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Mietrecht

Urteile

Kündigung wegen Nichtzahlung einer Betriebs-kostennachforderung nach Abschluss der Prüfung der Abrechnung

Schuldet der Mieter eine Nachzahlung aus einer Betriebskostenabrechnung, welche eine Monatsmiete übersteigt, stellt die Nichtzahlung nach Abschluss der Prüfung der Abrechnung eine Vertragsverletzung dar, welche den Vermieter zur Kündigung berechtigen kann. Zahlt der Mieter jedoch zeitnah nach Erhalt der Kündigung, fehlt der Vertragsverletzung das für eine Kündigung erforderliche Gewicht, wenn der Vermieter den Mieter zuvor nicht gemahnt hat. Der Zugang einer Mahnung ist nicht erwiesen, wenn der Bote des Vermieters diese in einen nicht abschließbaren Briefkasten einwirft.

LG Berlin, Urteil vom 16.04.2014 – AZ 65 S 82/13 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann

Die der Mieterin übersandten Betriebskostenabrechnungen für 2008 und 2009 ergaben Nachzahlungsbeträge von insgesamt 816,90 Euro, was mehr als zwei Monatsmieten entsprach. Die Mieterin beauftragte ihre Rechtsanwältin mit der Prüfung der Abrechnungen. Diese erklärte nach Einsichtnahme in die Rechnungsbelege gegenüber der Vermieterin, dass keine Einwände (mehr) gegen die Abrechnungen bestünden und sie ihrer Mandantin (der Mieterin) zur Zahlung der Nachforderungen raten werde. Der Mieterin übersandte sie später lediglich unkommentiert eine Kopie dieses Schreibens, für weitere Nachfragen der Mieterin war sie nicht mehr erreichbar. Die Mieterin hielt jedoch keineswegs alle Einwände gegen die Abrechnungen für geklärt und zahlte zunächst nicht. 

Ein angebliches Mahnschreiben der Vermieterin vom 19. September 2011 mit der Aufforderung zur Zahlung bis zum 4. Oktober 2011 hat sie nicht erhalten. Ihr Briefkasten ist seit langer Zeit defekt, der Briefkasten ist nicht verschließbar und steht daher oft offen. 

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 erklärte die Vermieterin die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen der Nichtzahlung der Betriebskostennachforderungen. Am gleichen Tag reichte sie Klage auf Zahlung des rückständigen Betrags ein. Nachdem die Mieterin die Forderung am 29. Dezember 2011 ausgeglichen hatte, nahm die Vermieterin ihre Zahlungsklage zurück und verlangte die Räumung der Wohnung aufgrund der Kündigung vom 7. Dezember 2011. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg wies die Räumungsklage ab (MieterEcho Nr. 359/ April 2013). Ein etwaiges Kündigungsrecht hätte die Vermieterin innerhalb einer angemessenen Frist ausüben müssen. Dies sei hier nicht der Fall, da nach den Behauptungen der Vermieterin bereits mit Schreiben vom 19. September 2011 eine Zahlungsfrist bis zum 4. Oktober 2011 gesetzt worden sei. Am 7. Dezember 2011 habe die Mieterin daher nicht mehr mit einer Kündigung rechnen müssen, sondern allenfalls mit einer Zahlungsklage, wie sie die Vermieterin zunächst auch eingereicht habe. Dieser Auffassung folgte das Landgericht Berlin auf die Berufung der Vermieterin nicht. Es war vielmehr der Meinung, dass die Kündigung berechtigt wäre, wenn die Mieterin auch auf die Mahnung vom 19. September 2011 nicht gezahlt hätte. Es vernahm daher den Hausverwalter, der das Schreiben vom 19. November 2011 als Bote überbracht haben sollte, als Zeugen. Dieser bestätigte glaubhaft unter Vorlage der von ihm gefertigten Zustellvermerke, dass er das Mahnschreiben am 19. September 2011 in den Briefkasten der Mieterin eingeworfen hatte. Allerdings bestätigte er auch, dass sich einige Briefkästen der Anlage nicht mehr abschließen ließen und regelmäßig offen standen und dass er auch in solche Briefkästen Post der Hausverwaltung einwarf. Das Landgericht sah daher den Zugang des Mahnschreibens als nicht erwiesen an und wies die Berufung der Vermieterin zurück. Es entspreche nicht der Lebenserfahrung, dass Post aus einem unverschlossenen Briefkasten den Empfänger sicher erreicht. Gerade ein Vermieter, der für den ordnungsgemäßen Zustand der Briefkästen zu sorgen hat, müsse dies berücksichtigen, wenn er in Kenntnis des Zustands Briefe in unverschlossene Briefkästen einwerfen lässt.