Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Mietrecht

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Kommentar zum Urteil - Zu niedrige Betriebskostenvorauszahlung

So ganz neu ist die Erscheinung nicht und auch in der Beratungspraxis der Berliner MieterGemeinschaft tauchte die Frage immer wieder auf: Darf der Vermieter ungestraft bei Abschluss des Mietvertrags die Betriebskostenvorauszahlungen so niedrig ansetzen, dass sich durch die spätere Abrechnung eine bedeutende Nachzahlungsforderung ergibt?

Der Grund für diese Unsitte, die doch zunächst die Mieter/innen zu begünstigen scheint, liegt auf der Hand. Durch die bewusst niedrig gehaltene Betriebskostenvorauszahlung soll der Eindruck niedriger Wohnkosten erweckt und die Bereitschaft zum Abschluss des Vertrags bei den Mieter/innen erhöht werden.

Das gelingt deshalb ziemlich leicht, weil die meisten Mieter/innen Miete in ihrer Gesamtheit und nicht als getrennt in Grundmiete und Nebenkosten kalkulieren. Die Gerichte hatten sich bislang dem Eigentümerverhalten gegenüber durchaus tolerant gezeigt. Jetzt wurde diese Einstellung durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) bestätigt.

Grundsätzlich darf der Vermieter die Nebenkostenvorauszahlungen so niedrig ansetzen wie er will, ja er kann auch ganz darauf verzichten. Nur wenn ihm in diesem Zusammenhang eine Pflichtverletzung vorzuwerfen - und noch wichtiger auch zu beweisen ist - können die Mieter/innen die Nachzahlungen verweigern bzw. Schadensersatz fordern.

Zu den besonderen Umständen, aus denen sich eine Pflichtverletzung herleiten ließe, sagt der BGH freundlicherweise:

"Solche besonderen Umstände können etwa zu bejahen sein, wenn der Vermieter dem Mieter bei Vertragsschluss die Angemessenheit der Nebenkosten ausdrücklich zugesichert oder diese bewusst zu niedrig bemessen hat, um den Mieter über den Umfang der tatsächlichen Mietbelastung zu täuschen und ihn auf diese Weise zur Begründung eines Mietverhältnisses zu veranlassen."

Eine Erklärung, warum die Vermieter denn sonst die Nebenkosten so niedrig ansetzen wenn nicht "um den Mieter über den Umfang der tatsächlichen Mietbelastung zu täuschen und ihn auf diese Weise zur Begründung eines Mietverhältnisses zu veranlassen", bleibt der BGH in seiner umwölkten Weisheit schuldig. Darüber kann man dann selbst lange nachdenken. Inzwischen ist aber allen Mieter/innen zu empfehlen, bei besonders günstigen Angeboten große Skepsis walten zu lassen, oder - was aber kaum je gelingen wird - sich eine schriftliche Bestätigung vom Vermieter über die tatsächliche Angemessenheit der vereinbarten Nebenkosten tatsächlich geben zu lassen.

Nach Angaben des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU) haben die Mitgliedsunternehmen mit gleich oder mehr als 1000 Wohneinheiten im Jahr 2002 im Durchschnitt folgende Betriebskosten abgerechnet:

Tabelle: Betriebskostenarten

Betriebskostenart Minimum Mittelwert Maximum
  Euro/qm mtl. Euro/qm mtl. Euro/qm mtl.

Grundsteuer

0,15

0,19

0,24

Be- und Entwässerung

0,31

0,44

0,57

Müllabfuhr

0,13

0,16

0,22

Straßenreinigung

0,03

0,05

0,07

Schornsteinreinigung

0,01

0,05

0,09

Hauswart und Hausreinigung

0,11

0,25

0,49

Gartenpflege

0,04

0,08

0,15

Versicherung

0,03

0,05

0,10

Schneebeseitigung

0,01

0,02

0,04

Beleuchtung

0,01

0,03

0,07

Sonstige Betriebskosten

0,01

0,03

0,06

Kabelfernsehen/ Antenne

0,02

0,05

0,14

Aufzug

0,10

0,19

0,31

Wärmekosten

0,50

0,73

0,99

davon: Heizung

0,47

0,64

0,92

Warmwasser

0,13

0,16

0,25

kalte Betriebskosten ohne Aufzug *)

0,69

1,35

1,96

Betriebskosten gesamt ohne Aufzug

1,16

2,07

3,12

Quelle: GE 2004, 83


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