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Mietrecht

Urteile

Mietpreisbremse und Rückforderung überzahlter Mieten

Ist einer Vermieterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Berlin in einem Vorprozess bezüglich überhöhter Mieten gemäß § 556d ff. BGB bereits bekannt, dass sie zur Rückzahlung verpflichtet ist und weigert sie sich auf entsprechende Aufforderung der Mieterin dennoch, weitere – in dem Prozess noch nicht streitgegenständliche – Mieten zurückzuzahlen, so muss sie der Mieterin die für die außergerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten ersetzen.

LG Berlin, Beschluss vom 10.05.2021 – AZ 65 S 335/20 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Gerd-Peter Junge

Die Mieterin einer Wohnung in Neukölln rügte mit Schreiben an ihre Hausverwaltung vom 24. Januar 2018, dass die mit Mietvertrag vom 10. Mai 2017 vereinbarte Miete in Höhe von 900 Euro gemäß § 556d ff. BGB („Mietpreisbremse“) um 388,24 Euro monatlich überhöht sei. Da die Rüge erfolglos blieb, erhob sie Klage vor dem Amtsgericht Neukölln und begehrte die Feststellung, dass die vertraglich vereinbarte Miete unwirksam sei, soweit sie ab dem 1. Februar 2018 den Betrag von 511,76 Euro monatlich übersteigt. Außerdem forderte sie die Rückzahlung der überzahlten Mieten für den Zeitraum vom 1. Februar 2018 bis 30. Juni 2018. Nachdem das Amtsgericht Neukölln ihre Klage abgewiesen hatte, legte sie Berufung beim Landgericht Berlin ein. Dieses stellte in der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2019 klar, dass es – anders als das Amtsgericht Neukölln – die Klage der Mieterin für begründet hält. Das entsprechende Urteil vom 30. Oktober 2019 wurde der Vermieterin am 17. Dezember 2019 zugestellt. Bereits nach der mündlichen Verhandlung hatte die Mieterin sie mit Schreiben vom 20. November 2019 aufgefordert, die überzahlten Mieten für die weiteren Monate Juli 2018 bis einschließlich November 2019 in Höhe von insgesamt 6.600,08 Euro zuzüglich Zinsen zurückzuzahlen. Dies lehnte die Vermieterin per E-Mail vom 21. November 2019 ab, da das Berufungsurteil noch nicht vorliege und noch nicht rechtskräftig sei. Daraufhin beauftragte die Mieterin erneut ihren Rechtsanwalt, welcher mit Schreiben vom 28. Januar 2020 die Vermieterin unter Fristsetzung bis zum 7. Februar 2020 aufforderte, die überzahlten Mieten zuzüglich Zinsen an die Mieterin zu zahlen und außerdem die entstandenen Anwaltskosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung auszugleichen. Die Vermieterin zahlte daraufhin jedoch lediglich die überhöhten Mieten nebst Zinsen. Mit ihrer erneuten Klage begehrte die Mieterin nun die Übernahme der für die außergerichtliche Vertretung entstandenen Anwaltskosten, das Amtsgericht Neukölln verurteilte die Vermieterin entsprechend. Auf die Berufung der Vermieterin stellte das Landgericht Berlin in seinem Hinweisbeschluss vom 10. Mai 2021 klar, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe. Die Vermieterin habe sich aufgrund der Zahlungsaufforderung der Mieterin in deren Schreiben vom 20. November 2019 in Verzug befunden. Sie habe sich zu diesem Zeitpunkt „weder in einem Irrtum über die bestehende Rückzahlungspflicht“ befunden, „noch war dieser entschuldbar“ . Die Vermieterin habe spätestens seit dem Verhandlungstermin vor dem Landgericht Berlin am 30. Oktober 2019 positiv gewusst, dass sie nicht nur die dort geltend gemachten Mietüberzahlungen an die Klägerin würde zurückzahlen müssen, sondern auch die weiteren nun von der Mieterin geltend gemachten überzahlten Mietanteile. Selbst wenn sie sich, weil ihr zu diesem Zeitpunkt das Urteil des Berufungsgerichts noch nicht vorlag, in einem Irrtum über ihre Zahlungspflicht befunden hätte, wäre dieser Irrtum nicht entschuldbar. Müsse der Schuldner (hier die Vermieterin) „ernsthaft mit einer abweichenden Beurteilung durch das zuständige Gericht rechnen, (handele) er auch dann auf eigenes Risiko, wenn er seine eigene Rechtsansicht sorgfältig gebildet hat. Entscheidet er sich bei unsicherer Rechtslage dafür, die von ihm geforderte Leistung nicht zu erbringen, geht er das Risiko, dass sich seine Einschätzung als falsch erweist, zumindest fahrlässig ein und hat deshalb die Nichtleistung zu vertreten, wenn er – wie hier – zur Leistung verpflichtet war“ . Hier habe die Vermieterin seit dem 30. Oktober 2020 gewusst, dass das Landgericht ihre Einschätzung nicht teilen würde. Dennoch weigerte sie sich mit ihrer E-Mail vom 21. November 2020, die berechtigte Forderung der Mieterin zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund durfte die Mieterin davon ausgehen, dass sie ohne erneute anwaltliche Hilfe nicht mit der Erfüllung der ihr zustehenden Ansprüche rechnen konnte. Dies habe sich dadurch bestätigt, dass die Vermieterin auch nach Zustellung des Urteils des Landgerichts nicht von sich aus auf das Zahlungsverlangen der Mieterin zurückgekommen sei, sondern erst auf das Schreiben von deren Anwalt überhaupt gezahlt habe.