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Mietrecht

Urteile

Mieterhöhung und Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel 2019/MietenWoG Bln und Erhöhungszeitpunkt

Auch bei Wohnungen ohne Bad, aber mit WC ist die Merkmalgruppe 1 („Bad/WC“) negativ zu bewerten, wenn in Bezug auf das WC die negativen Merkmale dieser Merkmalgruppe überwiegen.
Zehn sogenannte „Kreuzberger Fahrradbügel“ begründen für ein Haus mit 28 Mietparteien kein positives Merkmal.
Die Vorschrift in Art. 1 § 3 MietenWoG Bln wäre bereits im Erhöhungsprozess um Zustimmung zur Mieterhöhung anzuwenden, wenn der Vermieter Zustimmung zu einer Erhöhung für die Zeit nach dem 18.06.2019 geltend macht. Das MietenWoG Bln ist allerdings nicht verfassungsgemäß, was Voraussetzung seiner Anwendung wäre.

LG Berlin, Beschluss vom 05.01.2021 – AZ 67 S 313/20 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Gerd-Peter Junge

Die Vermieterin einer Wohnung ohne Bad und Sammelheizung verlangte von Ihrem Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung ab dem 1. November 2019, welche sie mit dem Berliner Mietspiegel 2019 begründete. Der Mieter verweigerte die Zustimmung. Er machte unter anderem geltend, dass neben dem Abzug von 2,20 Euro pro Quadratmeter wegen der fehlenden Ausstattung mit einer Sammelheizung und einem Bad zusätzlich auch die Merkmalgruppe 1 (Bad/WC) der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel 2019 negativ zu berücksichtigen sei, da das vorhandene WC nicht beheizbar ist. Die Vermieterin vertrat dagegen die Auffassung, dass eine solche negative Bewertung des WCs nicht neben dem ohnehin vorzunehmenden Abzug von 2,20 Euro wegen des fehlenden Bades und der fehlenden Sammelheizung vorgenommen werden könne. Dem widersprach das Landgericht. Die Orientierungshilfe gelte nicht nur für Wohnungen mit Bad, sondern auch für Wohnungen, welche lediglich über ein WC verfügen, was bereits aus der Überschrift „Bad/WC“ ersichtlich sei. „Daraus ergibt sich, dass in Wohnungen, in denen kein Bad vorhanden ist, die Merkmale hinsichtlich des vorhandenen WCs zu prüfen sind. Das stellt keine doppelte Berücksichtigung des negativen Merkmals dar. Denn eine Wohnung ohne Bad, aber mit beheizbarem WC hat mehr Wohnwert als eine Wohnung ohne Bad mit WC ohne Heizung“ .

Außerdem vertrat das Landgericht (in Übereinstimmung mit dem in erster Instanz zuständigen Amtsgericht Mitte) die Auffassung, dass 10 „Kreuzberger Fahrradbügel“ für ein Haus mit 28 Mietparteien nicht ausreichend und daher nicht wohnwerterhöhend zu berücksichtigen seien. 

In ihrem Beschluss bekräftigte die 67. Kammer des Landgerichts nochmals, dass nach ihrer Überzeugung das MietenWoG Bln (der Mietendeckel) – wäre er verfassungsgemäß – nicht erst die Forderung und Entgegennahme der Mieterhöhungsbeträge hindern würde, sondern bereits das Verlangen einer Zustimmung zur Mieterhöhung verboten wäre. Gleichzeitig hält sie allerdings an ihrer Auffassung fest, dass der Mietendeckel verfassungswidrig ist, und wendet ihn daher nicht an.