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Mietminderung und Kündigung wegen Mietrückständen

Eine geringfügig zu hohe Mietminderung (30% statt vom Gericht zugestandener 25%) rechtfertigt auch bei einem aufgelaufenen Rückstand von mehr als einer Monatsmiete keine Kündigung des Mietverhältnisses, wenn der Vermieter ihm bekannte Mängel jahrelang nicht beseitigt hat.

In einer im dritten Obergeschoss eines Hauses in Neukölln gelegenen Wohnung kam es in den Jahren 2010 und 2012 zu erheblichen Schäden an Decken und Wänden durch Wassereinbrüche sowie infolge von Bauarbeiten an Rohrleitungen. Darüber hinaus war die Klingel- und Gegensprechanlage defekt. Der Vermieter beseitigte trotz Kenntnis die Mängel nicht. Die Mieter minderten nach entsprechender Ankündigung die Miete, zuletzt um 30%. Mit Schreiben vom 30. März 2015 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis wegen angeblicher Zahlungsrückstände, im September 2015 verklagte er die Mieter auf Räumung der Wohnung und Zahlung rückständiger Mieten in Höhe von 3.293,64 Euro für den Zeitraum von Januar 2014 bis September 2015. Er behauptete unter anderem, die Mieter hätten die Beseitigung der Mängel durch Verweigerung des Zutritts zur Wohnung vereitelt. Das Amtsgericht wies die Räumungsklage und weitgehend auch die Zahlungs-klage ab. Da der Vermieter die behauptete Vereitelung der Mängelbeseitigung nicht beweisen konnte, ging das Gericht von einer Minderungsquote wegen der diversen Wasserschäden von 20% und wegen der defekten Klingel- und Gegensprechanlage von 5% aus. Hinsichtlich der Differenz von 5% zur tatsächlich durchgeführten Minderung von 30% verurteilte das Gericht die Mieter zur Zahlung von 553,14 Euro. Obwohl dieser Betrag eine Monatsmiete (die 552,00 Euro betrug) überstieg, hielt das Amtsgericht eine Kündigung nicht für gerechtfertigt. Bei Gesamtwürdigung der Umstände sei insoweit nicht von einer schuldhaften Pflichtverletzung der Mieter, welche eine Kündigung rechtfertigen könnte, auszugehen. Die Minderung sei weitgehend zu Recht erfolgt, die relativ geringe Differenz zwischen der durchgeführten Mietkürzung um 30% und der berechtigten Minderung um 25% liege „innerhalb der Grenzen, die ein Mieter im Allgemeinen auch bei rechtskundiger Beratung bei der Bemessung der angemessenen Mietminderung nicht vollständig sicher beurteilen kann“ . Dies gelte hier umso mehr, da die Mängel eindeutig aus dem Verantwortungsbereich des Vermieters stammten und jahrelang nicht beseitigt wurden.

Anmerkung: Um derartig „spannende“ Räumungsprozesse zu vermeiden, empfehlen wir dringend, keine Mietkürzungen wegen Mängeln durchzuführen. Sicherer ist es, mit jeder Mängelmeldung gleich mitzuteilen, dass bis zur vollständigen Mängelbeseitigung die Miete gemindert ist und daher alle Zahlungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgen. Sollte der Vermieter auf eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung nicht angemessen reagieren, sollte der Anspruch auf Mängelbeseitigung eingeklagt werden. Gleichzeitig kann die überzahlte Miete in Höhe des angemessenen Minderungsbetrags zurückgefordert werden.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Marek Schauer