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Mietrecht

Urteile

Minderung wegen erhöhter Bleikonzentration im Trinkwasser

Überschreitet die Bleikonzentration im Trinkwasser einer Wohnung den seit 2013 geltenden Grenzwert um das etwa Vierfache, ist die Miete um 10% gemindert. Besteht der Mangel nach teilweisem Austausch der Wasserrohre nur noch in der Gästetoilette, ist weiterhin eine Minderung um 2% gerechtfertigt.

LG Berlin, Beschluss vom 30.08.2021 – AZ 66 S 30/21 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann

Die Bewohner/innen einer im Jahr 2006 angemieteten Wohnung in Kreuzberg wurden im Sommer 2019 durch einen Zeitungsbericht darauf aufmerksam, dass in vielen Altbauten noch giftige Bleileitungen vorhanden sind. Aus Sorge um ihre eigene Gesundheit und insbesondere um die Gesundheit ihrer kleinen Kinder ließen sie daraufhin eine Fachfirma Wasserproben entnehmen und untersuchen. Das Ergebnis zeigte, dass der seit 2013 gültige Grenzwert von 0,01 mg Blei pro Liter um mehr als das Vierfache überschritten wurde. Mit Schreiben vom 21. August 2019 forderten sie daraufhin den Vermieter zum Austausch der vorhandenen Bleileitungen bis zum 2. Oktober 2019 auf und kündigten eine Minderung wegen dieses Mangels an. Der Vermieter ließ die bleihaltigen Leitungen (außer im Bereich der Gäste-toilette mit Waschbecken) zwischen dem 25. und 28. November 2019 austauschen; im Bereich der Gästetoilette erfolgte der Austausch erst am 12. und 13. Oktober 2020. Die Mieter/innen verlangten sodann die Rückzahlung überzahlter Miete für den Zeitraum ab 1. Dezember 2013 (Inkrafttreten des genannten Grenzwerts). Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg teilte die Auffassung der Mieter/innen zur Höhe der angemessenen Minderung: 10% ab 1. Dezember 2013 bis einschließlich November 2019 und 2% für die Zeit ab 1. Dezember 2019 bis 13. Oktober 2020. Es verurteilte den Vermieter zur Zahlung von insgesamt 6.571,17 Euro. Der Vermieter legte gegen das Urteil Berufung ein. Mit seinem Hinweisbeschluss vom 30. August 2021 wies das Landgericht Berlin darauf hin, dass es beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. In seiner Begründung führte es zudem aus, dass die vom Amtsgericht festgelegten Minderungsquoten nicht zu beanstanden seien. Auch komme es entgegen der Auffassung des Vermieters nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Kläger in der Wohnung tatsächlich geduscht, gebadet sowie das Leitungswasser zum Kochen und Zähneputzen genutzt hätten. Entscheidend sei, „ob die ausreichend konkrete Gefahr besteht, dass die Bewohner mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen rechnen müssen, so dass Anlass besteht, eine Gesundheitsgefährdung durch die Nutzung der Räume zu befürchten“ . Es sei dagegen nicht erforderlich, „dass eine Gesundheitsgefährdung mit Sicherheit feststeht, sondern es genügt, wenn eine solche nicht ausgeschlossen werden“ könne. Dies sei bei einer Überschreitung von anerkannten Grenzwerten regelmäßig anzunehmen und zwar unabhängig davon, ob sich die mit der erhöhten Bleikonzentration verbundene Gefahr bereits realisiert habe. Die Minderung scheide entgegen der Auffassung des Vermieters auch nicht für die Zeit vor der Mängelanzeige (2019) aus. Darauf, wann dem Vermieter und den Mietern der Mangel bekannt geworden sei, komme es hier nicht an, da er unstreitig vorhanden gewesen ist. Die Minderung trete in diesem Fall kraft Gesetzes ein. Die Mieter/innen hatten demnach zu Recht Rückzahlungsansprüche ab Dezember 2013 geltend gemacht.