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Mietrecht

Urteile

Duldung des Einbaus einer Balkontür bei bereits vorhandenem Balkon

Der Anbau eines 10 qm großen Balkons im 1. Obergeschoss stellt auch dann eine Wohnwerterhöhung dar, wenn dem Mieter der Wohnung bereits ein 100 qm großer Garten vor der Wohnung zur exklusiven Nutzung zur Verfügung steht.
Auch die schlechtere Nutzbarkeit der Wohnung nach Modernisierung stellt eine Härte dar, die dem Vermieter innerhalb der kurzen Frist des § 555 d Absatz 3 und Absatz 4 BGB mitgeteilt werden muss.

AG Schöneberg, Urteil vom 09.01.2015 – AZ 17 C 124/14 –

Der Vermieter kündigte umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen, unter anderem den Anbau eines 10 qm großen Balkons und den Einbau neuer Fenster an. Da die Mieter/innen an diesen Maßnahmen kein Interesse hatten, verklagte der Vermieter sie auf Duldung. Hinsichtlich des Balkonanbaus scheiterte er in zweiter Instanz vor dem Landgericht Berlin, da die Ankündigung unzureichend war. Dennoch ließ er zwischenzeitlich vor der Küche der Mieter/innen den Balkon anbauen. Im November 2013 duldeten die Mieter/innen aufgrund eines entsprechenden gerichtlichen Vergleichs den Einbau neuer Fenster. Auch das Küchenfenster wurde ausgetauscht. Ein halbes Jahr später, im Mai 2014, kündigte der Vermieter – nun formvollendet nach den Vorgaben des Landgerichts im Vorprozess – den Austausch des neuen Küchenfensters gegen eine Balkontür an. Die Mieter/innen duldeten diese Maßnahme nicht. Sie hielten einen Balkon für überflüssig und die Maßnahme für eine Luxusmodernisierung, da ihnen ein ca. 100 qm großer Garten vor der Wohnung mitvermietet wurde, der alle ihre Bedürfnissen zum Aufenthalt im Freien, allein oder mit Gästen, ausreichend befriedigt. Außerdem hielten sie es für eine Zumutung, ein halbes Jahr nach dem als „energetische Modernisierung“ durchgesetzten Austausch des Küchenfensters nun erneut Bauarbeiten zum Austausch dieses neuen Fensters gegen eine Balkontür dulden zu müssen. Zudem sei dies mit zusätzlicher finanzieller Belastung verbunden. Schließlich wandten sie ein, dass die laut Planung des Vermieters nach innen öffnende Balkontür den einzigen Platz zum Aufstellen eines Tischs in der Küche unbenutzbar machen und so den Wohnwert entscheidend mindern würde. Das Amtsgericht Schöneberg verurteilte sie dennoch zur Duldung: Ein Balkon biete ganz andere Nutzungsmöglichkeiten als ein Garten; auf den individuellen Bedarf der Mieter/innen komme es dabei nicht an und es liege objektiv eine Wohnwertverbesserung vor. Auch die Beeinträchtigungen durch erneute Bauarbeiten in der Küche seien nicht so gravierend, dass sie den „mit der Zugänglichmachung des derzeit nutzlosen Balkons verbundenen Mehrwert“ aufwiegen könnten. Ob der durch eine nach innen öffnende Balkontür entstehende Raumnachteil und die konkrete Nutzungsbeeinträchtigung ein entscheidendes Argument gegen die Duldungspflicht gewesen wäre (was den Vermieter zumindest gezwungen hätte, eine nach außen öffnende Tür zu installieren), ließ das Amtsgericht offen. Diesen Härtegrund hätten die Mieter/innen dem Vermieter bis zum Ablauf des Monats nach Zugang der Modernisierungsankündigung anzeigen müssen, was aber unterblieben war.


Anmerkung:
Den meisten Mieter/innen ist inzwischen bekannt, dass seit der Mietrechtsreform im Jahr 2013 Härtegründe, die gegen eine Modernisierung eingewandt werden sollen, dem Vermieter bis zum Ende des Monats, der auf den Zugang der Ankündigung folgt, mitgeteilt werden müssen. Allerdings denken viele dabei nur an die mögliche finanzielle Härte (wenn sich die Mieter/innen die angekündigte Miete nach der Modernisierung nicht mehr leisten können). Tatsächlich aber müssen alle denkbaren Härtegründe innerhalb dieser Frist mitgeteilt werden, denn anderenfalls dürfen sie, wie das Amtsgericht rechtlich zutreffend festgestellt hat, nicht mehr berücksichtigt werden (§ 555 d BGB). Insbesondere mit Umbaumaßnahmen einhergehende Verschlechterungen der Nutzbarkeit der Wohnung werden hier oft übersehen. Leider wurden im hiesigen Fall die Mieter/innen in der von ihnen (nicht bei der Berliner MieterGemeinschaft) aufgesuchten Mieterberatung nicht auf das Erfordernis dieser rechtzeitigen Anzeige hingewiesen.


Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann