auf der Grundlage der neuen Wohnungsgröße verlangt.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Roland Anderson

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 269