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Mietrecht

Urteile

Haftung des vor einem Umbau ausgezogenen Mieters für Mietschulden des Untermieters

Wird eine Mietwohnung durch Umbau (Zusammenlegung mit einer weiteren Wohnung) völlig verändert, kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Mietverhältnis über die ursprüngliche Wohnung nahtlos in ein Mietverhältnis über die umgebaute Wohnung übergegangen ist. Vielmehr bedarf es hierüber einer neuen vertraglichen Vereinbarung.

LG Berlin, Beschluss vom 06.10.2000 – AZ 65 T 78/00 –

Die beklagte Mieterin hatte im Jahre 1988 eine Wohnung gemietet. Sie nahm einen Untermieter in die Wohnung auf, dem sie im weiteren Verlauf des Mietverhältnisses die Wohnung zum alleinigen Gebrauch überließ. Im Jahre 1990 wurde diese Wohnung mit einer anderen Wohnung zusammengelegt, das Mietobjekt wurde hierbei völlig verändert, es erhielt ein weiteres Zimmer, wurde in der Wohnfläche erheblich vergrößert; die Eingangstür wurde verlegt und der Mietzins wurde erhöht. Die Mieterin war aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und hatte nach Durchführung der Umbaumaßnahmen keinerlei Kontakt mehr zu dem Vermieter und dem Untermieter. Der Untermieter bezog nach den Umbaumaßnahmen die Wohnung allein. Nachdem der in der Wohnung verbliebene Untermieter einen Teil des Mietzinses für die neue (zusammengelegte) Wohnung nicht gezahlt hatte, wurde die ausgezogene Mieterin vom Vermieter auf Zahlung und Räumung, jedoch der Untermieter nur auf Räumung verklagt.

Das Landgericht Berlin führte in seinem Beschluss über die Beschwerde der beklagten Mieterin wegen Ablehnung ihres Antrages auf Prozesskostenhilfe durch das Amtsgericht aus, dass die Forderung des Vermieters gegen Mieterin auf Zahlung des Mietzinses nicht begründet ist. Es stellte fest, dass eine Zahlungspflicht der ausgezogenen Mieterin nur bestehe, wenn sie aufgrund eines ausdrücklichen oder konkludent geschlossenen Mietvertrages auch Mieterin der neuen (umgebauten) Wohnung geworden sei. Wegen des erheblichen Umbaus durch Zusammenlegung zweier Wohnungen könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass das ursprüngliche Mietverhältnis von November 1988 nahtlos in ein Mietverhältnis über die neuen (umgebauten) Wohnräume übergegangen sei. Hierzu wäre nach Ansicht des Landgerichts der Abschluss eines neuen Mietvertrages erforderlich gewesen. Eine neue vertragliche Bindung ist ausschließlich mit dem in der Wohnung verbliebenen (Unter-) Mieter aufgrund der tatsächlichen Nutzung und Zahlung des (erhöhten) Mietzinses entstanden. Da der Vermieter nicht darlegen bzw. beweisen konnte, dass die aus der Wohnung ausgezogene Mieterin nach dem Umbau noch in der Wohnung gewohnt hatte, konnte nach Ansicht des Landgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass sie ebenfalls durch schlüssiges Verhalten Mieterin der (neuen) Wohnräume geworden ist. Der Umstand, dass sie bis 1990 in der alten Wohnung gewohnt hatte, lasse nicht den Schluss zu, sie würde auch ohne weiteres in der neuen Wohnung wohnen bleiben. Aus den gleichen Gründen kann ihr auch das Verhalten des in der Wohnung verbliebenen Mieters nicht zugerechnet werden.

Der die Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts wurde aufgehoben und der Mieterin Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug gewährt.

Eine Entscheidung des Gerichts in der Sache erging nicht, weil sich das Verfahren durch Vergleich erledigte.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Andreas Günzler

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 283