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Mietrecht

Urteile

Anwendung des Berliner Mietspiegels 2021

1. Der Mietspiegel bildet eine geeignete Grundlage für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Rahmen von § 287 ZPO. Er stellt eine nach den Vorgaben der Überleitungsvorschrift in Art. 229 § 50 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zulässige Anpassung des Berliner Mietspiegels 2019 dar.
2. Auf die Frage, in welcher Weise der Mietspiegel 2019 aus dem vorherigen Mietspiegel 2017 hervorgegangen ist, kommt es nicht an, weil die Überleitungsvorschrift allein darauf abstellt, ob er am Stichtag (31. Dezember 2019) „existiert“ hat. Ebenfalls unerheblich ist deshalb, ob der Mietspiegel 2019 als qualifizierter oder (nur) als einfacher Mietspiegel anzuerkennen ist.

LG Berlin, Urteil vom 20.07.2022 – AZ 66 S 47/22 –

Die für Berufungen gegen Urteile der Amtsgerichte Kreuzberg und Lichtenberg zuständige 66. Zivilkammer des Landgerichts Berlin ist der Auffassung einiger Juristen zur Unanwendbarkeit des umstrittenen Berliner Mietspiegels 2021 nicht gefolgt, sondern hat dessen Anwendung zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch das Amtsgericht Kreuzberg für zulässig gehalten und die Berufung eines Vermieters zurückgewiesen. Dieser hatte die Zustimmung zu einer Mieterhöhung verlangt, welche über den im Mietspiegel ausgewiesenen Werten lag. Er war der Auffassung, der Berliner Mietspiegel 2021 sei weder als qualifizierter noch als einfacher Mietspiegel anwendbar. Das Gericht müsste daher ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der zulässigen Miete einholen. Die Kammer stellte dagegen klar, dass der Amtsrichter „befugt (wenn auch nicht verpflichtet)“ war, den Mietspiegel 2021 als Grundlage einer Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete heranzuziehen. Insbesondere teilte sie die zum Teil vertretene Auffassung nicht, der Mietspiegel 2021, in welchem lediglich eine Anpassung der Werte des Mietspiegels 2019 nach dem Verbraucherpreisindex vorgenommen wurde, verstoße gegen die gesetzlichen Bestimmungen, da bereits der Mietspiegel 2019 nicht „neu erstellt“ worden sei, sondern lediglich eine Fortschreibung des Berliner Mietspiegels 2017 dargestellt habe. Eine zweite Fortschreibung war nach dieser Auffassung nicht zulässig, vielmehr hätte ein Mietspiegel entsprechend den ab 
1. Januar 2020 geänderten gesetzlichen Bestimmungen neu erstellt werden müssen. Dagegen verwies die Zivilkammer 66 des Landgerichts Berlin darauf, dass für den Übergang von den alten auf die neuen Regelungen zur Erstellung von Mietspiegeln eine besondere Bestimmung in Art. 229 § 50 Abs. 1 Satz 2 EGBGB getroffen worden ist, die gerade sicherstellen solle, dass durch die Gesetzesänderung keine Lücken in der Verfügbarkeit anwendbarer Mietspiegel entstehen. Nach der Vorschrift können Mietspiegel, die bereits am 31. Dezember 2019 „existierten“ , innerhalb von zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst werden. Da der Berliner Mietspiegel 2019 am 31. Dezember 2019 zweifellos „existierte“ , sei die vom Berliner Senat vorgenommene Anpassung an die Marktentwicklung im Berliner Mietspiegel 2021 zulässig gewesen. Es komme insoweit nicht darauf an, wie der Berliner Mietspiegel 2019 zustande gekommen sei, da die Vorschrift ausdrücklich nur auf die Existenz eines solchen Mietspiegels abstelle.