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Mietrecht

Urteile

Mieterhöhung bei preisgebundenem Wohnraum

Die in § 10 Abs. 1 WoBindG beschriebenen formellen Anforderungen an ein Mieterhöhungsverlangen werden durch § 4 Abs. 7 Satz 1 NMV ausgefüllt und konkretisiert. Der von § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG geforderten Erläuterung des Mieterhöhungsverlangens kommt der Vermieter bereits dann ausreichend nach, wenn er die Gründe, aus denen sich die laufenden Aufwendungen erhöht haben, und die auf die einzelnen laufenden Aufwendungen entfallenden Beträge angibt (…).

BGH Versäumnisurteil vom 06.04.2022 – AZ VIII ZR 246/20 –

Die Mieterin einer preisgebundenen Wohnung in Mainz erhielt im Anschluss an umfangreiche Modernisierungen in der Wohnung und im Gebäude im Juni 2016 ein Schreiben ihrer Vermieterin, in welchem diese mitteilte, dass sich die Miete infolge der Modernisierungsmaßnahmen ab 1. Juli 2016 um 59,44 Euro monatlich erhöht. Dem Schreiben waren mehrere Anlagen beigefügt, in welchen die Modernisierungsmaßnahmen und die angefallenen Gesamtbaukosten aufgeführt und die Mietanhebung berechnet wurden. Die Mieterin hielt diese Mieterhöhungserklärung aus formellen Gründen für unwirksam, weil die Vermieterin für die Abschreibung der Gesamtbaukosten einen Satz von 1,5152% statt den in der Zweiten Berechnungsverordnung genannten Regelsatz von 1% angesetzt hatte. Im März 2019 kündigte die Vermieterin daraufhin das Mietverhältnis wegen eines Mietrückstands von 2.085,88 Euro fristlos. Das Amtsgericht Mainz wies die Räumungsklage der Vermieterin ab, deren Berufung wurde vom Landgericht Mainz zurückgewiesen, da es die Mieterhöhungserklärung der Vermieterin ebenfalls für formell unwirksam hielt. Auf ihre Revision hob der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts Mainz allerdings auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurück. Eine Mieterhöhungserklärung für eine preisgebundene Wohnung nach 
§ 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG sei (nur) dann formell wirksam, wenn in ihr die Erhöhung berechnet und erläutert ist; es müsse zudem eine Wirtschaftlichkeitsberechnung oder ein Auszug daraus, der die Höhe der laufenden Aufwendungen erkennen lässt, beigefügt werden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts Mainz werde die streitige Mieterhöhungserklärung diesen gesetzlichen Vorgaben gerecht. Sie sei insbesondere nicht deshalb formell unwirksam, weil die Vermieterin nicht näher erläutert habe, dass sie in ihrer Berechnung einen gegenüber dem Regelsatz erhöhten Abschreibungssatz für die laufenden Aufwendungen beansprucht. Sinn und Zweck der Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG sei es, den Mieter darüber zu informieren, weshalb die Miete erhöht wird. Der Umstand, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG die Mieterhöhung nicht nur zu berechnen, sondern auch zu erläutern sei, bedeute nicht, dass jeder einzelne Schritt der Berechnung so detailliert zu begründen ist, dass der Mieter bereits hierdurch über sämtliche Informationen verfügt, um abschließend prüfen zu können, ob die Mieterhöhung sachlich berechtigt ist. Das Gesetz gewähre dem Mieter zur Deckung seines Informationsbedürfnisses zusätzlich ein jederzeitiges, an keine weiteren Voraussetzungen geknüpftes Auskunfts- und Einsichtsrecht. Mit den Angaben im Mieterhöhungsverlangen der Vermieterin seien die gesetzlichen Anforderungen gewahrt. Der Grund der Mieterhöhung (durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen) sei genannt, die Maßnahmen seien im Einzelnen bezeichnet und die dafür aufgewendeten Gesamtbaukosten seien angegeben worden. Auch die Kosten für Instandhaltung seien herausgerechnet und im Anschluss daran die durchschnittliche Mieterhöhung pro Quadratmeter Wohnfläche im Monat berechnet worden. Ebenso sei der verwendete Satz für die Absetzung für Abnutzung (1,5152%) angeführt worden. Zu einer weiteren Erläuterung sei die Vermieterin nicht verpflichtet gewesen, insbesondere auch nicht dazu, dass und warum sie gegenüber dem Regelsatz von 1% der Gesamtkosten einen höheren Abschreibungssatz in Anspruch genommen habe. Die Mieterin
hätte insoweit ohne weiteres von ihrem Auskunfts- und Einsichtsrecht Gebrauch machen können. Die Frage, ob die Vermieterin den erhöhten Abschreibungssatz zu Recht angesetzt hat, ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs allein eine Frage der materiellen Berechtigung des Erhöhungsverlangens. Da diese vom Berufungsgericht nicht geprüft worden war, verwies der Bundesgerichtshof die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses zurück.