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Mietrecht

Urteile

Eigenbedarfskündigung und Verletzung der Anbietpflicht

Eine teilrechtsfähige (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann sich in entsprechender Anwendung des § 573 Absatz 2 Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter oder dessen Angehörigen berufen.
a) Der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter hat im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dem Mieter eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung zur Anmietung anzubieten, sofern sich diese im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet.
b) Die Verletzung dieser Anbietpflicht hat jedoch nicht zur Folge, dass die berechtigt ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nachträglich rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam wird. Sie zieht lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz in Geld nach sich (insoweit Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung; zuletzt Urteil vom 21. Dezember 2011 – VIII ZR 166/11).

BGH Urteil vom 14.12.2016 – AZ VIII ZR 232/15 –

Ein Mehrfamilienhaus in München wurde im Jahr 1991 an eine „Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)“ , bestehend aus vier Personen, verkauft. Diese kündigte einer seit 1985 in einer 166 qm großen 5-Zimmer-Wohnung des Hauses wohnenden Mieterin am 30. September 2013 zum 3. Juni 2014 mit der Begründung, die Wohnung werde für die Tochter eines der Gesellschafter und deren Familie benötigt. Eine seit April 2014 leer stehende 76 qm große 2-Zimmer-Wohnung im gleichen Haus bot sie der Mieterin nicht an. Die Räumungsklage des Vermieters hatte vor dem Amtsgericht München keinen Erfolg, das Landgericht München wies die Berufung des Vermieters zurück. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil jedoch auf. Er stellte in seiner umfangreichen Begründung gegen das Landgericht München klar, dass er an seiner bisherigen langjährigen Rechtsprechung festhalte, wonach eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter (oder dessen Angehörigen) kündigen könne.

Beachtenswert ist aber die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anbietpflicht bezüglich frei werdender Wohnungen im gleichen Haus. Der Bundesgerichtshof hat die bisher von ihm vertretene Auffassung, ein Verstoß gegen die Anbietpflicht mache die Kündigung selbst „rechtsmissbräuchlich“ und damit unwirksam, mit diesem Urteil explizit revidiert. Zwar müsse ein Vermieter dem von ihm gekündigten Mieter eine während der Kündigungsfrist im gleichen Haus oder in der gleichen Wohnanlage freiwerdende vergleichbare Wohnung anbieten. Unterlasse er das, führe dies aber nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Anders als beispielsweise bei einem nur vorgetäuschten Eigenbedarf stünde das Fehlverhalten des Vermieters hier nämlich nicht im Zusammenhang mit der Kündigung selbst. Die Kündigung könne durch dieses spätere Fehlverhalten auch nicht rückwirkend unwirksam werden, denn der Eigenbedarf bestehe nach wie vor unverändert fort. Die Anbietpflicht beziehe sich ja nicht auf das gekündigte Mietverhältnis, sondern auf die Zurverfügungstellung einer anderen Wohnung. Die Verletzung der Anbietpflicht könne daher lediglich Schadensersatzansprüche des ausziehenden Mieters auslösen. Der Bundesgerichtshof ließ hier offen, ob eine 76 qm große 2-Zimmer-Wohnung mit einer 166 qm großen 5-Zimmer-Wohnung „vergleichbar“ ist und ob der Vermieter eine solche Wohnung dementsprechend überhaupt hätte anbieten müssen.