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Mietrecht

Urteile

Mieterhöhung und Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel 2019

1. Übernehmen Mieter/innen bei Anmietung einer Wohnung die komplette Einbauküche eines Vormieters einschließlich Spüle und Herd gegen eine Abstandszahlung, liegen zwei negative Merkmale – keine Spüle und keine Kochmöglichkeit – vor, unabhängig davon, ob der Vermieter bereit gewesen wäre, den Mieter/innen diese Ausstattungsgegenstände zur Verfügung zu stellen.
2. Gibt es bei einer Maisonette-Wohnung einen Eingang im 4. Obergeschoss, wirkt sich das Fehlen eines Aufzugs nicht wohnwertmindernd aus, auch wenn sich im 5. Obergeschoss ein weiterer Eingang befindet.
3. Die Colbestraße in Friedrichshain befindet sich weder in einer „besonders ruhigen Lage“, noch in einer „bevorzugten Citylage“ .
(Leitsatz der Redaktion ME)

AG Tempelhof Kreuzberg, Urteil vom 19.06.2020 – AZ 8 C 35/20 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Gerd-Peter Junge

In diesem Fall verlangte der Vermieter von den Mieter/innen einer im 4. und 5. Obergeschoss gelegenen Maisonette-Wohnung die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 97,50 Euro ab dem 1. Juni 2019. Die Mieter/innen waren nach Prüfung anhand des Berliner Mietspiegels 2019 der Meinung, dass bereits ihre aktuelle Miete die ortsübliche Miete überschreitet, und verweigerten die Zustimmung. Das Amtsgericht gab ihnen Recht und wies die Klage des Vermieters ab. Es bewertete die Küche negativ, da diese ohne Ausstattungen des Vermieters vermietet worden war. Die Mieter/innen hatten stattdessen dem Vormieter dessen vollständige Einbauküche abgekauft. Es nützte dem Vermieter nichts, dass er behauptete, dass er anderenfalls den Mieter/innen selbst eine Spüle und eine Kochmöglichkeit zur Verfügung gestellt hätte, „weil er tatsächlich eine solche Investition nicht getätigt hat“ . Auch die Merkmalgruppe Wohnumfeld wertete das Gericht, anders als der Vermieter, nicht positiv. Es stellte zunächst klar, dass der Bezirk Friedrichshain zwar citynah gelegen sei, aber weder zur City West noch zur City Ost gehöre; darüber hinaus fehle „die eine bevorzugte Citylage auszeichnende Dichte von (hochkarätigen) Einkaufsmöglichkeiten, Kultureinrichtungen und Restaurants“ etc. Zwar gäbe es in unmittelbarer Nähe zahlreiche kleine Geschäfte, Cafés, Kneipen und Bars, welche zu einem bei Bewohner/innen und Tourist/innen beliebten Kiezcharakter führten; dies habe jedoch „nichts mit einer bevorzugten Citylage zu tun“ . Auch die vom Vermieter behauptete „besonders ruhige Lage“ bestätigte das Amtsgericht nicht. Es handele sich bei der Colbestraße mitten in Friedrichshain zwar um eine ruhigere Straße innerhalb des Stadtteils, aber man werde dort „bei geöffnetem Fenster zur Straße regelmäßig Menschenstimmen und Autos hören und nicht nur Vogelgezwitscher, wie es in kleinen Stichstraßen in den Außenbezirken Berlins der Fall sein wird“ . Das von den Mieter/innen vorgetragene negative Merkmal einer „Wohnung ab dem 5. Obergeschoss ohne Aufzug“ bestätigte das Gericht ebenfalls nicht. Hierzu reiche der Umstand, dass das Dachgeschoss der Maisonette-Wohnung ebenfalls über einen eigenen Eingang verfügt deshalb nicht aus, da die Wohnung auch über den weiteren Eingang im 4. Obergeschoss erreicht werden könne. Das Fehlen dieses negativen Merkmals wirkte sich jedoch nicht aus, da eine Mieterhöhung nach dem Berliner Mietspiegel 2019 auch ohne dieses nicht gerechtfertigt war.