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Mietrecht

Urteile

Begründung einer Mieterhöhung mit Sachverständigengutachten

Im Falle einer Beifügung eines Sachverständigengutachtens ist der Pflicht des Vermieters zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens grundsätzlich Genüge getan, wenn das Gutachten Angaben über Tatsachen enthält, aus denen die geforderte Mieterhöhung hergeleitet wird, und zwar in einem Umfang, der es dem Mieter gestattet, der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachzugehen und diese zumindest ansatzweise selbst überprüfen zu können. Der Sachverständige muss somit eine Aussage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete treffen und die zu beurteilende Wohnung in das örtliche Preisgefüge einordnen (…). Nach dieser Maßgabe ist das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nicht schon deshalb aus formellen Gründen unwirksam mit der Folge, dass die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung als unzulässig abzuweisen wäre, weil der Sachverständige die betreffende Wohnung zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht besichtigt hat.

BGH Urteil – AZ VIII ZR 136/17 –

Mit einem Schreiben vom 25. Juni 2015 verlangte die Vermieterin einer Wohnung in Bremen von ihrer Mieterin die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete ab 1. Oktober 2015. Die Ortsüblichkeit der verlangten Miete begründete sie mit einem dem Erhöhungsverlangen beigefügten Sachverständigengutachten einer öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vom 3. Juni 2015. Dieses enthielt Angaben zu den Mieten der Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen im gleichen sowie im benachbarten Gebäude. Außerdem hieß es in dem Gutachten unter anderem: „Die Wohnungen konnten nicht besichtigt werden, da keine Mieter angetroffen wurden oder sich dazu bereit erklärt haben. Deshalb wird in diesem Gutachten auf frühere Besichtigungen oder (die) mir zur Verfügung gestellten Besichtigungsdaten des Auftraggebers und Wohnungsbeschreibungen des Auftraggebers Bezug genommen. Es wurden von mir auch schon genügend Wohnungen des Auftraggebers besichtigt, die in der Ausstattung ähnlich sind. “ Das Landgericht Bremen hielt das Zustimmungsverlangen der Vermieterin für formell unwirksam und ihre Klage für unbegründet, da das zugrunde gelegte Sachverständigengutachten nicht den Mindestanforderungen genüge. Zwar sei bei Wohnanlagen mit Wohnungen gleichen Typs nicht zwingend die Besichtigung der konkreten Wohnung des Mieters erforderlich, die Feststellungen des Gutachters müssten dann aber auf der Besichtigung einer ausreichenden Anzahl vergleichbarer Wohnungen in der gleichen Wohnanlage beruhen. Da die Sachverständige hier keine der Wohnungen in der Wohnanlage besichtigt habe, „fehle es an einer hinreichenden Beschreibung etwaiger Musterwohnungen und an Angaben zu bestimmten Ausstattungsmerkmalen“ . Da die Anlage außerdem nur wenige, zudem flächenmäßig stark variierende Wohnungen aufweise, bezweifelte das Landgericht, dass diese überhaupt als Musterwohnungen geeignet seien. Auch der unterschiedliche Modernisierungsgrad der Wohnungen sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts auf. Die Wirksamkeit einer Mieterhöhung, welche sich auf ein Sachverständigengutachten stützt, hänge in formeller Hinsicht nicht von der Besichtigung der Mietwohnung oder einer Wohnung gleichen Typs durch den Sachverständigen ab. Für eine solche Annahme biete § 558a Absatz 2 Nr. 3 BGB, wonach zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens auf ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Bezug genommen werden kann, keine Grundlage. Die Vorschrift verlange lediglich „ein mit Gründen versehenes Gutachten“. Das bedeute „sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der Zweckbestimmung der Vorschrift, dass dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung die Tatsachen mitgeteilt werden müssen, die er zur Prüfung einer vom Vermieter nach § 558 BGB begehrten Mieterhöhung benötigt“. Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens diene jedoch nicht dazu, „bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu führen oder dem Mieter ein etwaiges Prozessrisiko abzunehmen“. Sie solle dem Mieter lediglich ermöglichen, „der Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens nachzugehen und dieses zumindest ansatzweise nachzuvollziehen“. Bei Begründung eines Mieterhöhungsverlangens mit einem beigefügten Sachverständigengutachten reiche es, wenn das Gutachten eine Aussage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete treffe und die zu beurteilende Wohnung in das örtliche Preisgefüge einordne. Danach bedürfe es aber in formeller Hinsicht nicht notwendig einer Besichtigung der betreffenden Wohnung durch den Sachverständigen. Wirksamkeitsvoraussetzung sei insoweit nur, dass die Angaben im Gutachten für den Mieter nachprüfbar sind. Dies hinge aber davon ab, „welche Angaben das Gutachten zu der konkreten (beziehungsweise zu einer vergleichbaren) Wohnung enthält, nicht aber davon, auf welchem Weg – sei es durch eine vorherige Besichtigung oder in anderer Weise – der Sachverständige die tatsächlichen Grundlagen für diese Angaben gewonnen hat“ . Etwaige inhaltliche Fehler des Gutachtens würden aber nicht zur formellen Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens führen, sondern seien im Rahmen der Begründetheit der Zustimmungsklage zu prüfen.