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Mietrecht

Urteile

Anwendung von Wohnraummietrecht bei gewerblicher Weitervermietung

a) Bei der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt, ist auf den Nutzungszweck abzustellen, den der Mieter bei der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolgt. (…) Geht der Zweck des Vertrags dahin, dass der Mieter die Räume weitervermietet oder sonst Dritten – auch zu Wohnzwecken – überlässt, sind die Vorschriften des Wohnraummietrechts auf das (Haupt-)Mietverhältnis nicht anwendbar (…).
b) (…)

BGH Urteil vom 13.01.2021 – AZ VIII ZR 66/19 –

Eine GmbH & Co. KG mietete im Jahr 2009 acht Wohnungen in einem Haus in Berlin. Die Vertragsurkunde war mit „Mietvertrag über Wohnraum“ überschrieben, im Vertrag war angegeben, dass die Vermietung „zu Wohnzwecken“ erfolge. Weiter war unter anderem vereinbart, dass sich die Kündigungsfrist nach § 573c BGB (Kündigungsfristen in Wohnraummietverhältnissen) richte, und dass die Mieterin „zu einer Untervermietung und zur Stellung eines Nachmieters oder sonstigen Gebrauchsüberlassung an Dritte berechtigt ist“ . 

Die Mieterin vermietete fortan die Wohnungen an andere Personen zu Wohnzwecken.

Im August 2011 wurde der Mietvertrag von Vermieterseite ohne Angabe von Gründen zum 30. November 2011 gekündigt. Am 21. September 2011 vermietete die Mieterin eine der acht Wohnungen an einen neuen Wohnungsmieter. Diesem kündigte die Vermieterin am 16. Juni 2016 wegen Zahlungsverzugs. Sie war der Auffassung, dass das Mietverhältnis mit dem neuen Wohnungsmieter durch ihre Kündigung des Hauptmietverhältnisses mit der GmbH & Co. KG gemäß § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB auf sie übergegangen sei. Das Landgericht Berlin wies ihre Räumungs- und Zahlungsklage jedoch ab, da es bereits ihre Kündigung gegenüber der GmbH & Co. KG vom August 2011 für unwirksam hielt. Aufgrund der Bezeichnung des Mietvertrages und der dort enthaltenen Regelungen ging es davon aus, dass sich die Vermieterin und die GmbH & Co. KG als Mieterin auf die Geltung des Wohnraummietrechts geeinigt hätten, wonach eine Kündigung ohne Angabe von Gründen (zum Beispiel Eigenbedarf) nicht möglich ist. Das sah der Bundesgerichtshof anders und hob das Urteil des Landgerichts auf. Das Mietverhältnis zwischen der Eigentümerin und der GmbH & Co. KG sei – „gemessen an dem insoweit maßgeblichen vertraglichen Nutzungszweck“ – kein Mietverhältnis über Wohnräume, weshalb auch die Kündigungsregeln für Wohnraummietverhältnisse keine Anwendung fänden. Gehe „der Zweck des Vertrags dahin, dass der Mieter die Räume weitervermietet oder sonst Dritten – auch zu Wohnzwecken – überlässt, sind die Vorschriften des Wohnraummietrechts auf das (Haupt-)Mietverhältnis nicht anwendbar“ . Entscheidend sei, ob der Mieter die Räume nach dem Vertrag zu eigenen Wohnzwecken anmietet. Dies sei hier ersichtlich nicht der Fall gewesen, da die Mieterin eine Personenhandelsgesellschaft (GmbH & Co. KG) sei, welche keinen eigenen Wohnbedarf haben könne. Selbst bei einer natürlichen Person spräche die gleichzeitige Anmietung von acht Wohnungen gegen eine Nutzung zu (eigenen) Wohnzwecken. Der Zweck der Anmietung war hier vielmehr, die gemieteten Wohnräume gewerblich (als „Zwischenvermieterin“) Dritten zu Wohnzwecken weiterzuvermieten. Dieser Vertragszweck ergebe sich bereits aus der weiteren Regelung im Mietvertrag, wonach die Mieterin ohne Einschränkungen zur Untervermietung oder sonstigen Gebrauchsüberlassung an Dritte berechtigt war. Auch den einzelnen Bezugnahmen im Mietvertrag auf Regelungen des Wohnraummietrechts sei keine Vereinbarung der Vertragsparteien dahingehend zu entnehmen, dass insgesamt der im Wohnraummietrecht geltende Mieterschutz (einschließlich Kündigungsschutz) in ihrem Vertragsverhältnis gelten sollte.