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Mietrecht

Urteile

Minderung der Miete wegen starken Kakerlaken-Befalls und Schadensersatz für beschädigtes Eigentum nach Wasserschaden

Ist eine Wohnung derart von Kakerlaken befallen, dass sich pro Tag und Zimmer bis zu 30 Kakerlaken in den aufgestellten Fallen finden und die Tiere auch tagsüber durch die Wohnung und sogar über Geschirr und Tische laufen, ist eine Minderung der Miete um mindestens 70% gerechtfertigt.
Steht nach einem Wasserrohrbruch der Keller des Hauses unter Wasser und wird zunächst von der Feuerwehr, dann vom Vermieter der Zutritt untersagt, muss der Vermieter dem Mieter den Schaden, der an dessen im Keller gelagerten Eigentum entsteht, ersetzen, wenn er das Wasser nicht unverzüglich entfernt.

AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 06.11.2013 – AZ 15 C 60/13 –

Im Frühsommer 2011 kam es im Keller eines Wohnhauses zu einem großen Wasserschaden. Zunächst verbot die Feuerwehr für zwei Wochen den Zutritt zum Keller, da Stromschlaggefahr bestand, danach untersagte die Vermieterin per Aushang den Zutritt zum Keller bis September 2011. Um die Beseitigung des Wassers kümmerte sich die Vermieterin nicht, vielmehr öffnete sie nur ein Kellerfenster. Ab Herbst 2011 nahmen die Mieter/innen einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung, deren Balkon sich direkt über dem offenen Kellerfenster befindet, Kakerlaken in ihrer Wohnung wahr. Sie meldeten dies sogleich der Vermieterin. Trotz des Einsatzes von Kammerjägern hielt der Kakerlaken-Befall in Keller und Wohnung jedoch bis ins Frühjahr 2013 an. Täglich mussten bis zu 30 Kakerlaken pro Zimmer aus den aufgestellten Fallen geholt werden, auch tagsüber liefen Kakerlaken durch die Wohnung, über die Möbel und sogar über das Geschirr der Mieter/innen. Die Mieter/innen minderten die Miete um bis zu 50%; außerdem verlangte einer der Mieter/innen von der Vermieterin Schadensersatz, da er wegen der langen Sperrung des Kellers einen Koffer mit Kleidung nicht retten konnte, sodass diese durch das im Keller stehende Wasser unbrauchbar wurde. Die Vermieterin verklagte die Mieter/innen auf Zahlung der geminderten Beträge, die Mieter/innen klagten im Gegenzug auf Schadensersatz. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg wies die Klage der Vermieterin ab und vertrat die Auffassung, dass die Mieter/innen wegen des Kakerlaken-Befalls die Miete sogar um mindestens 70% hätten mindern können. Die Tauglichkeit der Wohnung sei in der fraglichen Zeit zumindest erheblich gemindert, eventuell sogar völlig aufgehoben gewesen. Gleichzeitig sprach das Gericht dem Mieter Schadensersatz – wenn auch nicht in der geltend gemachten Höhe – zu. Es wäre nach Auffassung des Gerichts die Pflicht der Vermieterin gewesen, den eingetretenen Wasserschaden umgehend zu beseitigen, also das Wasser abzupumpen und den Keller mit technischen Mitteln trockenzulegen. Das Amtsgericht hielt es für unerheblich, woher der Wasserschaden stamme, vielmehr liege das Verschulden der Vermieterin in der Nichtentfernung des Wassers.
Anmerkung: Sie sollten nie auf eigene Faust, das heißt ohne anwaltliche Beratung in unseren Beratungsstellen die Miete mindern. Insbesondere bei der Höhe der angemessenen Minderung kommt es jeweils auf den konkreten Einzelfall an. Fälle wie dieser, in welchen ein Ungezieferbefall so stark ist, dass die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung nahezu aufgehoben und dementsprechend eine mehr als 50%ige Minderung gerechtfertigt ist, dürften (glücklicherweise) selten sein. Auch die Geltendmachung von Schadensersatz nach Beschädigung von Mietereigentum (z. B. durch Wasserschäden) gelingt leider nur in den seltensten Fällen: Schadensersatzpflichtig ist der Vermieter nur dann, wenn Sie ihm Verschulden nachweisen können. Das Verschulden besteht nicht bereits im Schadenseintritt (z. B. Wasserrohrbruch), sondern in anschließender Unterlassung (z. B. keine oder unzureichende Trockenlegung). Sie sollten sich gegen derartige Schäden durch Abschluss einer Hausratversicherung absichern. Zudem sollten Sie genau überlegen, welche Gegenstände Sie in einem Keller lagern, da dort ein erhöhtes Risiko der Beschädigung und auch eines Einbruchdiebstahls besteht. Im Schadensfall ist es zumeist nicht leicht, den erforderlichen Nachweis zu führen, dass die beschädigten oder abhanden gekommenen Gegenstände zum fraglichen Zeitpunkt überhaupt im Keller
gelagert waren und den angegebenen Wert hatten.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Burkhard Draeger