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Mietrecht

Urteile

Gartenpflegekosten als Betriebskosten

Die Kosten der Fällung eines – wie hier – morschen, nicht mehr standsicheren Baums sind grundsätzlich umlagefähige Kosten der Gartenpflege im Sinne von § 2 Nr. 10 BetrKV.

BGH ORT, Urteil vom 10.11.2021 – AZ VIII ZR 107/20 –

Der Bundesgerichtshof hat in diesem Urteil erstmals über die Frage entschieden, ob zu den Gartenpflegekosten auch die Kosten der Fällung eines morschen und nicht mehr standsicheren Baumes zählen. In der Instanzrechtsprechung wurde diese Frage bisher unterschiedlich beurteilt. Teilweise wurden solche Kosten generell als nicht umlagefähig angesehen, da es sich nicht um „laufende Kosten“ handele (so zum Beispiel auch das Landgericht Berlin in einem Urteil vom 13. April 2018). Zum Teil wurde auch die Auffassung vertreten, dass der Vermieter mit der Fällung eines solchen Baumes lediglich seine Verkehrssicherungspflicht erfülle bzw. einen Mangel der Mietsache behebe und daher die Kosten nicht umlegen könne.

Dem widersprach nun der Bundesgerichtshof und sah sich zu einigen Klarstellungen hinsichtlich der Position „Gartenpflege“ veranlasst. Er verwies zunächst auf den Wortlaut von § 2 Nr. 10 BetrKV. Dort heißt es unter anderem: „Kosten der Gartenpflege, hierzu gehören die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen (...)“ .

Zwar seien Baumfällarbeiten nicht ausdrücklich aufgeführt, der Begriff des „Gehölzes“ umfasse jedoch neben Hecken, Gebüsch etc. auch einzelne Bäume. Eine Beschränkung auf Gehölze einer bestimmten Größe oder Art ergäbe sich aus dem Wortlaut der Betriebskostenverordnung nicht. Auch der Umstand, dass lediglich die „Erneuerung“ von Pflanzen und Gehölzen und nicht deren Entfernung erwähnt werde, stehe einer Umlagefähigkeit von bloßen Beseitigungskosten nicht entgegen. Nach Auffassung des BGH  falle das Entfernen von Pflanzen und Gehölzen bereits unter den (Ober-)Begriff der „Gartenpflege“ . Dazu zählten nämlich „sämtliche Maßnahmen, die objektiv dem Erhalt der Gartenanlage als solche infolge eines Pflegebedarfs dienen. Dies erfordert nicht nur Arbeiten, die dem Erhalt einzelner Pflanzen und Gehölze dienen, sondern auch deren Entfernung, wenn sie krank, abgestorben oder (...) morsch und nicht mehr standsicher sind. Denn solche Umstände beeinträchtigen die Gartenanlage als Ganzes. “ Zum anderen setze eine „Erneuerung“ von Gehölzen regelmäßig deren vorherige Entfernung voraus, weshalb eine ausdrückliche Nennung der „Entfernung“ in der Betriebskostenverordnung nicht erforderlich sei.

Der Bundesgerichtshof widersprach der zum Teil in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass es sich bei den Kosten der Fällung eines morschen Baumes um Instandhaltungskosten handele, weil hiermit stets ein Mangel beseitigt würde und führt dazu aus: Die bloße Tatsache, dass ein Baum morsch oder eine Pflanze abgestorben ist, erfüllt grundsätzlich in Anbetracht des Umstandes, dass ein Garten aus einer Vielzahl von Pflanzen besteht und eine konkrete Zusammensetzung an Pflanzen regelmäßig nicht geschuldet ist, nicht aus sich heraus die Tatbestandsvoraussetzungen eines Mangels.

Hieran ändere sich auch nichts dadurch, dass der Vermieter durch die Fällung zugleich seiner Verkehrssicherungspflicht genügt. Denn die Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten ist als rein haftungsrechtlicher Gesichtspunkt kein maßgebendes Kriterium zur Abgrenzung zwischen Instandhaltungs- und Betriebskosten; vielmehr können auch Kosten für Maßnahmen, die zudem der Wahrnehmung einer Verkehrssicherungspflicht des Vermieters dienen, als Betriebskosten umlagefähig sein. Der Einordnung als Betriebskosten stehe auch nicht entgegen, dass Baumfällkosten nicht „laufend“ anfallen würden. Für die Annahme laufender Kosten im Sinne der Betriebskostenverordnung sei es nicht erforderlich, dass diese jährlich oder in festgelegten Abständen entstehen. Da es sich bei Bäumen um Lebewesen handle, liege es in der Natur der Sache, dass sich ihre Lebensdauer nicht stets sicher vorhersagen lässt. Die Vorschrift zur Gartenpflege in der Betriebskostenverordnung unterscheide aber nicht zwischen kurzlebigen und langlebigen Gehölzen. Damit seien der Entstehung von Kosten der Gartenpflege längere, nicht sicher vorherbestimmbare Zeitintervalle immanent. Das Betriebskostenrecht gewährleiste auch „nicht pauschal den Schutz des Mieters vor im Einzelfall angefallenen hohen Kosten“ (im entschiedenen Fall betrug der von der Mieterin zu tragende Anteil an den Kosten der Baumfällung 415,29 Euro!). Ob und unter welchen Umständen ein Vermieter gehalten wäre, besonders hohe Kosten bei einzelnen Betriebskostenpositionen nicht in vollem Umfang in das Abrechnungsjahr einzubeziehen, sondern über mehrere Jahre verteilt umzulegen, ließ der Bundesgerichtshof offen. Im entschiedenen Fall hielt er die vollständige Umlage jedenfalls für zulässig.