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Mietrecht

Urteile

Fachhandwerkerklausel zur Ausführung von Schönheitsreparaturen

Eine in Formularmietverträgen über Wohnraum enthaltene Klausel, wonach es dem Mieter obliegt, die Schönheitsreparaturen „ausführen zu lassen“, benachteiligt den Mieter unangemessen und ist deshalb unwirksam, wenn sie bei kundenfeindlichster Auslegung dem Mieter dadurch die Möglichkeit der kostensparenden Eigenleistung nimmt, dass sie als Fachhandwerkerklausel verstanden werden kann.

BGH Karlsruhe, Urteil vom 09.06.2010 – AZ VIII ZR 294/09 –

Mieter und Vermieter hatten im Jahr 1963 einen Wohnraum-Mietvertrag geschlossen. In dem Formularvertrag gibt es unter anderem folgende Bestimmung: „Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen (...) in der Wohnung ausführen zu lassen (...) sowie die Rollläden, Licht- und Klingelanlagen, Schlösser, Wasserhähne, Spülkästen oder Druckspüler und Wasch- und Abflussbecken instand zu halten und zerbrochene Glasscheiben zu ersetzen.“

Nach Beendigung des Mietverhältnisses führte der Mieter keine Schönheitsreparaturen durch. Der Vermieter erhob Klage auf Schadensersatz wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Vermieters zurückgewiesen. Auch die Revision des Vermieters blieb ohne Erfolg.

Der BGH stellte fest, dass die Vereinbarung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen im Mietvertrag unwirksam sei, weil sie den Mieter unangemessen benachteiligte. Das Berufungsgericht habe bei der Beurteilung zu Recht die „mieterfeindlichste“ Auslegung zugrunde gelegt und sie wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters als unwirksam erachtet. Unbeachtlich war nach Ansicht des BGH, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags im Jahr 1963 die Vorschriften des Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) noch nicht normiert waren. Bereits bei Abschluss des Mietvertrags habe eine allgemeine Rechtspraxis bestanden, nach der Allgemeine Geschäftsbedingungen anhand des Verständnisses des Durchschnittskunden grundsätzlich eng auszulegen seien und Unklarheiten zulasten des Verwenders gingen. Daher habe das Berufungsgericht zu Recht festgestellt, dass die im Mietvertrag enthaltene Verpflichtung, „die Schönheitsreparaturen ausführen zu lassen“, auch dahingehend verstanden werden könne, dass die Durchführung der Schönheitsreparaturen nur durch eine Fachfirma erfolgen dürfe. In diesem Zusammenhang wies der BGH darauf hin, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten durchschnittlichen Vertragspartners einheitlich so auszulegen seien, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern verstanden werden. In diesem Zusammenhang sei die Feststellung des Berufungsgerichts, der Wortlaut „ausführen zu lassen“ könne auch dahingehend verstanden werden, dass die Arbeiten nur Dritten übertragen werden dürften, nicht zu beanstanden. Zwar sei auch eine andere Auslegung möglich, dies schließe jedoch die vom Berufungsgericht festgestellte mieterfeindliche Auslegung nicht aus.

Wenn eine Regelung objektiv mehrdeutig sei, komme die sogenannte „Unklarheitenregelung“ zur Anwendung. Das habe zur Folge, dass die nicht behebbaren Zweifel der Auslegung zulasten des Verwenders der vorformulierten Klausel – hier des Vermieters – gingen, mit der Folge, dass die für den Mieter günstigste Auslegungsalternative – im vorliegenden Fall die zur Unwirksamkeit führende Auslegung – zu verwenden sei. Bei Anwendung dieser Auslegungsregel wäre der Mieter nicht berechtigt, die Schönheitsreparaturen selbst in Eigenleistung durchzuführen.

Der BGH stellte in seinem Urteil fest, dass eine solche Vereinbarung den Mieter unangemessen benachteilige und damit zur Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel insgesamt führe. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass ohne Abwälzung der Schönheitsreparaturen der Vermieter selbst lediglich zur fachgerechten Ausführung in mittlerer Art und Güte verpflichtet sei, ohne dass es der Ausführung durch einen Handwerker bedürfe. Zur Ausführung in mittlerer Art und Güte seien nach Ansicht des BGH viele Mieter durchaus selbst in der Lage. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass sich die vertragliche Überwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter seit Langem als Verkehrssitte herausgebildet habe und es in diesem Zusammenhang als selbstverständlich angesehen werde, wenn der Mieter die Schönheitsreparaturen übernehme. Zu dieser zur Verkehrssitte gewordenen Praxis gehöre auch, dass der Mieter die ihm übertragenen Schönheitsreparaturen in Eigenleistung ausführen dürfe. Auf diese Weise blieben die vom Mieter übernommenen Pflichten überschaubar und in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen kalkulierbar.
 

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 343