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Mietrecht

Urteile

Mietpreisbremse und Anwendbarkeit des Berliner Mietspiegels 2015

Gerichte sind befugt, ihre Überzeugung von der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete auf der Grundlage eines ordnungsgemäß aufgestellten (auch einfachen) Mietspiegels zu gewinnen. Sie sind insoweit nicht verpflichtet, auf Antrag einer Partei ein Sachverständigengutachten zur Miethöhe einzuholen.


LG Berlin, Beschluss vom 31.10.2022 – AZ 65 S 113/22 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Marek Schauer

In einem am 11. Juni 2015 abgeschlossenen Mietvertrag über eine Wohnung in Neukölln war eine Nettokaltmiete in Höhe von 624,00 Euro vereinbart worden. Im Jahr 2021 erhoben die Mieter erfolglos eine qualifizierte Rüge wegen Mietpreisüberhöhung. Auf ihre Klage hin stellte das Amtsgericht Neukölln fest, dass die Vereinbarung über die Miethöhe unwirksam ist, soweit die Nettokaltmiete einen Betrag von 369,33 Euro monatlich übersteigt. Das Amtsgericht legte seiner Entscheidung den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Berliner Mietspiegel 2015 zu Grunde. Die Vermieterin legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Neukölln Berufung ein. Sie vertrat die Auffassung, dass der Berliner Mietspiegel 2015 ungeeignet zur Ermittlung der ortsüblichen Miete sei, und dass das Gericht ihrem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Miethöhe hätte folgen müssen. Diese Auffassung teilte das Landgericht Berlin nicht. Ob es sich bei dem Berliner Mietspiegel 2015 um einen qualifizierten Mietspiegel handelte, ließ das Landgericht dahingestellt. Es stellte aber klar, dass der Berliner Mietspiegel 2015 auch als sogenannter „einfacher Mietspiegel“ verwendet werden könne. Ein solcher stelle nämlich ein Indiz dafür dar, dass die dort angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben. Das Amtsgericht sei auch nicht gehalten gewesen, selbst ein Sachverständigengutachten einzuholen, vielmehr stehe es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es die beantragte Beweisaufnahme (hier Einholung eines Sachverständigengutachtens) durchführt oder sich – in Abweichung von dem Gebot der Erschöpfung der Beweisanträge – mit einer Schätzung begnügt.

Anmerkung: Diese Auffassung – welche nicht nur in Verfahren um die Mietpreisbremse, sondern auch bei Mieterhöhungen von Bedeutung ist – vertritt die Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin auch bezüglich der dem Berliner Mietspiegel 2015 nachfolgenden Mietspiegel. Zu beachten ist allerdings, dass sich auch nach dieser Auffassung Amtsgerichte anders entscheiden und ein Sachverständigengutachten einholen können, was zu einer erheblichen Erhöhung des Prozesskostenrisikos führt.