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Mietrecht

Urteile

Berliner Mietspiegel 2017 und Anwendung der Orientierungshilfe

Bei der Frankfurter Allee handelt es sich nicht um eine „bevorzugte Citylage“.

AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 08.02.2018 – AZ 14 C 317/17 –

Im Rahmen eines Streits um eine Mieterhöhung für eine Wohnung in der Frankfurter Allee befasste sich das Amtsgericht ausführlich mit der Behauptung des Vermieters, die Wohnung befinde sich in einer „bevorzugten Citylage“. Im Berliner Mietspiegel 2017 ist die „bevorzugte Citylage“ als wohnwerterhöhendes Merkmal enthalten. Das Gericht verneinte das Vorliegen dieses Merkmals. Das Merkmal „bevorzugte Citylage“ setze die Lage der Wohnung in einem zentral gelegenen Teilraum der Großstadt Berlin voraus, „der sich durch eine besondere Dichte von Einkaufsmöglichkeiten, Kultureinrichtungen und Restaurants sowie anderen Einrichtungen auszeichnet, die eine über die typische Infrastruktur eines Wohngebiets hinausgehende Bedeutung und Anziehungskraft insbesondere auch für die in- und ausländischen Besucher und Touristen haben“ . Für die Frankfurter Allee treffe das schon deshalb nicht zu, weil sie zwar „citynah“ sei, aber eben nicht in der City-Ost und damit in einem zentral gelegenen Teilraum Berlins liege. Es gäbe dort und in der nahe bei der Wohnung gelegenen Simon-Dach-Straße zwar zahlreiche Ausgehmöglichkeiten sowie Banken, Apotheken, Arztpraxen, Einkaufszentren, das Kino International etc. Die Gegend sei daher bei vielen Bewohnern und Touristen wegen ihres „Kiez-Charakters“ beliebt. Das sei aber einer bevorzugten Citylage nicht gleichzusetzen. In einer „bevorzugten Citylage“ seien nämlich Geschäfte bekannter Marken und große Kaufhäuser angesiedelt, „etwa die Galerie Lafayette oder Dussmann in der Friedrichstraße, das KaDeWe in der Tauentzienstraße oder das Alexa am Alexanderplatz sowie weitere Geschäfte bekannter Marken in diesen Straßen“ . Auch fehlten in der Frankfurter Allee und näherer Umgebung bekannte Kultureinrichtungen oder überregional ausstrahlende architektonische Sehenswürdigkeiten wie der Berliner Dom oder das Brandenburger Tor. Eine „Citylage“ sei daher dann nicht „bevorzugt“ im Sinne des Berliner Mietspiegels, „wenn weder die Straße, in der sie liegt, noch ihre unmittelbare Umgebung eine über das in Berlin anzutreffende Durchschnittsmaß hinausgehende besondere Dichte von Einrichtungen mit überdurchschnittlicher Anziehungskraft aufweisen“ .

Anmerkung:
Immer häufiger berufen sich Vermieter im Rahmen von Mieterhöhungen auf dieses Merkmal, dabei verweisen sie auf die – zweifellos bestehende – Beliebtheit angesagter Kieze (zum Beispiel rund um die Bergmannstraße, in „Kreuzkölln“, am Schlesischen Tor usw.) bei Mietinteressent/innen und Tourist/innen. Das Amtsgericht hat im Einklang mit der gängigen Rechtsprechung in Berlin ausführlich klargestellt, dass auch stetig steigende Zahlen von feierfreudigen Tourist/innen und steigende Wohnungsnot aus solchen Gebieten keine „bevorzugte Citylage“ machen. Eine „bevorzugte Citylage“ dürfte nach dieser Auffassung weder in Friedrichshain-Kreuzberg noch in Prenzlauer Berg vorliegen, sondern ausschließlich in der City-West (unmittelbare Umgebung des Kurfürstendamms) und in der City-Ost (Friedrichstraße/Alexanderplatz/Regierungsviertel).