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Mietrecht

Urteile

Berliner Mietspiegel 2021 als Begründungsmittel

Ein mit dem Berliner Mietspiegel 2021 begründetes Mieterhöhungsverlangen ist formwirksam.

LG Berlin, Urteil vom 09.06.2022 – AZ 67 S 50/22 –

Das Landgericht Berlin hat das in der Presse vielbeachtete Urteil des Amtsgerichts Spandau vom 24. Januar 2022 abgeändert. Das Amtsgericht hatte die Auffassung vertreten, dass mit dem Berliner Mietspiegel 2021 ein Mieterhöhungsverlangen nicht begründet werden könne und ein solches Erhöhungsverlangen daher unwirksam sei. Entsprechend hatte es die Zustimmungsklage des Vermieters abgewiesen. Der Vermieter legte Berufung beim Landgericht ein. Diese Auffassung teilte die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin nicht. Sie ließ dabei offen, ob sich bei dem Berliner Mietspiegel 2021 um einen einfachen oder einen qualifizierten Mietspiegel handelt. Das Amtsgericht habe nämlich übersehen, dass die in 
§ 558a Abs. 2 BGB aufgeführten Begründungsmittel nicht abschließend sind. Die gesetzliche Begründungspflicht für Mieterhöhungsverlangen verfolge „allein den Zweck, dem Mieter erste Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens zu geben (…). Diesen Mindestanforderungen zur Vermittlung eines ersten Anhalts genügt der Berliner Mietspiegel 2021 auf jeden Fall“ . Er sei daher jedenfalls als formales Begründungsmittel tauglich. Ob er auch geeignet ist, dem Gericht im Wege der Schätzung die Ermittlung der zwischen Vermieter und Mieter streitigen ortsüblichen Vergleichsmiete zu erlauben, ließ das Landgericht offen, da es in diesem Fall hierauf nach seiner Auffassung nicht ankam. Denn auch bei Zugrundelegung des Berliner Mietspiegels 2019 lag die ortsübliche Vergleichsmiete deutlich über der vom Vermieter verlangten Miete. Die Kammer ging im Wege der Schätzung davon aus, dass die ortsübliche Vergleichsmiete für vergleichbaren Wohnraum im Zeitraum vom 1. September 2018 (Stichtag des Berliner Mietspiegels 2019) bis zum Zugang des Mieterhöhungsverlangens im Juni 2021 jedenfalls nicht so erheblich gesunken sei, dass die vom Vermieter verlangte niedrigere Miete nun die ortsübliche Miete übersteigen würde. Dementsprechend verurteilte das Landgericht den Mieter zur Zustimmung zur Mieterhöhung.


Anmerkung: Auch wenn der Ausgang dieses konkreten Verfahrens für den betroffenen Mieter unerfreulich war, ist die Tendenz der Berliner Rechtsprechung, den Berliner Mietspiegel 2021 als Begründungsmittel zuzulassen (und regelmäßig auch als Schätzgrundlage anzuwenden) insofern für uns Mieter erfreulich, als die alternativen Begründungsmöglichkeiten (Vergleichsmieten, Sachverständigengutachten) regelmäßig weitaus ungünstigere Ergebnisse für die Mieterseite bringen als der Berliner Mietspiegel.

 

Quelle: BeckRS 2022,12836