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Mietrecht

Urteile

Eigenbedarfskündigung bei Teilbedarf

1. Der Vermieter „benötigt“ die Wohnung nicht i. S. v. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn nur einer von drei Räumen als Arbeitszimmer der benachbarten Wohnung des Vermieters zugeschlagen werden soll.
2. Beruft sich der Vermieter, der zunächst nur Bedarf hinsichtlich eines von drei Räumen geltend gemacht hat, später darauf, nun aufgrund geänderter Lebensverhältnisse doch die ganze Wohnung zu benötigen, liegt darin eine Auswechslung, also ein neuer Kündigungsgrund, der im Prozess nicht nachgeschoben werden kann, um eine von vornherein unwirksame Kündigung zu heilen.
3. Zu den Voraussetzungen einer erforderlichen Klageänderung, wenn der geltend gemachte Räumungsanspruch prozessual auf eine andere Kündigung gestützt werden soll.
(Leitsätze der Redaktion WuM)

LG Berlin, Urteil vom 04.07.2023 – AZ 65 S 163/22 –

Quelle: juris

Der Vermieter einer Dreizimmerwohnung mit Küche und Bad kündigte das Mietverhältnis mit dem Mieter wegen Eigenbedarfs. Er begründete die Kündigung damit, dass er ein Zimmer der Wohnung als Arbeitszimmer für seine soloselbständige Tätigkeit benötigen würde. Er wolle ein Zimmer der Dreizimmerwohnung abtrennen und in seine danebenliegende Wohnung integrieren. Das Amtsgericht wies die Kündigung ab. Zur Begründung führte es aus, dass kein berechtigtes Interesse an der Kündigung vorliege. Der Vermieter würde die Wohnung nicht als Wohnung für sich benötigen. Zudem hat der Vermieter selbst die Kündigung damit begründet, dass er nur ein Zimmer (als Arbeitszimmer) benötigen würde. Eine Kündigung für einen Teilbedarf ist vom Gesetz nicht vorgesehen.

Der Vermieter stellte daraufhin die Klage um und behauptete, die Wohnung nunmehr insgesamt zu benötigen, weil er zusätzlich zum Arbeitszimmer die anderen Räume für die besuchsweise Unterbringung von Familienmitgliedern und zur Durchführung von Familienfeiern benötigen würde.

Das Amtsgericht blieb bei der Abweisung der Räumungsklage, weil die Kündigung unwirksam sei. Eine Auswechslung des zwingend schriftlich zu fixierenden Kündigungsgrundes sei nicht möglich. Zwar würden nach Ausspruch der Kündigung entstandene Gründe berücksichtigt, aber dies sei nur bei einer ursprünglich wirksamen Kündigung anwendbar. Die ursprüngliche Kündigung des Vermieters war jedoch unwirksam.

Die Berufung des Vermieters gegen das Urteil des Amtsgerichts wurde zurückgewiesen.


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