Mietrecht
Urteile
Eigenbedarfskündigung für Familienangehörige
(Leitsatz von der Redaktion MieterEcho gekürzt)
BGH Urteil vom 10.07.2024 – AZ VIII ZR 276/23 –
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erwarb ein Grundstück in Berlin, die Gesellschaft bestand aus zwei Cousins. Sie kündigten Mietern, die bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs in einer Wohnung des Mehrfamilienhauses wohnten, wegen Eigenbedarfs eines der beiden Gesellschafter. Die Mieter hielten die Kündigung für unwirksam und beriefen sich auf die Kündigungsbeschränkung des § 577a Abs. 1a Nr.1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Kündigungsschutzklausel-Verordnung in Berlin. Danach kann eine solche Personengesellschaft, an die vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an die Mieter veräußert worden ist, erst zehn Jahre nach Erwerb eine Eigenbedarfskündigung gegenüber den Mietern aussprechen. Diese Einschränkung gilt allerdings dann nicht, wenn die zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs vorhandenen Gesellschafter derselben Familie angehören. Die Vermieter und die Mieter stritten daher darum, ob Cousins derselben „Familie“ angehören, wobei die Vermieter sich auch darauf beriefen, dass zwischen den beiden Gesellschaftern neben der verwandtschaftlichen Beziehung auch eine besonders enge Bindung bestehe.
Ihre Räumungsklage hatte am Ende jedoch keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof vertrat die Auffassung, der vom Gesetzgeber bezweckten Privilegierung von Familienangehörigen in den Vorschriften zur Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) und in der Vorschrift zur Ausnahme von der Kündigungsbeschränkung bei einem Wohnungserwerb (§ 577a Abs. 1a Satz 2 BGB) liege „eine typisierende Betrachtungsweise dahingehend zu Grunde, dass zwischen den hiervon umfassten Personen aufgrund einer familiären Beziehung eine besondere persönliche Nähebeziehung anzunehmen“ sei. Es bedürfe daher hinsichtlich des privilegierten Personenkreises nicht zusätzlich des Vorliegens eines konkreten tatsächlichen Näheverhältnisses; umgekehrt scheide auch eine „Erweiterung dieses geschützten Personenkreises aufgrund einer einzelfallbezogenen Prüfung des Vorliegens einer besonderen sozialen Nähe“ aus.
Es sei entscheidend, für welchen Personenkreis der Gesetzgeber durch die Verwendung des Begriffs der Familie eine typischerweise vorliegende besondere soziale Bindung angenommen habe. In den beiden Vorschriften habe der Gesetzgeber dies nicht näher konkretisiert. Er habe eine solche Bewertung jedoch „im Rahmen der ebenfalls auf der persönlichen Nähebeziehung und Verbundenheit gründenden Gewährung eines Zeugnisverweigerungsrechts aus persönlichen Gründen vorgenommen“ . Cousins stehe jedoch weder nach der Zivilprozessordnung noch nach der Strafprozessordnung ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Sie gehörten damit nicht zu derselben Familie im Sinne des Gesetzes.