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Mietrecht

Urteile

Kündigung des Mietverhältnisses wegen Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung

Eine Kündigung des Vermieters muss alle Tatsachen und Lebensvorgänge benennen, aus denen sich der behauptete Kündigungsgrund ergibt. Dies gilt – ebenso wie bei der Eigenbedarfskündigung – auch bei einer Kündigung wegen angeblicher Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung.

LG Berlin, Urteil vom 19.03.2014 – AZ 65 S 370/13 –

Mit Schreiben vom 29. September 2011 kündigte die Vermieterin dem Mieter, der eine 1-Zimmer-Wohnung mit Außentoilette in Kreuzberg bewohnt. Zur Begründung gab sie an, dass sie die Wohnung mit der Nachbarwohnung, die ebenfalls weder über eine Innentoilette noch über ein Bad verfügt, zusammenlegen und mit einem Bad mit Innen-WC ausstatten wolle. Anderenfalls sei ihr künftig eine angemessene wirtschaftliche Verwertung nicht möglich, da die beiden bestehenden Wohnungen jeweils nicht mit einem Bad/WC ausgestattet seien und nur so auf einen zeitgemäßen Standard gebracht werden könnten. Der Mieter war dagegen der Auffassung, dass es durchaus möglich sei, seine unmittelbar an die Wohnung angrenzende Außentoilette in eine Innentoilette umzuwandeln und eventuell sogar ein kleines Duschbad einzubauen. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg wies die Räumungsklage der Vermieterin ab, da die Vermieterin nicht ausreichend dargelegt habe, dass der Einbau einer Innentoilette in der vorhandenen Wohnung nicht möglich sei. In ihrer Berufungsbegründung räumte die Vermieterin zunächst ein, dass die Wohnung des Beklagten nicht nur mit der Nachbarwohnung, sondern auch mit darunter und darüber liegenden Wohnungen zu einer „Trisonettewohnung“ zusammengelegt werden solle. Insoweit habe sich ihre ursprüngliche, in der Kündigung angegebene Planung geändert. Erst nachdem der Mieter die Baupläne der Klägerin vom August 2011 (also vor der Kündigung) vorlegte, gab die Vermieterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Berlin zu, von Anfang an die Schaffung einer Maisonette über drei Etagen geplant zu haben. Das Landgericht wies die Berufung der Vermieterin zurück. Auch bei einer Kündigung wegen der Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung müsse die Vermieterin die Gründe für dieses Interesse in der Kündigung angeben. Tatsächlich habe die Vermieterin aber in der Kündigung nicht ihre wahren Pläne, sondern einen anderen Sachverhalt in Bezug auf die von ihr geplante wirtschaftliche Verwertung angegeben. Es mache aber einen erheblichen Unterschied, ob zwei kleine Wohnungen ohne Innen-WC und Bad zu einer größeren, aber heutigem Standard entsprechenden Wohnung zusammengelegt werden sollten oder ob aus ursprünglich fünf Wohnungen über drei Etagen eine Luxuswohnung geschaffen werden solle. Die Kündigung sei wegen dieser falschen Angaben der Vermieterin unwirksam. Dementsprechend musste das Landgericht die Frage, ob die letztlich eingeräumte wirkliche Absicht der Vermieterin eine Kündigung rechtfertigen könnte, nicht beantworten.

Anmerkung: Ebenso wie Eigenbedarfskündigungen kommen in Berlin leider auch Kündigungen wegen einer angeblichen „Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung“ bei Fortbestand des Mietverhältnisses immer häufiger vor. Bitte lassen Sie sich, wenn Sie eine solche Kündigung erhalten – wie bei jeder anderen Kündigung auch – möglichst umgehend in einer unserer Beratungsstellen anwaltlich beraten.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann