Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis bei Stellung eines Nachmieters

Begehrt der Mieter, dem gemäß § 537 Absatz 1 BGB das Verwendungsrisiko der Mietsache zugewiesen ist, wegen besonderer Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf Treu und Glauben die vorzeitige Entlassung aus einem längerfristigen Mietverhältnis gegen Stellung eines Nachmieters, obliegt es allein ihm, einen geeigneten Nachmieter zu suchen, den Vermieter über dessen Person aufzuklären und ihm sämtliche Informationen zu geben, die dieser benötigt, um sich ein hinreichendes Bild über die persönliche Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Nachmieters machen zu können.

In einem in Maschinenschrift abgefassten Mietvertrag vom 30. April 2011 über ein 1-Familien-Haus hieß es u. a.: „Das Mietverhältnis beginnt am 1. Mai 2011 und läuft fest bis zum 30. April 2015. Innerhalb dieser Festlaufzeit kann das Mietverhältnis von keiner Vertragspartei gekündigt werden. Ab dem 1. Mai 2015 läuft das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit und kann von beiden Parteien mit gesetzlicher Kündigungsfrist gekündigt werden.“ Außerdem enthielt der Mietvertrag eine Staffelmietvereinbarung. Im März 2013 kündigten die Mieter wegen eines Arbeitsplatzwechsels den Mietvertrag zum 30. Juni 2013. Zu diesem Termin gaben sie das Haus an den Vermieter zurück und stellten ihre Mietzahlungen ein. Der Vermieter war mit der Kündigung nicht einverstanden, erklärte sich aber im Fall der Stellung eines geeigneten Nachmieters bereit, die Mieter aus dem Mietverhältnis zu entlassen. Ein Nachmieter müsse allerdings eine kurze schriftliche Erklärung zu den Familienverhältnissen, eine Selbstauskunft, eine Verdienstbescheinigung, seinen bisherigen Mietvertrag, eine Bonitätsauskunft sowie eine Bescheinigung, dass er den Mietvertrag vorbehaltlos unterschreiben werde, vorlegen. Mit der Einschaltung eines Maklers durch die Mieter erklärte sich der Vermieter prinzipiell einverstanden, wollte hierfür aber keine Kosten übernehmen und verweigerte auch die Erlaubnis zur Anbringung eines Firmenschilds des Maklers am Haus. Im Januar 2014 baten die Mieter um einen Besichtigungstermin für einen von ihnen gefundenen Mietinteressenten. Der Vermieter, der selbst 120 km entfernt wohnt, teilte mit, dass er erst nach Eingang der von dem Mietinteressenten vorzulegenden Unterlagen und Prüfung derselben einen Besichtigungstermin vereinbaren werde. Der Interessent lehnte dies ab. Der Vermieter verklagte die Mieter auf Zahlung der Mieten bis September 2013 sowie auf Feststellung, dass das Mietverhältnis bis 30. April 2015 fortbestehe. Das Landgericht Duisburg verurteilte die Mieter zur Zahlung, gab dem Feststellungsantrag des Klägers aber nur teilweise, bis zum 30. April 2014, statt. Es vertrat die Auffassung, die Anforderungen des Vermieters an den potenziellen Nachmieter seien überzogen gewesen und hätten den Mietern die Stellung eines Nachmieters nahezu unmöglich gemacht. Die Mieter seien daher so zu stellen, als wäre ein Nachmieter zum 30. April 2014 gefunden worden. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts auf die Revision des Vermieters auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurück. Zwar wären die Mieter zur Stellung eines geeigneten Nachmieters berechtigt gewesen, da der Vermieter sich hiermit im Anschluss an die Kündigung der Mieter ausdrücklich einverstanden erklärt hatte. Die Mieter hätten jedoch keinen geeigneten Nachmieter gestellt. Der Vermieter habe sich nicht aktiv an der Suche nach einem Nachmieter beteiligen müssen. Vielmehr wäre es allein Sache der Mieter gewesen, sich um Mietinteressenten zu bemühen, erforderliche Besichtigungstermine durchzuführen und die Unterlagen über Bonität und Zuverlässigkeit möglicher Nachmieter anzufordern und dem Vermieter zu übermitteln. Es sei dem 120 km entfernt wohnenden Vermieter nicht anzulasten, dass er einen Besichtigungstermin erst nach einer – anhand entsprechender Unterlagen durchgeführten – Vorauswahl vereinbaren wollte. Die Mieter hätten bereits vor der Rückgabe des Hauses selbst Besichtigungstermine durchführen und nach Rückgabe einen Schlüssel hierfür vom Vermieter verlangen können, was sie nicht taten. Der Vermieter sei auch nicht verpflichtet gewesen, Hinweisschilder des Maklers der Mieter auf dem Grundstück zu dulden und damit die Aufmerksamkeit Dritter auf den Leerstand des Grundstücks zu lenken. Allerdings hatte der Bundesgerichtshof, anders als das Landgericht Duisburg, erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit des mietvertraglichen Kündigungsausschlusses. Dieser könne nur als Individualvereinbarung wirksam sein, nicht jedoch als Formularklausel. Nach dem Wortlaut der Regelung könne nämlich die Kündigung erstmals am 1. Mai 2015 zum 31. Juli 2015 ausgesprochen werden, womit das Mietverhältnis mindestens vier Jahre und drei Monate dauern würde. Formularvereinbarungen, die den (Wohnraum-)Mieter länger als vier Jahre an ein Mietverhältnis binden, seien jedoch insgesamt unwirksam. Anders wäre dies zu beurteilen, wenn die Klausel zwischen Vermieter und Mietern individuell ausgehandelt worden wäre (wozu das Landgericht Duisburg keine Feststellungen getroffen hatte). Die über vier Jahre hinausgehende Befristung wäre dann wirksam, aber nur für vier Jahre, das heißt die Mieter hätten – entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung – zum 30. April 2015 kündigen können.


Anmerkung: Entgegen anderslautenden Gerüchten („drei Nachmieter und ich bin raus“) gibt es grundsätzlich keinen Anspruch, als Mieter/in vorzeitig aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden, auch dann nicht, wenn dem Vermieter (beliebig viele) solvente Nachmieter/innen angeboten werden. Nur in seltenen Ausnahmefällen oder wenn dies ausdrücklich mit dem Vermieter vereinbart ist, können sich Mieter/innen vorzeitig aus dem Mietverhältnis lösen – und damit von der Mietzahlungspflicht befreien. Das heißt bei unbefristeten Mietverhältnissen, dass (immer) die dreimonatige Kündigungsfrist einzuhalten ist. In den seltenen Fällen wirksam befristeter Mietverhältnisse oder den häufigen Fällen zeitlich begrenzter Kündigungsausschlüsse (maximal vier Jahre) bedeutet dies nicht nur, dass Mieter/innen im vereinbarten Zeitraum vor ordentlichen Kündigungen des Vermieters (beispielsweise wegen Eigenbedarfs) geschützt sind. Vielmehr können Mieter/innen sich im Normalfall auch selbst nicht vorzeitig von dem Vertrag lösen. Einen Mietvertrag mit einer derartigen Regelung sollten Sie also nur dann unterschreiben, wenn Sie sich hinsichtlich Ihrer Lebensplanung für den festgelegten Zeitraum sehr sicher sind.

 

 


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