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Mietschuldenfreiheitsbescheinigung

Ein Vermieter ist nicht verpflichtet, seinem bisherigen Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses über die Erteilung einer Quittung über die vom Mieter empfangenen Mietzahlungen hinaus eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung zu erteilen.

Die Mieter wollten einen neuen Mietvertrag abschließen und der künftige Vermieter verlangte von ihnen die Vorlage einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung. Auf die Vorlage dieser Bescheinigung bestand er auch noch nach Übergabe der Wohnung. Der ehemalige Vermieter hatte die Zahlungen des Mieters mit einer Quittung bestätigt, aber eine darüber hinausgehende Erklärung abgelehnt. Im Mietvertrag war zu dieser Frage nichts vereinbart. Mit der Klage verlangen die Mieter die Verurteilung des ehemaligen Vermieters zur Abgabe der gewünschten Erklärung. Die Klage wurde vom Amtsgericht und vom Landgericht abgewiesen. Die Revision der Mieter beim Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg.


Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass den Mietern kein Anspruch auf Erteilung einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung zustehe. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus dem Mietvertrag noch aus einer allgemeinen Verkehrssitte. Die Mieter hatten sich darauf berufen, dass sich der Anspruch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergäbe, unter anderem deshalb, weil das Ausstellen einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung sowie deren Vorlage bei Abschluss eines neuen Mietvertrags mittlerweile eine allgemein anerkannte und gebräuchliche Verkehrssitte sei. Das hatte der Vermieter bestritten.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hatten die Mieter die von ihnen behauptete allgemein anerkannte Verkehrssitte nicht beweisen können. Eine allgemeine, alle Vertragsbeteiligten verpflichtende Verkehrssitte liege vor, wenn sie auf einer gleichmäßigen, einheitlichen und freiwilligen tatsächlichen Ausübung sämtlicher beteiligter Kreise beruhe und sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums für vergleichbare Geschäftsvorfälle herausgebildet habe. Demgegenüber genüge es zur Herausbildung einer Verkehrssitte nicht, dass sie von einem bestimmten (wenn auch zahlenmäßig bedeutsamen) Teil der beteiligten Kreise gepflegt wird. Sie muss sich vielmehr als einheitliche Auffassung durchgesetzt haben. Im vorliegenden Fall hatten die Mieter lediglich auf eine große Wohnungsbaugesellschaft mit 42.000 vermieteten Wohnungen verwiesen. Maßgeblich sei aber die Anzahl aller Vermieter und nicht die Anzahl der von ihnen vermieteten Wohnungen. Für die Vielzahl von Vermietungen aus dem Privatbestand oder kleinerem gewerblichen Bestand wurde keine Aussage getroffen.
Auch aus den (durch ergänzende Vertragsauslegung zu bestimmenden) nachvertraglichen Nebenpflichten des Mietvertrags ergebe sich kein Anspruch der Mieter. Der Bundesgerichtshof wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Frage, ob der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses vom Vermieter eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangen könne, in Rechtsprechung und Literatur bislang uneinheitlich beantwortet wurde. Ein Teil des Schrifttums bejahe einen Anspruch mit der Begründung, dass eine solche Bescheinigung im nachvollziehbaren Interesse des Mieters liege, dem künftigen Vermieter die notwendige Zahlungsfähigkeit nachzuweisen, während dem bisherigen Vermieter hieraus kein größerer Aufwand entstehe. Die Gegenansicht hingegen verneine einen Anspruch, weil der Mieter durch Vorlage des Mietvertrags, der Kündigung und der Kontounterlagen von sich aus in der Lage sei, die vollständige Zahlung der Miete zu belegen. Darüber hinaus könne eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung nur eingeschränkt Auskunft über die Solvenz und Zahlungsfähigkeit eines Mieters geben.
Der Bundesgerichtshof schloss sich der letztgenannten Auffassung an. Zwar müsse jeder Vertragspartner auch nach Beendigung eines Vertragsverhältnisses bestimmte Mitwirkungshandlungen erbringen, um den anderen Vertragspartner nicht unnötig zu behindern. Im vorliegenden Fall überschreite die Erteilung einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung jedoch den Rahmen dessen, was dem Vermieter angemessenerweise zugemutet werden könne.
Hierbei müsse zum einen berücksichtigt werden, dass sich der Mieter über die Miethöhe und die Mietzahlungen nicht im Ungewissen befinde und diese auch durch andere Unterlagen belegen könne. Zum anderen enthalte eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung auch die rechtsgeschäftliche Erklärung des Vermieters, dass dem Vermieter keine Ansprüche mehr zustünden. Eine solche Erklärung habe den Charakter einer Verzichtserklärung oder einer negativen Schuldanerkennung, ähnlich einer allgemeinen Ausgleichsvereinbarung im Arbeitsrecht. Zur Abgabe einer solchen mit Verzichtswirkung ausgestatteten Erklärung ist ein Vermieter nach Ansicht des Bundesgerichtshofs jedoch nicht verpflichtet. Selbst wenn es sich hierbei nicht um eine rechtgeschäftliche Erklärung, sondern lediglich um eine sogenannte Wissenserklärung handele, führe sie beweisrechtlich zu einer Verschlechterung der Position des Vermieters. Dieser müsse mit der Ausstellung der Bescheinigung beweisrecht- liche Nachteile befürchten, falls nachträglich Streit um den Bestand und die Erfüllung von Mietforderungen entstehe. Eine solche Verpflichtung könne dem Vermieter daher nicht ohne Weiteres auferlegt werden, zumal ihm nach Beendigung des Mietverhältnisses eine ausreichende Überlegungsfrist hinsichtlich der ihm zustehenden Mietforderungen zugebilligt werden müsse. Schließlich müsse der Vermieter befürchten, bei Abgabe entsprechender Erklärungen umgehend auf Abrechnung der Kaution in Anspruch genommen zu werden. Erteile er jedoch nur eine eingeschränkte Mietschuldenfreiheitsbescheinigung, in welcher er sich ggf. noch Rechte vorbehalte, so setze er sich der Gefahr aus, dass der Mieter eine negative Feststellungsklage auf nicht Bestehen der behaupteten Ansprüche erhebe.


Anmerkung: Da bei Abschluss eines Neuvertrags häufig die Vorlage einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangt wird, sollten Mieter versuchen, zumindest in den Fällen, in denen der neue Vermieter eine solche Bescheinigung verlangt, einen Passus in den Mietvertrag aufzunehmen, nach dem der Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses zur Erteilung einer solchen Bescheinigung verpflichtet ist. Eine solche Klausel könnte z. B. lauten: „Wird das Mietverhältnis beendet, so ist der Vermieter zur Erteilung einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verpflichtet, wenn sich der Mieter mit den laufenden Mietzahlungen nicht im Rückstand befindet.“


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