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Mietrecht

Urteile

Ermittlung des Verbrauchsanteils der Heizkosten einzelner Mieter/innen bei ungedämmter Einrohrheizung

§ 7 Absatz 1 Satz 3 HeizkostenV, wonach der Wärmeverbrauch der Nutzer in Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden kann, verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot der dynamischen Verweisung auf Regelwerke nicht demokratisch legitimierter Normgeber.

BGH Urteil vom 06.05.2015 – AZ VIII ZR 193/14 –

§ 7 der Heizkostenverordnung (HeizkostenV) schreibt vor, dass Heizkosten in Mehrfamilienhäusern teilweise nach Wohn- bzw. Heizfläche und nach dem gemessenen Verbrauch abgerechnet werden müssen. Eine Ausnahmeregelung enthält § 7 Absatz 1 Satz 3 HeizkostenV für die auch in Berlin häufig noch vorhandenen älteren Einrohrheizungen mit überwiegend ungedämmten Rohren. Bei diesen werden alle Heizkörper eines Strangs durch eine gemeinsame Leitung versorgt, das Heizungswasser zirkuliert daher auch dann mit hoher Temperatur, wenn die Heizkörper abgestellt sind. Dies führt zu „Ungerechtigkeiten“ zwischen Mieter/innen, da einige aufgrund ihrer Wohnungslage und ihres Nutzungsverhaltens die durch die an den Heizkörpern angebrachten Messgeräte nicht erfasste Rohrwärme stärker nutzen können als andere, die ihren Wärmebedarf vor allem über die Heizkörper abdecken müssen. Letztere müssen daher nahezu den gesamten Wärmeverbrauch begleichen, weil die Messgeräte die Rohrwärme nicht erfassen. Im Gegensatz dazu haben einzelne Mieter/innen eine durchgehend (zu) warme Wohnung, ohne ihre Heizkörper, an denen der Verbrauch gemessen wird, überhaupt anzudrehen. Laut HeizkostenV kann in diesen Fällen, in denen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs durch freiliegende und ungedämmte Leitungen durch Ablesung nicht verursachergerecht erfasst werden kann, der jeweilige Verbrauchsanteil nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden. Als eine solche Regel ist die hierfür entwickelte „VDI-Richtlinie 2077“ anerkannt. Der Bundesgerichtshof hatte über einen Streit zu entscheiden, bei welchem der Vermieter erstmals für 2009 den Verbrauchsanteil der einzelnen Mieter/innen nicht mehr allein nach den an den Heizkörpern erfassten Werten, sondern unter Anwendung der VDI-Richtlinie 2077 bestimmte. Die Abrechnung eines Mieters wies dadurch erstmals eine erhebliche Nachzahlung aus, die er nicht leisten wollte. Der Bundesgerichtshof stellte zunächst klar, dass die Regelung der HeizkostenV entgegen der Auffassung der Vorinstanz verfassungsgemäß ist. Er folgte auch nicht dem Einwand des Mieters, der Vermieter hätte ihm die künftige Bestimmung des Wärmeverbrauchs anhand der VDI-Richtlinie 2077 vor Beginn der Abrechnungsperiode ankündigen müssen. Zwar müsse der Vermieter eine Änderung des Abrechnungsmaßstabs vor Beginn eines Abrechnungszeitraums mitteilen, aber im vorliegenden Fall habe der Vermieter den vertraglich vereinbarten Abrechnungsmaßstab, 50% nach Fläche und 50% nach Verbrauch, gar nicht geändert, sondern lediglich die Art der Ermittlung des Verbrauchs. § 7 Absatz 1 Satz 3 HeizkostenV diene dazu, „unbillige Kostenverschiebungen unter den Nutzern auszugleichen bzw. zu reduzieren (…). Das Vertrauen eines Mieters auf den Fortbestand unbilliger Kostenverschiebungen, die einzelne Mieter übervorteilen, andere hingegen ohne sachlichen Grund benachteiligen, ist jedoch nicht schützenswert“ . Auch der Einwand des Mieters, der Vermieter handele mit dem Weiterbetrieb dieser alten Heizung unwirtschaftlich, denn er müsse zur Vermeidung einer Schlafzimmertemperatur von bis zu 26°C nachts die Fenster weit öffnen, half ihm nichts. Eine Verpflichtung des Vermieters zur Modernisierung bestünde nicht. Auch ein Kürzungsrecht nach § 12 HeizkostenV stand dem Mieter nach Auffassung des BGH nicht zu, da dieses nur dann greife, „wenn der Vermieter entgegen einer ihm durch die Heizkostenverordnung auferlegten Verpflichtung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet habe“ . Dies sei hier nicht der Fall. Der Mieter wurde zur Zahlung der Heizkostennachforderung verurteilt.



Anmerkung:
Offenbar sind die Unannehmlichkeiten ungedämmter Einrohrheizungen in Karlsruhe nicht bekannt: Überhitzte Wohnräume bei abgedrehten Heizkörpern für die einen Mieter/innen und unverhältnismäßig hohe „Verbrauchsanteile“ für die anderen. Anderenfalls könnte der BGH kaum die „Bevorteilung“ von Mieter/innen behaupten, die in der Heizperiode einzelne Räume wegen ständiger Überhitzung kaum nutzen können und zudem gar keine Heizkosten sparen können, da ihre Heizkörper ohnehin schon den ganzen Winter abgedreht sind. Dennoch entspricht das Urteil des BGH im Ergebnis der Rechtslage. Die Wohnraumnutzer/innen sollen durch verbrauchsabhängige Abrechnungen zur Einsparung von Energie angehalten werden. Ob dies für Mieter/innen überhaupt möglich ist, wenn sie im Winter ständig die Fenster öffnen müssen, um die Raumtemperatur zu regulieren, spielt keine Rolle. Eine „Modernisierungspflicht“ gibt es nicht. Und wenn eine Modernisierung doch stattfindet, wird dies die Mieter/innen nicht freuen: Sie haben die Kosten über eine entsprechende Erhöhung ihrer Kaltmiete zu zahlen.